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Die Liebenden von Leningrad

Die Liebenden von Leningrad

Titel: Die Liebenden von Leningrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paullina Simons
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schloss erneut die Augen und stellte sich ihre Wiese vor, den angenehmen Geruch des Sommers nach gelben Kirschen und Nesseln. Sie bemerkte auf einmal, dass sie ein wenig hungrig war. Gern hätte sie jetzt ein paar Blaubeeren gehabt. Sie öffnete ihre Augen und blickte sich im Zimmer um. »Ich will nicht weg«, beklagte sich Pascha. »Es ist ja nur für kurze Zeit, mein Sohn«, erwiderte Papa. »Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Im Ferienlager bist du in Sicherheit. Du bleibst vielleicht einen Monat, bis wir wissen, wie es mit dem Krieg weitergeht. Dann kommst du zurück, und wenn wir evakuiert werden, verlassen wir mit dir und deinen Schwestern die Stadt.«
    Ja! Das gefiel Tatiana. »Georgi«, sagte Deda leise.
    »Ja, Papuschka?«, erwiderte Tatianas Vater respektvoll. Niemand liebte Deda mehr als Papa, noch nicht einmal Tatiana. »Georgi, du kannst den Jungen nicht vor der Einberufung bewahren. Niemals.« »Natürlich kann ich das. Er ist erst siebzehn.« Deda schüttelte den grauen Kopf. »Genau - siebzehn. Sie werden ihn nehmen.«
    Ein Schatten von Furcht huschte über Papas Gesicht. »Sie werden ihn nicht nehmen, Papuschka«, erwiderte er rau. »Ich weiß nicht, wovon du redest.« Was er wirklich empfand, konnte er nicht sagen: Mischt euch nicht ein und lasst mich versuchen, meinen Sohn zu retten. Deda lehnte sich zurück in die Sofakissen.
    Tatiana wollte ihrem Vater helfen. »Wir sind noch nicht ...«, setzte sie an, aber Mama unterbrach sie. »Pascheschka, nimm einen Pullover mit, Liebling.«
    »Ich nehme keinen Pullover mit, Mama!«, rief er aus. »Es ist Hochsommer!«
    »Vor zwei Wochen hatten wir noch Frost.«
    »Und jetzt ist es heiß. Ich nehme keinen mit.«
    »Tu, was deine Mutter sagt, Pawel«, sagte Papa. »Die Nächte in Tolmachewo sind kalt. Nimm einen Pullover mit.« Pascha seufzte tief. Widerwillig nahm er den Pullover und warf ihn in den Koffer. Papa schloss ihn. »Hört alle zu. Mein Plan lautet so ...«
    »Was für ein Plan?«, entgegnete Tatiana leicht verärgert. »Hoffentlich hat er auch was mit Essen zu tun. Weil ...« »Ich weiß, warum«, fuhr Papa sie an. »Und jetzt sei still und hör zu. Das betrifft auch dich.« Er erklärte ihnen, was sie tun mussten.
    Tatiana sank aufs Bett zurück. Wenn sie nicht sofort evakuiert würden, wollte sie gar nichts mehr hören. Pascha fuhr jeden Sommer in das Ferienlager der Jungen - nach Tolmachewo, Luga oder Gatschina. Am liebsten war Pascha in Luga, weil man dort am besten im Fluss schwimmen konnte. Tatiana fand es auch besser, wenn er in Luga war. Dort war er näher an ihrer Datscha, ihrem Sommerhaus, und sie konnte ihn besuchen. Das Ferienlager in Luga war nur fünf Kilometer von ihrer Datscha entfernt. Von Tolmachewo bis Luga dagegen waren es zwanzig Kilometer. Die Betreuer dort waren streng und verlangten, dass die Jungen bei Sonnenaufgang aufstanden. Pascha sagte, es sei wie in der Armee. Nun, dann war es für ihn ja jetzt fast wie eine Einberufung, dachte sie, ohne ihrem Vater zuzuhören. Dascha kniff sie fest ins Bein. »Aua!«, sagte sie absichtlich laut, damit ihre Schwester zurechtgewiesen würde. Aber niemand kümmerte sich darum. Die anderen sahen sie noch nicht einmal an. Alle Augen waren auf Pascha gerichtet, der verlegen in seiner braunen Hose und seinem verschlissenen, beigefarbenen Hemd mitten im Zimmer stand. Sie liebten ihn so sehr. Und er wusste es.
    Er war das Lieblingskind, der Lieblingsenkel, und Dascha und Tatiana liebten ihn ebenfalls abgöttisch. Er war eben der einzige Junge in der Familie.
    Tatiana stand vom Bett auf und trat neben ihren Bruder. Sie legte ihm den Arm um die Schultern und sagte: »Freu dich doch. Du hast Glück. Du fährst ins Ferienlager. Ich fahre nirgendwo hin.«
    Er rückte leicht von ihr ab. Nicht, weil ihm ihre Berührung unbehaglich war, das wusste Tatiana. Es lag wohl daran, dass er sein Glück nicht erkennen konnte. Ihr war klar, dass ihr Bruder unbedingt Soldat werden wollte. Er wollte nicht in ein albernes Ferienlager fahren. »Pascha«, sagte sie fröhlich, »zuerst musst du mich beim Kriegspielen schlagen. Dann kannst du dich melden und gegen die Deutschen kämpfen.« »Halt den Mund, Tania«, sagte Pascha. »Halt den Mund, Tania«, sagte Papa.
    »Papa«, erwiderte Tatiana, »kann ich auch meinen Koffer packen? Ich möchte auch ins Ferienlager.« »Pascha, bist du fertig? Dann lass uns gehen«, sagte Papa, ohne Tatiana eines Blickes zu würdigen. Für Mädchen gab es keine Ferienlager.
    »Ich habe

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