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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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wenig. Dieselben beiden Eulen, die dich beinahe umgebracht hätten, waren zurückgekehrt und hatten diesmal Verstärkung dabei. Es waren mindestens fünfzig Eulen, alle mit furchterregenden Kampfkrallen ausgerüstet. Nun ja, mit zwei, drei Eulen werden wir fertig, auch wenn sie bewaffnet sind, aber mit fünfzi g …“
    „Ha… Ha…“ Digger geriet ins Stottern. „Ha… Haben die Eulen meine Eltern gefressen?“
    „Nein, sie haben sie umgebracht und liegen lassen. Sie meinten, sie wären zu zäh und knorpelig.“
    Es war lange still.
    Blitz’ Schilderung hatte allen die Sprache verschlagen. Gylfie fasste sich als Erste und forderte Digger auf: „Komm doch mit uns, Digger.“
    „Wo wollt ihr denn hin?“, fragte der Höhlenkauz.
    „Zum Großen Ga’Hoole-Baum.“
    „Wie bitte?“, fragte Digger, aber bevor Morgengrau etwas erwidern konnte, mischte sich Blitz ein: „Davon habe ich schon gehört, aber ist das nicht nur eine alte Legende?“
    „Das muss jeder selber wissen“, entgegnete Morgengrau blinzelnd.
    Für uns Eulen ist es jedenfalls eine Tatsache, dachte Soren.
    Der untergehende Mond glitt langsam an der Wölbung des Himmels herab. Wie eine leicht gekrümmte Kralle stand er tief am Wüstenhimmel und es sah aus, als strömte sein silberner Schein wie ein Fluss auf die vier Eulen zu. Es war ein ganz anderes Licht als jenes grell gleißende, von dem man mondwirr wurde. Dieses Licht war angenehm und mild. Es schien den Geist zu klären und einem Mut einzuflößen.
    Etwas Seltsames geschah. Soren, der inzwischen wieder Mr s P. auf der Schulter trug, Morgengrau und Gylfie gingen aufeinander zu, bis ihr Gefieder sich berührte, und Digger drängte sich neben Morgengrau. Es war noch nicht lange her, dass Soren hin und her überlegt hatte, wie er sich seinen Gefährten verständlich machen sollte. Jetzt begriff er, dass es keiner langen Erklärungen bedurfte, dass sie, wie sie hier im Mondschein beisammenstanden, eine Gemeinschaft geworden waren. Alle vier hatten sie ihre Eltern verloren, doch es war an der Zeit, über diesen Schicksalsschlag hinwegzukommen. Sie waren nicht einfach nur vier verwaiste einsame Eulen, ihr Zusammenschluss verlieh ihnen neue Stärke. Hatten die Legenden von Ga’Hoole sie nicht während ihrer Gefangenschaft im Sankt Äggie dazu ermutigt, Widerstand zu leisten? Hatten die Geschichten aus alter Zeit, die guten Taten des Eulenbundes vom Großen Ga’Hoole-Baum, sie nicht davor bewahrt, einen Mondstich zu bekommen? Konnten die alten Legenden tatsächlich wahr werden? Mehr noch, konnten sie selbst ein Teil davon werden?
    Sorens Albtraum von Grimbel war der schlimmste Traum, den er je gehabt hatte, aber es gab noch einen anderen Albtraum, der ihn im Wachzustand verfolgte und bei dem sich ihm der Magen umdrehte, ein Traum, der ihn in tiefste Verzweiflung stürzte. In diesem Wachtraum flog Soren durch die Lüfte und erspähte plötzlich seine Eltern auf einem Baum. Sie hatten sich eine neue Bruthöhle gesucht, ein Nest gebaut und mit den kuschligsten Dunen ausgepolstert. Darin kauerten drei frisch geschlüpfte Eulenküken. Soren landete auf einem Ast. „Mama? Papa? Ich bin’s, Soren!“
    Seine Eltern blinzelten, aber nicht verblüfft, sondern zutiefst ungläubig. „Du bist nicht unser Sohn“, sagte sein Vater dann abweisend.
    „Nein“, pflichtete ihm die Mutter bei, „auch als flügge gewordener Jungvogel würde unser Sohn dir kein bisschen ähnlich sehen.“
    „Auf keinen Fall“, sagte der Vater und damit verschwanden beide Eulen in der Bruthöhle.
    Das war der wahre Grund, das spürte Soren tief drinnen im Magen, weshalb er unbedingt den Großen Ga’Hoole-Baum aufsuchen musste. Denn wenn die Welt um einen herum immer mehr zerfiel, wenn nicht nur die eigenen Erinnerungen, sondern auch die Erinnerungen anderer an einen selbst immer mehr verblassten, wenn man sogar von jenen Eulen vergessen wurde, die man am meisten liebt e –, dann mochte die Zeit gekommen sein, da die alten Legenden wahr wurden.
    Der Albtraum hatte einen wahren Kern, das war Soren bewusst: Den Soren von früher gab es tatsächlich nicht mehr. Er war ein anderer geworden. Er wandte den Kopf und betrachtete nacheinander seine drei Gefährten im sanften Schein des Mondes. In ihren Augen leuchtete eine bis dahin ungekannte Klugheit, ein ungekanntes Begreifen. Auch Gylfie, Morgengrau und Digger sind nicht mehr dieselben, dachte Soren. Keiner der vier sprach ein Wort. Trotzdem gaben sich die vier Eulen im

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