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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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zu ihnen konnte in Zeiten wie diesen fatale Folgen haben.
    Es sollte Balsam und Trost sein, deswegen hatte er es überhaupt nur mitgenommen, als es hieß, mehr als zehn Kilo seien strikt verboten. Doch nun verursachte es ihm nichts als Schmerz, abgrundtiefen Schmerz, und Übelkeit, die ihren Ursprung tief in seinen wehen Gedärmen nahm. Bei den herrschenden Lichtverhältnissen war kaum etwas zu erkennen, doch das Gedächtnis half und füllte die Lücken. Obwohl die Fotografie auf Bitten seiner Frau erst Stunden nach der Zeremonie aufgenommen worden war, trug sie noch immer das selbstgeschneiderte Kleid, in tiefem Indigo, das, wenn es nicht gerade von der Sonne oder einer anderen Lichtquelle angestrahlt wurde, fast schwarz erschien. Zu jenem Zeitpunkt waren die Aufnahmen schon abgeschlossen und der Fotograf eher zufällig noch anwesend. Die Stimmung war ausgelassen. Man hatte den Eindruck, die Tanzenden wollten auf Teufel komm raus ihrem schon damals unsicheren Leben frisches, unbelastetes Blut zuführen. Er schluckte schwer, als er es mit der Rückseite nach oben zwischen Matratze und verkrampfter Handfläche begrub. Eine Geste des Schutzes.
    Miriam. Miriam. Hätten wir doch damals nur auf deine Schwester gehört, dann wären wir jetzt alle in Sicherheit. Und ich läge nicht hier in dieser trostlosen Ungewißheit. Doch viele Stimmen, gewichtige Stimmen, hatten ein baldiges Ende des Spuks prophezeit. Er hatte diese Stimmen wie ein Süchtiger die Drogen in sich aufgesogen. Jetzt wußte er, daß sie sich allesamt nur selbst hatten Mut machen wollen. Ein Pfeifen im Walde, mehr war es nicht. Selbst wenn er hätte ahnen können, wie sich die Dinge entwickelten, so waren er und jene, mit denen er hinter vorgehaltener Hand sprach, fast noch mehr erstaunt über die Untätigkeit der restlichen Welt. Selbst für jene, die sich früh genug entschieden hatten, war es schikanös und mühselig, an ein Visum zu gelangen. Immer waren Beziehungen vonnöten. Und Geld. Viel Geld. Mehr Geld als die meisten von ihnen besaßen. Die Gemeinde half, wo sie nur konnte. Er machte sich Vorwürfe, denn finanziell stand er besser da als die meisten anderen. Was ihm gefehlt hatte und ihm wohl auch immer fehlen würde, war der Mut, eine völlig neue Existenz an einem fremden Ort aufzubauen. In einem Land, dessen Sprache er sich erst mühsam würde aneignen müssen. Nein, für Sprachen fehlte ihm das Gefühl. Selbst Gespräche, die den Betrieb betrafen, überließ er so oft wie möglich entweder Miriam oder einem der beiden Verkäufer. Er war eindeutig ein Zahlenmensch, ein geborener Buchhalter, der es liebte, beim Schein der Schreibtischlampe bis spät in die Nacht hinein Bilanzen zu führen, Einnahmen und Ausgaben gegeneinander aufzuwiegen. Gesellschaftliche Veranstaltungen waren ihm ein Greuel. Menschen waren nur schwer einzuordnen, ihr Verhalten stets ein Unsicherheitsfaktor, ein ewig unbekanntes X. Ganz anders seine Zahlen. Dort konnte man, sobald ein Fehler auftrat, in aller Ruhe wieder von vorne beginnen. Und wie gerne würde er wieder von vorne beginnen, den Fehler beheben, wo immer der auch liegen mochte. Vielleicht drei Jahre, mehr nicht, müßte er das Rad der Geschichte zurückdrehen, dort den Hebel neu ansetzen. Dann wären er und seine Familie jetzt in Amerika. Oder England, Afrika, egal wo. Miriam würde wahrscheinlich schon die Sprache bis in die letzten Winkel beherrschen, und ihre Tochter neugierig, sicherlich etwas schüchtern, mit den Nachbarskindern herumtollen. Mit dem Gefühl, eine Handvoll Chancen, darunter vielleicht auch die allerletzte, vertan zu haben, legte er das Foto behutsam in den Koffer zurück, ganz tief nach unten, zwischen den Pyjama. Wenigstens die Erinnerung sollte vor ihnen sicher sein.
    Sein Herz begann schon heftig zu schlagen, noch lange bevor das rhythmische Klacken seine Ohren erfüllte und zu jenem Stakkato anschwoll, das allen jemals Verfolgten und Verfemten dieser Welt das Blut in den Adern gefrieren ließ. Erst als es kaum noch auszuhalten war, er schon hoffte, es würde sich wieder entfernen, kamen die Stiefel nicht weit von ihm zum Stillstand, und das Echo verhallte. Der Träger war offenbar einer von der Sorte, vor der man sich besser in acht nahm, zumindest legte er es darauf an, seinen Schritten die nötige Autorität zu verleihen.
    Er lag ganz still, das Vermeiden von Aufsehen war mit den Jahren in Fleisch und Blut übergegangen, und wartete auf das fast schon obligatorische Brüllen, das einem

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