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Die Ludwig-Verschwörung

Die Ludwig-Verschwörung

Titel: Die Ludwig-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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werden.
    »Mein Besuch dauert nicht lange. Das verspreche ich Ihnen«, sagte der Mann mit knarrender Stimme und musterte Steven durch seinen Kneifer. »Ich bin nur an sehr spezieller Literatur interessiert.«
    Plötzlich durchfuhr Steven ein leiser Schauder. »An welcher Art von Literatur denn?«, fragte er und lächelte matt. »Wenn Sie Ludwig Thoma oder Oskar Maria Graf suchen, dann …«
    »Ich interessiere mich für Augenzeugenberichte aus der Zeit von König Ludwig II.«, unterbrach ihn der Fremde. »Haben Sie so etwas, Herr …?«
    »Lukas. Steven Lukas.«
    Steven lächelte tapfer weiter, während er sich unter dem Blick seines Gegenübers zunehmend unwohler fühlte. Der Mann schien ihn mit seinen Augen förmlich abzutasten, so als misstraute er dem Antiquar aus irgendeinem Grund. Dann betrachtete er eingehend die Bücherregale. Er suchte ganz offensichtlich etwas.
    Augenzeugenberichte aus der Zeit von König Ludwig II. …
    Steven bemühte sich, ruhig zu bleiben und sich nichts anmerken zu lassen. Aber in ihm brodelte es. Konnte das wirklich ein Zufall sein, oder wusste der Fremde von den Fotografien? War er vielleicht wegen des Schatzkästchens da?
    »Sie zögern«, sagte der Mann und musterte ihn neugierig durch seinen Kneifer. »Offenbar haben Sie etwas.«
    »Nein, tut mir leid. So etwas führe ich nicht. Aber ich schreibe mir gerne Ihre Nummer auf. Wenn ich was reinkriege, meld ich mich.«
    Steven hatte die Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde gefasst. Der Fremde war ihm suspekt, sein ganzes Auftreten behagte ihm nicht. Es erinnerte ihn an das selbstgefällige Gehabe einiger bayerischer Politiker, die gewohnt waren, immer zu bekommen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatten.
    Aber von mir bekommst du nichts!
    »Wissen Sie sicher, dass Sie so etwas nicht haben?«, fragte der Mann im Trachtenanzug nach.
    »Ganz sicher. Soll ich jetzt Ihre Telefonnummer …«
    Der hagere Fremde lächelte schmal. »Das wird nicht nötig sein. Wir kommen wieder auf Sie zurück.« Er nickte zum Abschied, dann ging er nach draußen, wo es mittlerweile dunkel geworden war.
    Steven war, als hätte ein Eissturm den Laden betreten und alle Bücher mit Reif bedeckt. Fröstelnd trat er ans Schaufenster, doch der Mann war bereits verschwunden.
    Gegen die Scheiben prasselte feiner Regen.
    Nach einer Weile schüttelte Steven den Kopf und lachte leise in sich hinein. Was war nur mit ihm los? Zuerst dieser merkwürdige Schwindel, als er das Kästchen entdeckt hatte, und jetzt das! Er war doch sonst nicht so schreckhaft. Außerdem – es hatten schon weitaus schlimmere Kunden den Laden betreten, vor ein paar Jahren hatte ihm mal ein Betrunkener während des Oktoberfests in die Auslage gekotzt. Und unsympathische Typen im Trachtenanzug gab es in München eben nicht nur in der noblen Maximilianstraße.
    Nachdem er ein letztes Mal nach draußen auf die regennasse, von matten Laternen beschienene Straße geblickt hatte, ging er zurück ins Lager und holte das Kästchen noch einmal hervor. Kurz überkam ihn die seltsame Angst, sein Inhalt könnte plötzlich wie durch Zauberei verschwunden sein. Doch als er den Behälter öffnete, war noch alles da: die verblichenen Fotografien, die schwarze Haarlocke, das in blauem Samt gebundene und mit Elfenbeinschnitzereien verzierte Buch …
    Plötzlich fühlte er sich furchtbar müde und hungrig. Ihm fiel ein, dass er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Die Aufregung wegen des Grimm’schen Märchenbuchs, Frau Schultheiß und der Fremde, all das hatte ihn den Hunger vergessen lassen, doch jetzt meldete er sich mit aller Macht zurück. Steven beschloss, für heute Schluss zu machen und sich zu Hause eine große Portion Farfalle Primavera zusammen mit einer Flasche Wein zu gönnen. Während die Nudeln kochten, würde er sich dieses seltsame Tagebuch und die Fotografien noch mal genauer ansehen. Wenn die Bilder wirklich echt waren, käme das einer kleinen Sensation gleich. Steven kannte vom Hörensagen eine Menge Leute, die für solche Fotografien gutes Geld zahlen würden. Wenn es darum ging, ob er mit der illustrierten Ausgabe der Grimm’schen Hausmärchen oder mit diesen Fotos die nächste Miete zahlen musste, würde seine Wahl eindeutig auf die Fotos fallen.
    Befriedigt steckte er den kleinen Holzkasten in seine abgeschabte braune Ledermappe, warf sich den Dufflecoat über, verließ den Laden und sperrte hinter sich ab. Sofort schlugen ihm Wind und Nässe ins Gesicht, der leichte

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