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Die Leiden eines Chinesen in China

Die Leiden eines Chinesen in China

Titel: Die Leiden eines Chinesen in China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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könnte, quälte ihn entsetzlich. Zu sterben, ohne noch ein einziges Mal die Sonne und die arme Le-U, deren Bild seinem Geiste vorschwebte, gesehen zu haben, das war zu viel!
    Endlich, nach Ablauf eines längeren Zeitraumes, den er nicht näher abzuschätzen vermochte, schien die lange Wasserfahrt plötzlich beendigt zu sein. Das Zittern der Schraube hörte auf. Das Schiff, welches sein Gefängniß trug, hielt an. Kin-Fo fühlte, wie der Käfig nochmals aufgehoben wurde.
    Jetzt schien das letzte Stündlein gekommen und der Verurtheilte flehte herzlich um Vergebung für seine Irrthümer und Fehler.
    Einige Minuten schlichen dahin – für ihn Jahre, Jahrhunderte!
    Da ward Kin-Fo zum höchsten Erstaunen gewahr, daß sein Kerker wieder auf festem Grund und Boden stand.
     

    Kin-Fo und Soun wurden in einen geräumigen Vorraum geführt. (S. 212.)
     
    Plötzlich öffnete sich sein Gefängniß. Kräftige Arme packten ihn, man schnürte ihm eine Binde um die Augen und schleppte ihn unsanft nach außen. Erst mußte er eine Strecke weit gehen, dann zwangen ihn seine Wächter, still zu stehen.
    »Wenn ich denn sterben soll, rief er, so fällt es mir nicht ein, um mein Leben zu betteln, das ich nicht zu benutzen verstand; aber gewährt mir wenigstens das Eine, als Mann dem Tode frei ins Gesicht zu schauen!
     

    Du hast Buddha beleidigt. (S. 214.)
     
    – Zugestanden! antwortete da eine ernste Stimme. Es geschehe, wie der Verurtheilte es wünscht!«
    Schnell fiel die Binde von seinen Augen. Kin-Fo ließ den Blick im Kreise schweifen…. Täuschte ihn das Bild eines Traumes? Da stand eine reich gedeckte Tafel, an der ihn seine fünf Gefährten von Canton nur zu erwarten schienen, um die Mahlzeit zu beginnen. Zwei Plätze standen noch für Gäste leer.
    »Wie, Ihr? Meine Freunde! Meine liebsten Freunde! Sehe ich Euch wirklich?« rief Kin-Fo in gar nicht wiederzugebendem Tone.
    Nein, er täuschte sich nicht! Da war Wang der Philosoph! Da standen Yin-Pang, Hual, Pao-Shen und Tim, seine Cantoner Freunde, dieselben, die er vor zwei Monaten auf dem Blumenschiffe des Perlenstromes bewirthet, die Zeugen seines Abschiedes aus dem Junggesellenstande!
    Kin-Fo konnte kaum seinen Augen trauen. Er befand sich zu Hause im Speisezimmer seines Yamens in Shang-Haï.
    »Wenn Du es bist, begann er, sich an Wang wendend, wenn es nicht Dein Schatten ist, der vor mir steht, so sage mir….
    – Ich bin es selbst, mein Freund, antwortete der Philosoph. Wirst Du Deinem alten Lehrer diese letzte, etwas harte Lection der praktischen Lebensweisheit, die er Dir zu Theil werden ließ, verzeihen können?
    – Wie! rief Kin-Fo, das wäre Dein Werk, Wang?
    – Gewiß, erklärte Wang, ich hatte es übernommen, Deinem Leben ein Ende zu machen, damit Du keinen Anderen damit beauftragen solltest. Ich, der ich eher als Du selbst es wußte, daß Dein Vermögen nicht verloren war und die Stunde kommen würde, wo Du Deinen schnellen Entschluß bereutest. Mein alter Genosse Lao-Shen, der sich eben unterworfen hat, um ferner eine verläßliche Stütze des Reiches zu sein, bot mir seine Mithilfe an, um Dir den Werth des Lebens kennen zu lehren. Wenn ich Dich der schrecklichsten Angst als Beute überließ und, schlimmer noch, Dich, so sehr mein Herz dabei blutete, in Lagen trieb, welche kaum ein Mensch wieder aushalten möchte, so geschah es, weil ich wußte, daß Du Dir das entbehrte Glück erjagtest, daß Du es später desto süßer schmecken würdest!«
    Kin-Fo stürzte in die Arme Wang’s, der ihn warm an’s Herz drückte.
    »Mein armer Wang, sagte darauf Kin-Fo sehr bewegt, wenn ich nur allein von einer Stelle zur anderen gejagt wäre! Doch was hab’ ich auch Dir dabei angethan! Wie habe ich Dich verfolgt und gar zu einem Sturzbade von der Palikao-Brücke herab genöthigt!
    – O, erwiderte Wang lachend, das hat mir für meine fünfundfünfzig Jahre recht gut gethan. Ich war zwar sehr warm und das Wasser gehörig kalt. Doch, was da, ich bin ja davon gekommen; man läuft und schwimmt nie besser als im Interesse Anderer!
    – Im Interesse Anderer! wiederholte Kin-Fo fast feierlich. Ja, man muß für Andere Alles zu thun im Stande sein. Darin liegt das Geheimniß des Glückes!«
    Da trat Soun ein, bleich wie ein Mensch, dem die Seekrankheit achtundvierzig qualvolle Stunden lang schonungslos mitgespielt hat. So wie sein Herr war auch der Diener von Fu-Ning nach Shang-Haï zurückbefördert worden. Was er dabei gelitten, konnte man in seinen Zügen lesen.
    Nachdem

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