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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Höhle weilt noch der Geist des Verstorbenen.“ Digger war eine seltsame Eule. Seine Beine eigneten sich besser zum Laufen als seine Flügel zum Fliegen, er lebte lieber in Erdhöhlen als in Baumhöhlen. Er war eindeutig aus der Art geschlagen. Aber vielleicht gerade weil er ein bisschen anders war und sich nicht groß um die kleinen Sorgen und Freuden der Durchschnittseule scherte, machte er sich viele Gedanken. Er hatte seine ganz eigenen, unabhängigen Ansichten über den Sinn des Lebens und ein mögliches Leben nach dem Tode. Nun beschäftigte ihn offenbar, was aus dem tapferen Streifenkauz nach dessen Tod wurde. „Sein Geist weilt in dieser Höhle, das spüre ich deutlich.“
    „Und was folgt daraus?“, wollte Morgengrau wissen.
    Soren sah sich noch einmal gründlich um, ließ den Blick über die Höhlenwände wandern. „Er hat hier öfter Feuer brennen lassen. Seht euch nur die Wände an, sie sind voller Ruß. Ich könnte mir denken, dass er mit dem Feuer in der Grube irgendetwas bezweckt hat. Und darum bin ich dafü r …“, Soren machte eine kurze Pause, „ … darum bin ich dafür, ihn zu verbrennen.“
    „Verbrennen?“, wiederholten die anderen fast erschrocken.
    „Ja. In seiner eigenen Feuergrube. Die Glut ist noch heiß genug.“ Alle vier Eulen nickten einander in stummem Einvernehmen zu. Sorens Vorschlag leuchtete ihnen ein.
    „Müssen wir unbedingt hierbleiben und zusehen?“, fragte Gylfie, als die Federn des Toten Feuer fingen.
    Das verneinte Soren entschieden. Sie verließen die Höhle und flogen in die Nacht hinaus.
    Sie ließen sich von den Aufwinden emportragen und kreisten dann über der Lichtung mit der Höhle. Dreimal umrundeten sie die Rauchsäule, die in den Himmel aufstieg.
    Mr s Plithiver schlängelte sich durch Sorens dichtes Schultergefieder und raunte ihm ins Ohr: „Ich bin stolz auf dich, Soren. Du hast einen tapferen Krieger vor der Schändung durch Aasfresser bewahrt.“
    Soren wusste nicht recht, was sie mit „Schändung“ meinte. Er hoffte einfach, dass sie den Streifenkauz würdig bestattet hatten. Doch ob sie je zum Großen Ga’Hoole-Baum gelangen würden, wo viele solcher edelmütiger Eulen lebten? Soren musste sich eingestehen, dass er ein beunruhigendes Kribbeln im Magen verspürte, wenn er an die rätselhaften Worte des Sterbenden dachte: „Schön wär’s!“

Die Spiegelseen

    Mr s Plithiver machte sich Sorgen. Natürlich konnte sie nachvollziehen, dass die letzten Worte des Streifenkauzes die jungen Eulen verstört hatten. Eine schreckliche Vorstellung, dass es etwas Schlimmeres als das Sankt Äggie geben könnte! Sie hatten eine Erholung verdient. Morgengrau hatte von einer wunderschönen Gegend in den Schnabelbergen gehört. Dort wimmelte es angeblich nur so von fetten Wühlmäusen, es gab keine einzige Krähe und in den Baumhöhlen wuchs flaumweiches Moos. Es klang einfach unwiderstehlic h – und so war es tatsächlich! Nur Mr s Plithiver konnte ihren Aufenthalt nicht recht genießen, denn sie merkte, dass sich die Eulen so wohlfühlten, dass sie nicht mehr weiterziehen wollten.
    Es lebte sich unbeschwert hier am Rande der Schnabelberge, an den Ufern der Spiegelseen. Mr s Plithiver war überzeugt, dass das den jungen Eulen nicht guttat. Sie spürte, dass unter der glitzernden Oberfläche der Seen, in der friedlichen Stille der blühenden Landschaft etwas Bedrohliches lauerte. Sie hätte Morgengrau ohrfeigen können, dass er den drei anderen diese Gegend derart angepriesen hatte. Seit sie hier waren, hatten die vier Eulen den Vorfall mit dem Luchs und dem sterbenden Streifenkauz völlig vergessen.
    Schon kurz nach ihrem Aufbruch waren sie auf herrliche Aufwinde gestoßen, die über die hügelige Landschaft wehten und das Fliegen wunderbar mühelos machten. Die vier Eulen ließen sich treiben, ohne eine Feder zu rühren. Kurz vor Sonnenaufgang hatten sie unter sich die Seen erblickt. Das Wasser war so klar und lag so unbewegt da, dass es jeden Stern und jede Wolke am Himmel widerspiegelte.
    In der unwirtlichen Landschaft der Schnabelberge waren die Spiegelseen eine wahre Oase. Die Bäume in Ufernähe, auf denen sich die Eulen niedergelassen hatten, boten geräumige, mit dem kuschligsten Moos gepolsterte Höhlen.
    „Ist es nicht traumhaft?“, schwärmte Gylfie bestimmt zum hundertsten Mal.
    Eben!, dachte Mr s Plithiver. Es war nicht nur traumhaf t – es war ein Traum. Es war unwirklich, wie einem hier die Beute förmlich vor den Schnabel lief. Die

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