Die letzte Lagune
vielleicht
einiges.
8.3.
Abends
Lagebesprechung der obersten Heeresleitung auf der Poop der
Galleante. Die Herren kamen ohne die übliche Prunkentfaltung
in schlichten Ruderbooten: Balduin von Flandern, Gottfried von
Villehardouin und Bonifatius von Montferrat. Wir wollen versuchen,
einen Brückenkopf auf der anderen Seite des Goldenen Horns zu
bilden. Dort liegt auch die Galata-Festung die wir unbedingt
einnehmen müssen. An den Mauern der Galata-Festung ist die
große Kette befestigt, mit der die Einfahrt zum Goldenen Horn
gesichert wird.
10.3.
Heute Morgen
unangenehmes Gespräch mit Dandolo. Sagte, es wäre besser,
wenn ich mich auf einen Kampf einstellen würde. Und er gehe
davon aus, dass ich als Tron über Mut und Gewandtheit
verfüge. Konnte schlecht daraufhinweisen, dass ich zwar
über einige Gewandtheit verfüge, aber nicht über
Mut. Musste also Freude darüber heucheln, dass morgen jemand
an Bord kommt, der mir eine Grundausstattung mitbringt und mich
einweist. Keine Ahnung, was man unter einer Grundausstattung zu
verstehen hat. Schwert und Kettenhemd vermutlich. Vielleicht noch
ein Pferd. Aber dann müsste die Einweisung an Land erfolgen,
und davon war nicht die Rede. Abends mit schlechten Gefühlen
zu Bett gegangen. Vor dem Einschlafen wieder darüber
nachgedacht, wie ich mich notfalls absetzen
könnte.
11.3.
Fix und fertig.
Kann kaum den Stift halten. Muskelkater in Beinen und Armen, dazu
bohrende Kopfschmerzen, jetzt weiß ich, wie sich die Leute
fühlen, die eine moderne Rüstung angelegt haben. Dachte,
dass einer von unseren Leuten die Einweisung leiten würde,
aber ein Boot brachte einen Comte de Charlus aus dem Stab
Villehardouins, der zwei hübsche Knappen im Kielwasser hatte.
Die Einweisung fand coram publico auf dem Oberdeck statt. Der
Comte parfümiert, Rouge auf den Lippen, typischer Franzose.
Musste mich unter seinen Blicken bis auf die Unterkleidung
entblößen und zuerst gepolsterte Kleider anziehen, die
die Stöße der gegnerischen Treffer dämpfen sollen.
Danach der Kettenpanzer. Arme und Oberkörper werden mit einer
am Rücken zugeschnürten Panzerjacke bedeckt, die bis zur
Mitte der Oberschenkel reicht. Über das Panzerhemd kommt noch
ein lose flatterndes Leinengewand, um die Sonnenhitze abzuhalten.
An einem Wehrgehenk (einem von der Schulter bis zur
gegenüberliegenden Hüfte reichenden Schwertgurt)
hängen dann Scheide und Schwert. Frage mich, was das alles
soll. Für wen hält mich Dandolo? Für einen
Landsknecht?
13.3.
Heute Vormittag bei
Dandolo. Weiß jetzt endlich, worin mein Auftrag besteht. Ich
soll ein antikes Glas bergen. Jawohl, ein Glas! Dandolo hat sich
nicht näher dazu geäußert, vertraut wohl auf meine
Fachkenntnisse. Das Glas befindet sich in einer kleinen Kirche,
Santa Maria Diakonissa, zwischen dem Heppodrom und dem
Kaiserpalast. Neben dem Altar führen Stufen zur Krypta hinab,
und von dort soll ich einem in den Fels gehauenen Gang zu einem
unterirdischen Raum folgen. Das Glas ist in einem Schrank auf der
linken Seite des Raumes, zusammen mit einem Dutzend anderer
Gläser. Dandolo will nur das antike Glas, war sichtlich
angespannt, als er uns die Einzelheiten erläuterte. Will uns
ein halbes Dutzend deutsche (!) Soldaten mitgeben, die nicht lange
fackeln, wenn uns jemand dumm
kommt.
Sehe gerade, dass
ich «uns» geschrieben habe und trage nach, dass auch
Pater Ignazio bei dieser Unterredung zugegen war. Der Pater scheint
über militärische Kenntnisse zu verfügen und wird
mit von der Partie sein, wenn wir das Glas bergen. Hat
ausführlich begründet, warum er Hiebwaffen mit einer
geschwungenen Klinge bevorzugt, und mir von den üblichen
Schwertern abrät. Bemerkenswert für einen Priester. Ich
weiß im Grunde nichts über den Pater - nur, dass er aus
Dijon stammt. Ob er früher Soldat war und dann eine geistliche
Laufbahn eingeschlagen hat ? Oder ist er beides zugleich ? Priester
und Krieger? Womöglich ein Ritter vom Salomonischen Tempel?
Wenn es sich bei Pater Ignazio um einen Tempelritter handelt,
wäre das ein Indiz dafür, dass hier eine ziemlich
große Geschichte abläuft. Aber welche? Dandolo wird uns
kurzfristig Bescheid geben. Aber erst muss Byzanz einmal erobert
werden.
15.3.
Pater Ignazio ein
sehr angenehmer Mann. Stammt tatsächlich aus Dijon, spricht
Italienisch im Florentiner Dialekt. Kamen auch über
persönliche Angelegenheiten ins Gespräch. Schien
über mich Bescheid zu wissen, vermutlich hatte er sich mit
Dandolo
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