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Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf

Titel: Die Letzten ihrer Art 01 - Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Miniaturausgabe des brütenden Drachen (der Drachin?) hervor. Die Farben waren Grün und Gold wie auf der Eierschale, der Schopf über den Augen war dunkelgrün wie der Meeresgrund bei ruhiger See. Die Augen waren riesengroß, rund und verzweifelt aufgerissen. Sämtliche Bücher der Regale an der Nordwand, achthundertsechsundvierzig Bände mit analytischer Geometrie und Anleitungen zur Konservierung von Heidelbeeren und Paprika, waren in Flammen aufgegangen. Offenbar war das Squiiiiiiiiiiiiiiieek von einem Feuerschnauben begleitet gewesen. Yorschkrunsquarkljolnerstrink fand noch Zeit für die Überlegung, dass es keine unbedingt gute Idee gewesen war, sämtliche Bücher zu einem Thema in einem Regal zusammenzustellen. Jetzt war die analytische Geometrie aus der Reihe der überlieferbaren Gegenstände ausgeschieden und die Menschheit würde sie noch einmal entdecken müssen, es sei denn, er selbst konnte ein wenig Zeit erübrigen, so etwa fünfzig bis sechzig Jahre, um wenigstens die Grundlagen aufzuzeichnen. Auch die Blaubeerund Paprikakonserven, in Thymian eingelegt, waren für immer dahin, aber mit ein wenig Glück würde die niemand noch einmal entdecken.
    Der Knall mit dazugehörigem Beben der Höhlenwände war durch Aufstoßen des riesigen Tors verursacht worden. Beide Flügel standen weit offen und vom Meer her fuhr der Wind herein, wirbelte am Boden Blütenblätter, Schmetterlinge und die Asche auf, die von dreihundert Jahren Studium der Geometrie übrig geblieben war.
    Draußen am Himmel schlugen die weiten Schwingen des Drachen über dem Meer. Sie füllten den Himmel ganz aus. Das Licht der hoch stehenden Sonne schien durch das Geäder seiner Flügel. Seine goldfarbenen Augen und die grünblauen des Elfen begegneten sich. Alle Zärtlichkeit der Welt lag in diesen Augen und der ganze Stolz, alle nur erdenkliche Liebe und alle Kraft, aller Stolz und Hochmut.
    Die ganze Großartigkeit.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    GROSSARTIGKEIT.
    »Erbrow«, brüllte der Drache, wobei er einen Feuerstrahl ausstieß, der den Himmel aufriss und ihn orangefarben überzog.
    Yorsch verstand, dass dies sein Name war. Er nickte, dann verneigte er sich tief.
    Der Feuerstreif blieb am Himmel und teilte ihn in zwei Hälften, während die Schwingen des großen Drachen sich zum Horizont herabsenkten, wo das aufgewühlte Meer und der Himmel zusammentrafen.
    Langsam taten sich die Fluten auf und nahmen die weiten Schwingen auf, die lange auf dem Wasser liegen blieben, gleich vor dem Horizont, unter dichten Möwenschwärmen.
    Dann schlossen sich die Fluten und von dem Drachen blieb nichts mehr übrig.
    Yorsch hielt die Augen weiter auf den Punkt gerichtet, wo die Flügel im Sonnenlicht geglänzt hatten.
     
     
    Schmerz überwältigte das Herz des Elfenjungen. Wie eine Klinge fuhr er ihm in die Seele, wo er auf jenen anderen Schmerz traf, der seit jeher schon dort saß. Mama, die dorthin gegangen war, woher niemand mehr wiederkehrt, als er noch zu klein war, um sich an sie zu erinnern; Großmutter, die zurückgeblieben war im Wasser, das stieg und stieg, als er zu groß war, um das jemals zu vergessen.
    Trauer überwältigte das Herz des Elfenjungen. Er wünschte, er könne ihn noch einmal hier haben, den alten Drachen, und ihm noch ein letztes Mal die Geschichte von der Prinzessin mit den Erbsen oder den Bohnen oder was auch immer vorlesen. Mit aller Macht wünschte er sich, noch einmal ausgeschimpft zu werden wie der letzte Verbrecher, weil er versucht hatte, auf die Eiche vor dem Eingangstor zu klettern, oder sich noch einmal sämtliche Symptome der Mittelohrentzündung aufzählen zu lassen, ganz zu schweigen von denen der Magenschleimhautentzündung, der Nebenhöhlenentzündung und des Nesselfiebers oder von den Krämpfen im zweiunddreißigsten Schwanzwirbel oder im sechzehnten oder vierzigsten.
    Dann erklang hinter ihm ein mörderisches Squiiiiiiiiiiieeek .
    Der kleine Drache weinte wieder. Auch die Physik war zu einem Aschehäufchen am Boden geworden. Die Menschheit würde alles noch einmal entdecken müssen, die Thermodynamik und die Hebelgesetze. Sie würde Jahrtausende dafür brauchen, wenn’s gut ging!
    Während Yorsch verzweifelt darüber nachdachte, was er tun sollte und wie, fiel ihm eines der Sprichwörter von Arduin ein, dem Herrn des Lichts und Begründer von Daligar. »Wenn das Unglück über dich hereinbricht, hast du keine Zeit,

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