Die letzte Schoepfung
sich um die Kinder. Außer ein paar Kratzern und blauen Flecken hatten sie die Flucht von Haven Island gut überstanden. Zumindest physisch. Über ihren emotionalen Zustand wusste Sydney nichts. Diese Kinder hatten ihr ganzes Leben auf der Insel verbracht und kannten nichts anderes. Einige von ihnen würden sich anpassen und in der Welt draußen genauso gut zurechtkommen wie Danny und Callie. Andere würden es nicht schaffen.
Callie ging zwischen den Kindern umher, beruhigte sie mit einer Berührung oder einem tröstenden Wort. Für ein so kleines Mädchen hatte sie unglaublich viel Kraft. Sie schien die Gabe einer geborenen Heilerin zu besitzen – die reinste Ironie, wenn man bedachte, was ihr angetan worden war.
Sydney fragte sich, was einmal aus Callie und ihrem mutigen Bruder werden würde. Oder aus Adam, dem Ältesten und Anführer, der im Kreis der jüngeren Kinder saß und ihnen von seiner Flucht berichtete, als erzähle er eine Abenteuergeschichte aus einem Buch. Was war mit den anderen, die nichts davon wussten, was skrupellose Menschen ihnen angetan hatten?
Sydney bedauerte die Kinder von ganzem Herzen. Man hatte ihnen ihr Leben gestohlen. Der Insel mochten sie entronnen sein, doch ihr Albtraum hatte gerade erst begonnen.
Als Danny herunterkam, ging Sydney nach oben. Die kühle Nachtluft war erfrischend. Sie ging zu Ethan auf die Brücke, wobei sie versuchte, nicht auf die Leiche zu schauen, die in Segeltuch verschnürt auf Deck lag. Marco Ramirez hatte sein Leben für Danny gegeben. Es war unmöglich, das mit jener Geschichte in Einklang zu bringen, die Cox Sydney erzählt hatte – darüber, wie Nicky ermordet worden war.
»Wie läuft's da unten?«, fragte Ethan.
Sydney schlang fröstelnd die Arme um den Oberkörper. »Ganz gut.«
Als Ethan merkte, dass sie fror, zog er seine Jacke aus und hängte sie ihr über die Schultern. Ethans Geruch, der der Jacke anhaftete, wärmte sie mehr als das abgetragene Kleidungsstück selbst. »Danke.«
»Ich hab einen Funkspruch an die örtliche Polizei durchgegeben«, sagte er. »Dass wir zwei Dutzend Kinder an Bord haben, die gefangen gehalten wurden.«
»Das war wohl das Beste, was du sagen konntest«, sagte Sydney, obwohl sie die Vorstellung schrecklich fand, dass die Kinder schon wieder in eine Maschinerie gerieten. Wenn die Welt erst erfuhr, wer sie waren, würden sie erneut in einer Art Käfig landen.
»Der Sheriff und seine Leute erwarten uns am Kai«, sagte Ethan, während das stetige Rauschen der Wellen am Bug die Nacht mit einem trügerischen Frieden erfüllte.
»Hat Adam erzählt, wie es kam, dass er mit Turner mitten im Wald war?«, fragte er nach einer Weile.
Sydney setzte sich neben ihn. »Er war auf der Krankenstation, weil er einen ähnlichen Grippeanfall hatte wie Callie. Ein Pfleger hat auf ihn aufgepasst, doch als draußen der Lärm losging, hat der Mann nachgeschaut, was los war.« Sie presste die Lippen zusammen und zuckte die Achseln. »Adam ist davongerannt, lief im Wald dann aber Turner in die Arme.«
»Da hat er noch Glück gehabt«, meinte Ethan. »Wäre Turner nicht gewesen, hätte Adam uns vielleicht nie gefunden.«
Sydney nickte. Doch sie wünschte, Adam und Danny wäre der Anblick des Messers in Turners Kehle erspart geblieben.
Fröstelnd zog sie Ethans Jacke enger um sich und blickte auf das schwarze Wasser. Das zweite Boot war nicht mehr zu sehen. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. Nicht nach dem, was sie in den Dateien gesehen hatte: Diese Kinder waren wertvoller, als sie gedacht hatte. Und gefährlicher.
»Turner hat mit den Kindern experimentiert, nicht wahr?«, sagte Ethan.
»Ja, er hat Versuche mit ihnen gemacht.« Sie erzählte, dass Turner eine Methode entwickelt hatte, die genetische Beschaffenheit menschlicher Embryonen zu verändern, um gesündere Kinder hervorzubringen. Dann berichtete sie noch, was sie den Dateien hatte entnehmen können. »Jedes Kind ist gegen eine bestimmte Krankheit immun, die entweder durch Bakterien oder Viren hervorgerufen wird.«
»Du meinst, die Kinder werden nicht krank?«
»Das stimmt so nicht. Die Kinder sind nur gegen eine bestimmte Krankheit resistent, gegen die sie genetisch immun gemacht wurden. Das gilt aber nicht für Callie. Sie ist der Gipfel von Turners Forschung und angeblich gegen eine ganze Reihe verschiedener Erreger immun.«
Ethan warf ihr einen Seitenblick zu. »Und was ist so schlecht daran?«
Die gleiche Frage hatte Sydney zu schaffen gemacht, seit Turner ihr
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