Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
Prolog: Der Auftrag
Töten ist ganz einfach, sagen die Stimmen in meinem Kopf, während ich die Stufen nach oben schleiche und mir das Herz bis zum Hals klopft. Töten ist ganz einfach, beruhigen sie mich und reden ständig darüber, dass ich nur an den Staub, das Blut und die Erbärmlichkeit denken muss, mit der ein Leben ausradiert wird. Töten ist ganz einfach, wiederhole ich lautlos und versuche mich auf mein Ziel zu konzentrieren.
Töten ist ganz einfach, weiß ich, als ich vor der Tür stehe, die wie besprochen von der Putzkolonne nur angelehnt wurde und in eine Empfangshalle mündet – um diese Zeit leer und verwaist. 500 Euro sind eine Menge Geld für einen Mitarbeiter vom Putzdienst, damit er mir alle Türen öffnet, denke ich, und plötzlich pocht das Blut in meinen Ohren und ich muss stehen bleiben. Hasserfüllt und mitleidlos erinnern mich die Stimmen wieder an dieses lähmende Begreifen, diese tödliche Gewissheit, dass ich mich nicht rühren darf, dass ich für alle Zeiten tot bin, aber noch am Ufer liege, während die anderen bereits übergesetzt haben. Immer weiter reden sie von Zielorientiertheit und dass alles nur eine Frage der Motivation sei, eine Frage des Motivs. Und ein solches besitze ich.
Töten ist ganz einfach, davon bin ich jetzt überzeugt und tippe mit dem Latexfinger die Tür zum Büro auf, sehe ihn an seinem Schreibtisch sitzen, seitlich gedreht, in die Computerbilder versunken, die er hektisch weiterklickt mit stupidem Gesichtsausdruck. Natürlich weiß ich, wie er aussieht, bin aber dennoch überrascht. Bulliger Oberkörper, muskulöse Arme, das schwarze Polohemd spannt, und sein Nacken, ein Nacken fett wie bei einem Stier. Das wird schwierig, denke ich, beginne zu überlegen, doch damit haben die Stimmen in meinem Kopf gerechnet, denn sofort ist alles wieder da: der Staub, der Zerfall, das Blut, die Straße, der Boden, das Pochen, die Klaustrophobie, der Tod. Doch die Stimmen in meinem Kopf schieben mich weiter, treiben mich hinein in das Büro und weiter auf den Schreibtisch zu und vorwärts zu dem Mann, der vollkommen überrascht aufsieht, nichts begreift und sich nicht vorstellen kann, dass Töten einfach ist, wie die Stimmen in meinem Kopf immer sagen.
Ich nicke zustimmend und paralysiere den Mann sofort, reiße dann seinen Körper vom Sessel, zerre diesen grunzenden, wehrlosen Fleischberg über den Boden, klatsche ihn gegen die Wand und merke, wie er langsam wieder aus der Starrheit erwacht. Doch da habe ich mein Werkzeug bereits erhoben und jetzt sind die Stimmen in meinem Kopf zufrieden, feuern mich an, als würde ich im Ring stehen, angestrahlt von tausenden von Scheinwerfern, als wäre die letzte Runde eingeläutet und der Trainer flüstert mir ins Ohr: Töten ist ganz einfach!
Tatsächlich ist es für ihn die letzte Runde, denn als das Blut aus seinem Hals spritzt, aus seiner Aorta, die wie ein Kabel sinnlos, nutzlos aus dem durchgeschnittenen Hals hängt und pumpt und gluckert, bis dem Herz der Saft ausgeht, da starrt er mich panisch an, wissend, dass er in die Hölle fährt.
Töten ist ganz einfach, zische ich und fasse mit den Latexhänden zielgerichtet in die Wunde und reiße und ziehe und zerre und drücke. Mein Overall ist blutig wie das Schwein vor mir und wieder feuern mich die Stimmen an, immer weiter zu reißen und zu zerren. Als er nur noch reflexartig zuckt und zittert und nur noch ein kleines Rinnsal aus seiner Wunde läuft, applaudieren sie, beglückwünschen mich und ich habe es verinnerlicht: Töten ist ganz einfach!
Töten ist ganz einfach, stimme ich ihnen zu und lasse meine blutigen Latexhände über die Wände gleiten, drehe seinen erschlafften, ausgebluteten Körper herum, breite ihn, mit den Füßen zur Wand und seitlich ausgestreckten Armen, auf dem Boden aus. Das gibt der Polizei Stoff zum Nachdenken. Natürlich sehe ich immer wieder auf die verchromte Designeruhr auf seinem Schreibtisch, die mit gleichmäßigem Klacken ein Sekundenblättchen nach dem anderen weiterblättert. Natürlich weiß ich, dass ich wenig Zeit habe, da die Security bald ihren Rundgang macht und ich verschwinden muss. Natürlich streife ich erst draußen die Papierüberschuhe ab und schäle mich aus dem blutverschmierten Overall. Natürlich verspüre ich draußen in der kühlen Nachtluft ein Glücksgefühl, als ich es realisiere: Töten ist ganz einfach!
Jetzt bin ich motiviert und arbeite zielorientiert an meinem Plan. Jetzt sind die Stimmen in meinem Kopf
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