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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Flügelfedern sind zum Teil vereist. Uns wird es nicht besser ergehen. Wir müssen schnell irgendwo landen, weiterzufliegen ist zu gefährlich.“
    Auch Sorens Flügel wurden immer schwerer und unbeweglicher. Er wandte den Kopf und erschrak, als sein Blick auf den hauchzarten Saum seiner Flugfedern fiel. Die Fransen waren steif gefroren und der Wind pfiff nur so durch sie hindurch. Großer Glaux, dachte Soren, ich fliege ja plump und laut wie eine Möwe!
    Bald erspähten sie einen Baum. Die Höhle darin war jedoch so eng, dass sie sich nur mit Mühe alle hineinzwängen konnten, außerdem wimmelte es von Ungeziefer.
    „Puh!“, sagte Mr s Plithiver. „So eine verseuchte Höhle habe ich ja noch nie erlebt.“
    „Gibt’s hier gar kein Moos?“ Morgengrau dachte an die kuschlig weichen Polster, wie sie an den Spiegelseen wuchsen.
    „Ihr könnt gern draußen nachschauen“, entgegnete die alte Nesthälterin. „Ich mache mich erst mal an die Arbeit und fresse so viele Krabbelviecher, wie ich erwischen kann.“
    Soren steckte den Kopf durch die Höhlenöffnung. „Es stürmt immer heftiger, und die Erde ist so dick verschneit, dass wir bestimmt kein Moos finden.“
    „Wir wär’s stattdessen mit Kiefernnadelbrei?“, schlug Gylfie vor. „Erst zermalmt man die Nadeln mit dem Schnabel, dann schluckt man sie runter und behält sie eine Weile im Vormage n – dem Magen, der vor dem Muskelmagen kommt. Wenn man das Ganze dann wieder auswürgt, ist es ein feuchter Brei, und wenn der trocknet, ist er fast so weich wie Moos. Wobei ,Auswürgen‘ es nicht ganz trifft, schließlich handelt es sich nicht um ein Gewölle. ,Aufstoßen‘ beschreibt es vielleicht besser.“
    „Hauptsache, dieses Zeug ist einigermaßen weich“, brummelte Morgengrau.
    „Versuchen können wir’s ja mal“, meinte Digger. „Ich habe nämlich nicht die geringste Lust, draußen im Schneesturm herumzuirren.“
    Die vier Eulen lehnten sich gerade so weit aus der Baumhöhle, dass sie ein paar Schnäbel voll Kiefernnadeln ausrupfen konnten. Sie zermalmten die Nadeln, schluckten, behielten die Masse eine Weile im Vormagen, dann stießen sie auf. In der Zwischenzeit futterte Mr s Plithiver emsig Maden und Hirschkäfer sowie ein, zwei kleine Würmer, die man Federfledderer nannte. Alle diese Tiere hatten in einer gepflegten Eulenbehausung nichts zu suchen.
    „Uff!“, ächzte die Nesthälterin schließlich nach über einer Stunde. „Jetzt kriege ich beim besten Willen keinen einzigen Hirschkäfer mehr runter.“
    Da ließ ein dröhnendes Gurgeln die Baumhöhle erbeben.
    „Was war das denn?“, fragte Digger erschrocken.
    „Das war ich!“ Morgengrau riss den Schnabel auf und rülpste noch einmal schallend.
    „Hey, das muss ich auch mal probieren!“, rief Digger. Und schon war der Rülpswettbewerb in vollem Gange. Draußen tobte der Schneesturm, drinnen in der Baumhöhle lachten und johlten die Jungeulen. Sie setzten sogar Preise für die gelungensten Rülpser aus: für das lauteste Aufstoßen, für das gurgelndste, das ekligste und das vornehmste. Alle dachten, dass Gylfie am vornehmsten rülpsen würde, aber Soren übertraf sie und Gylfie heimste stattdessen den Preis für den ekligsten Rülpser ein.
    „Widerwärtig!“, lautete Mr s Plithivers Kommentar.
    Doch bald wurde es ihnen langweilig und sie warteten ungeduldig darauf, dass der Schneesturm sich legen würde. Auch wenn keiner es offen aussprach, dachten alle vier wehmütig an die Spiegelseen. Immer stiller wurden sie, während sie sich das unbeschwerte Leben dort in Erinnerung riefe n – wie sie in kühnen Schleifen über die glitzernde Wasseroberfläche geflogen waren, wie ihnen das Futter praktisch in die Schnäbel gehüpft war.
    „Was gäbe ich jetzt nicht für eine leckere Wühlmaus!“, seufzte Soren.
    „Ihr Lieben, ich glaube, der Wind lässt ein wenig nach. Wir können wieder los.“ Mr s Plithiver hatte gespürt, was die vier Eulen beschäftigte, und war entschlossen, den gefährlichen Tagträumen ein Ende zu bereiten. Dabei hatte sie gar nicht den Eindruck, dass der Wind nachgelassen hatte, ihr kam es nur darauf an, dass die Eulen weiterflogen.
    „Es stürmt doch genauso doll wie vorhin!“, wandte Digger ein. Er flog auf der windabgewandten Seite der Formation.
    „Ein bisschen hat sich der Wind schon gelegt, mein Lieber. Außerdem kommt ihr eurem Ziel, dem Großen Ga’Hoole-Baum, kein Stückchen näher, wenn ihr in einer Baumhöhle herumhockt und Kiefernnadelbrei

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