Die Liebe des letzten Tycoon
produzierte, gehören The Big Parade (1925), Ben Hur (1926) und Grand Hotel (1932). Sein Leben ist die Geschichte von immensem Ehrgeiz und frühem Erfolg, die mit dem Leben bezahlt werden – Motive, die Fitzgeralds gesamtes Werk durchziehen.
Fitzgerald ist Thalberg wahrscheinlich zweimal begegnet – und zwar 1927, als er zum ersten Mal in Hollywood war und für United Artists an einem der vielen Scripts in seinem Leben arbeitete, die nicht verfilmt wurden; ein zweites Mal bei einer Abendgesellschaft in Thalbergs Haus, auf der er nicht nüchtern blieb und einen lästerlichen Song zum Besten gab. Und einmal hat Fitzgerald mit Thalberg [223] telefoniert und versucht, ihm spät am Abend und ziemlich betrunken die Filmrechte an seinem Roman Zärtlich ist die Nacht zu verkaufen, was ebenfalls misslang. Als Thalberg starb, schrieb Fitzgerald, dies sei der »Tod eines Feindes. Aber ich mochte diesen Kerl wahnsinnig gern.« Monroe Stahr, den er mit den Eigenschaften ausstattete, die er an Thalberg am meisten bewunderte, ist der einzige Held in Fitzgeralds Werk, der keine dunkle Seite hat und eine Moral verkörpert, die in den dreißiger Jahren langsam verschwindet. Ein Mann wie Stahr, der alles aus sich selbst heraus erschuf und nur sich selbst vollkommen vertraute, hatte später keine Chance mehr im Geschäftsleben, von dem dieser Roman ja im Wesentlichen handelt – einem besonderen zwar, dem Filmgeschäft und damit der Fabrikation von Träumen und Mythen, aber immer noch einem Geschäft. Männer wie Stahr, so vermutete Fitzgerald nicht zu Unrecht, konnten sich weder mit Gewerkschaftern noch mit Geschäftsführern arrangieren. Stahr war der letzte Tycoon, und Fitzgerald, der ihn erfunden hat, war der letzte Autor, der eine solche Geschichte schreiben konnte – davon war er selbst zumindest überzeugt: »Ich bin für lange Zeit der letzte Romancier«, heißt es in einer seiner Notizen für den Roman.
Fitzgerald hinterließ Entwürfe in unterschiedlichen Stadien der Überarbeitung für das erste Kapitel und für siebzehn weitere Episoden. Dreißig insgesamt sollte das Buch umfassen, die Fitzgerald in neun Kapiteln organisieren wollte. Die dreizehn Episoden, die zu den dreißig noch fehlten, hatte er zum Zeitpunkt seines Todes mehr oder weniger ausführlich skizziert. Alles, selbst das großartige erste [224] Kapitel, waren vom Autor als noch zu revidieren gekennzeichnet. Was wir als Die Liebe des letzten Tycoon kennengelernt haben, ist demnach nicht einmal die endgültige Form des ersten Romanteils, sondern einzig die letzte Version seines Entwurfs dazu.
Und doch gewinnt der Leser den Eindruck, einen geschlossenen Roman vor sich zu haben. Die Liebesgeschichte zwischen Monroe Stahr und Kathleen ist abgeschlossen und damit ein wichtiger Teil des projektierten Romans. Diese Liebesgeschichte betrachtete Fitzgerald selbst als das »Fleisch« der Geschichte. Vor allem aber ist das Fragment schon in seinem unfertigen Zustand von hoher stilistischer Qualität. Die verschiedenen Orte – das Flugzeug, der Flughafen, die Studios und die Straßen davor, Stahrs Haus am Strand oder Cecelias Elternhaus – werden so plastisch, dass man in ihnen herumgehen könnte, ohne sich zu stoßen. Die Figuren haben nichts von Schemen, und sie unterhalten sich in ausgearbeiteten Dialogen, aus denen alles Überflüssige gestrichen ist. Monroe Stahr ist bereits ein komplexer Charakter. In ein paar Sätzen über sein Lächeln erzählt Fitzgerald das Wesentliche über dessen Karriere, beschreibt sein Wesen und seinen Führungsstil: »Es war ein väterlich gütiges Lächeln, das sich Stahr, schon in jungen Jahren in höchste Positionen befördert, erst im Lauf der Zeit angeeignet hatte. Ursprünglich hatte es Ehrerbietung seinen damaligen Vorgesetzten gegenüber signalisiert, später dann lächelte er, um sie nicht spüren zu lassen, dass zunehmend seine und nicht ihre Entscheidungen zählten, und schließlich wurde das Lächeln zu dem, was es jetzt war, ein Lächeln freundlicher Zuneigung, das – ein wenig matt und [225] flüchtig zwar – allen zuteil wurde, die ihn in der vergangenen Stunde nicht geärgert hatten oder die er nicht rundheraus und nachdrücklich zu kränken gedachte.« Das ist keine Skizze, sondern – präzise und knapp, wie es ist – besser geschrieben als vieles in der Literaturgeschichte, das vollendet wurde.
Mit Monroe Stahr wollte Fitzgerald eine Figur entwerfen, wie er sie bis dahin noch nicht erfunden hatte – einen
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