Die Liste
gaben sie sich als Holzfäller aus, und es war weithin bekannt, dass sie im Holzhandel gute Geschäfte machten.
Von der Landstraße in der Nähe des Flusses aus stachen die Gebäude der Padgitt Lumber Company auffällig genug ins Auge. Sie behaupteten, rechtschaffene Bürger zu sein, die brav ihre Steuern zahlten, und schickten ihre Kinder auf öffentliche Schulen.
In den Zwanziger- und Dreißigerjahren, während der Prohibition, konnten die Padgitts gar nicht genug Whiskey brennen, um den Durst der Nation zu stillen. Das illegale Getränk wurde in Eichenfässern über den Big Brown transportiert und mit Lastwagen in den Norden geschafft, bis hinauf nach Chicago. Zu jener Zeit war Clovis Padgitt, der älteste Sohn von Rudolph und der Hure, der Patriarch des Clans, ein geiziger, alter Recke, der sich als Chef der Whiskey-Sparte zugleich auch um Herstellung und Marketing kümmerte. Von Kindesbeinen an hatte man ihm eingebläut, die besten Profite seien die unversteuerten.
Das war Lektion Nummer eins. Die zweite verkündete die wunderbare Botschaft, Geschäfte seien ausschließlich gegen Bargeld abzuwickeln. Und Clovis war ein hartnäckiger Feind von Steuern und ein großer Liebhaber des Bargelds. Bald ging das Gerücht um, die Padgitts hätten mehr Geld als die Staatskasse von Mississippi.
Im Jahr 1938 setzten drei Steuerfahnder in einem gemieteten Flachboot über den Big Brown, um sich nach der Quelle von »Old Padgitt« umzusehen. Die geheime 31
Invasion der Insel krankte an mehreren Fehlern, doch der größte war die Idee selbst. Aus irgendeinem Grund hatten sie sich entschieden, um Mitternacht den Fluss zu überqueren. Sie wurden umgebracht und in tiefen Gräbern verscharrt.
1943 geschah in Ford County etwas Seltsames – ein ehrenhafter Mann wurde zum Sheriff gewählt, zum »High Sheriff«, wie er allgemein genannt wurde. Der Mann hieß Koonce Lantrip und war eigentlich gar nicht so ehrenhaft, aber mit Sicherheit ein guter Redner. Er schwor, die Korruption auszurotten, die Politik im County zu säubern und Alkoholschmugglern und Schwarzbrennern, inklusive der Padgitts, das Handwerk zu legen. Das machte sich gut, und Lantrip gewann die Wahl mit acht Stimmen Vorsprung.
Seine Anhänger warteten und warteten, und schließlich, sechs Monate nach Amtsantritt, scharte der Sheriff seine Deputys um sich und überquerte mit ihnen die einzige Brücke über den Big Brown, eine uralte Holzkonstruktion, die einst auf Clovis’ Drängen vom County errichtet worden war. Die Padgitts benutzten sie gelegentlich im Frühling, wenn der Fluss Hochwasser führte. Ansonsten war es niemandem gestattet, sie zu überqueren.
Zwei Deputys wurden durch Kopfschüsse getötet, Lantrips Leiche nie gefunden. Drei der in Diensten der Padgitts stehenden Schwarzen hatten ihn unter der Aufsicht von Buford, Clovis’ ältestem Sohn, am Rande eines Sumpfs begraben.
Wochenlang wurde in Mississippi über kaum etwas anderes als dieses Massaker geredet, und der Gouverneur drohte mit dem Einsatz der Nationalgarde. Aber es war die Zeit des Zweiten Weltkriegs, und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit war bald ganz durch die Invasion in der Normandie in Anspruch genommen. Damals war von der 32
Nationalgarde im eigenen Land ohnehin nicht viel übrig, und die kampftüchtigen Männer hatten wenig Interesse an einer Erstürmung von Padgitt Island. Auch sie fanden die Strände der Normandie einladender.
Als das noble Experiment mit dem ehrenhaften Sheriff hinter ihnen lag, beschlossen die anständigen Einwohner von Ford County, wieder einen Gesetzeshüter alter Schule zu wählen, einen gewissen Mackey Don Coley, dessen Vater in den Zwanzigerjahren ebenfalls High Sheriff gewesen war, als auf Padgitt Island noch Clovis das Regiment geführt hatte. Clovis und der ältere Coley hatten sich ziemlich nahe gestanden, und es war bekannt, dass der damalige Sheriff seinen Reichtum der Tatsache verdankte, dass er die Ausfuhr von Old Padgitt über die Grenzen des County bereitwillig zuließ. Als Mackey Don seine Kandidatur ankündigte, schickte Buford Padgitt ihm fünfzigtausend Dollar in bar. Er landete einen Erdrutschsieg, während sein Rivale nur seine Ehrenhaftigkeit feiern konnte.
Auch wenn es niemand laut sagte, in Mississippi war man der Meinung, ein guter Sheriff müsse selbst ein bisschen zwielichtig sein, um Gesetz und Ordnung aufrechterhalten zu können. Whiskey, Prostitution und Glücksspiel gehörten nun mal zum Leben, und ein guter Sheriff musste
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