Die letzte Schöpfung
um!«
Ethan knipste sein eigenes Mikrofon an und sandte ebenfalls eine Nachricht übers Wasser. »Haven Island, hier spricht Ethan Decker. Ich werde erwartet.«
Die andere Stimme schwieg, doch der Scheinwerfer verfolgte sie, während sie sich dem Landungssteg näherten. Ethan konnte beinahe spüren, wie ihnen das Fadenkreuz eines Präzisionsgewehrs folgte.
Schließlich meldete sich die Stimme wieder: »Legen Sie an.«
Ethan manövrierte das Boot zum vorbezeichneten Liegeplatz, wo Morrow bereits mit vier Bewaffneten wartete. Als er näher heran war, erkannte er, dass es Söldner waren, brutal aussehende Männer ohne Ehre oder Gewissen. Ethan warf die Leinen aus, und Morrow befahl zweien seiner Schläger, sie festzumachen.
Als das Boot sicher vertäut lag, trat Morrow vor. »Bist aber früh dran.«
»Ich bin nun mal sehr zuvorkommend.«
Morrow suchte das Deck ab. »Hast du nicht was vergessen?«
Ethan griff in die Luke, wo Danny auf sein Geheiß wartete, und packte ihn am Jackenkragen. »Ich habe den Jungen mitgebracht.«
»He…« Danny fuhr zusammen, als Ethan ihn nach oben zog.
»Halt's Maul, Kleiner.« Ethan schubste Danny vorwärts. »Na, Morrow, warum gehst du nicht schon mal vor und sagst deinem Boss, dass ich da bin?«
Morrow starrte ihn finster an. Wahrscheinlich war er stinkwütend über Ethans Ermahnung, dass er hier nicht das Sagen hatte. Unwirsch trat er zurück, machte eine auffordernde Bewegung mit der Pistole. »Runter vom Boot!«
Ethan versetzte Danny noch einen Schubs und folgte ihm dann auf den Kai. Er wies auf ein großes Gebäude, das ein Stück vom Strand zurückgesetzt lag. »Nach Ihnen, Gentlemen.«
»Durchsucht ihn!«, befahl Morrow.
Ethan streckte die Arme aus, während einer von Morrows Lakaien ihn abklopfte und ihn um die Glock und Annas .38er erleichterte.
»Ist das nötig?«
Morrow nickte zu Danny hin. »Durchsucht den Rucksack von dem Jungen.«
Ethan schnalzte missbilligend mit der Zunge, als ein Mann dem Befehl nachkam. »Sei lieber vorsichtig, John. Mr. Cox möchte bestimmt nicht, dass du einem seiner kostbaren Kinder wehtust.«
»Halt die Klappe, Decker.«
»Hier is' nix«, meldete der Söldner.
»Schön.« Morrow blickte Ethan an und grinste. »Dann durchsucht jetzt das Boot.«
31.
Etwas hatte ihn geweckt.
Paul setzte sich aufrecht hin und lauschte. Er hörte eine Lautsprecherstimme – die Worte konnte er nicht verstehen – und das leise Tuckern eines Motorboots. Neugierig schlüpfte er aus dem Bett und ging ins vordere Zimmer seines Bungalows. Er drückte sich neben das Fenster und beobachtete, was sich unten am Wasser abspielte.
Trotz der späten Stunde erhellten gleißende Scheinwerfer die Anlegestelle und strichen über das schwarze Wasser des Puget Sound. Das eben eingetroffene Boot schaukelte neben dem Steg. Morrow stand auf dem Kai, umgeben von einigen seiner Schläger, und sprach mit dem Kapitän des Bootes.
Paul eilte zurück ins Schlafzimmer.
Vor einigen Tagen hatte er Dannys elektronische Fährte gefunden, die sich wie ein roter Faden durch das Computersystem der Insel zog. Nachdem er mehrere Firewalls errichtet hatte, um Danny am Zugriff auf die Dateien über die Kinder zu hindern, hatte Paul den Jungen nach Herzenslust wildern lassen. Aber dieses Mal hatte er nicht den Fehler begangen, Cox davon zu erzählen. Ihm war rasch klar gewesen, dass Danny Informationen über die Insel zusammentrug – vielleicht, um sie an jemanden weiterzugeben, der einen Befreiungsversuch plante. Da hatte Paul einen leisen Hoffnungsschimmer verspürt, denn eine Razzia, ob von Erfolg gekrönt oder nicht, würde ihm vielleicht eine letzte Chance zur Flucht bieten.
Ohne Licht zu machen, suchte er auf dem obersten Bord in seinem Wandschrank. Seine Kleidung lag hinter einem Stapel Laken versteckt. Nun schlossen sich seine Hände um das weiche Bündel, und er seufzte vor Erleichterung. Rasch zog er die dunklen Sachen an: eine schwarze Hose und einen dicken Rollkragenpullover, Stiefel und Handschuhe.
Als Nächstes holte er die Reisetasche unter seinem Bett hervor. Er hatte sie bereits am Tag von Dannys und Callies Verschwinden gepackt und war mehr als einmal in Versuchung gewesen, sie hervorzuholen. Irgendetwas hatte ihn jedes Mal zurückgehalten, jetzt aber blieb ihm keine Zeit mehr. Wenn er heute Nacht nicht von der Insel floh, würden sie ihn mit Sicherheit umbringen. Ob er auf der Flucht erschossen oder später exekutiert wurde, weil Cox ihn nicht mehr brauchte, das
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