Die Luna-Chroniken: Die Armee der Königin (German Edition)
unsere Soldaten brauchen. Aber wir haben uns dafür entschieden, die animalischeren Veränderungen nicht in die Wege zu leiten. Jedenfalls noch nicht.«
»Auch wenn wir die notwendigen Mutationen jederzeit vervollständigen können«, ergänzte die Ärztin.
»Aber … warum …?«
»Fünfhundert von euch Rekruten bekommen ein Spezialtraining. Du gehörst dazu. Aufgrund deiner Eignungstests vermuten wir, dass du Ihrer Majestät besser als in der Infanterie dienen kannst. Eine Einheit wird auf eine spezielle Aufgabe vorbereitet.« Er sah Z in die Augen. »Ob du zu dieser Einheit gehören wirst oder nicht, hängt einzig und allein von dem Eindruck ab, den du uns während deiner Ausbildung vermittelst.«
Der Thaumaturg hätte ihn nicht drohend ansehen müssen. Z wollte nie wieder auf einem Untersuchungstisch liegen. Nie wieder mit Nadeln gestochen werden. Doch was ihn vor allem anderen entsetzte, war die Vorstellung, mit fellbedecktem Gesicht und mit einem Blick aufzuwachen, in dem sich nichts Menschliches mehr spiegelte.
Die Königin brauchte noch andere Soldaten. Und er würde einer von ihnen sein.
Man behielt ihn noch vierundzwanzig Stunden dort, damit die Ärztin seine Genesung überwachen konnte. Was er für den Albtraum einer Nacht gehalten hatte, stellte sich als ein künstliches Koma von sechsundzwanzig Tagen heraus. So lange hatte er in einem schwerelosen Animationsbecken Operationen über sich ergehen lassen müssen und sich langsam an die genetischen Veränderungen gewöhnt. Sechsundzwanzig Tage Bewusstlosigkeit, in denen seine DNA mit der eines weißen Wolfes verschmolzen worden war und namenlose Ärzte ihn in ein Ungeheuer Ihrer Majestät verwandelt hatten. In der Zeit war die Sonne einmal auf- und wieder untergegangen. Nun war wieder eine lange Nacht in der Stadt Artemisia angebrochen.
Am nächsten Tag fand er einen Kleiderhaufen neben dem Bett – eine elastische braune Hose, ein schwarzes T-Shirt und robuste Stiefel. Alles saß wie angegossen.
Er hatte sich gerade fertig angezogen, als er roch, dass sich jemand näherte. Die durch seinen geschärften Geruchssinn verursachte Übelkeit hatte sich über Nacht gelegt, aber ihn überkam ein unbekanntes flaues Gefühl, als der Thaumaturg das Zimmer betrat.
Denn ihm fehlte ein Sinn.
Der Sinn zum Wahrnehmen der Bioenergie anderer, die er – wie alle Lunarier – manipulieren konnte.
Es schnürte ihm die Kehle zusammen. »Mit mir stimmt etwas nicht«, sagte er, bevor der Thaumaturg zu sprechen begann. »Meine Gabe. Irgendetwas … ist anders.«
Der Thaumaturg musterte ihn kurz, dann lächelte er freundlich. Zs Panik legte sich. »Ich weiß, was du meinst«, sagte er. »Das ist eine Nebenwirkung der Modifikationen. Wilde Tiere sind so anders als Menschen. Wir mussten deine Wahrnehmung von Bioelektrizität unterdrücken, weil deine lunarischen Instinkte sonst mit den wölfischen in Widerstreit geraten wären. Erschrick nicht – du bist ja nicht machtlos. Wir haben dir nur ein neues Werkzeug gegeben, mit dem du deine Gabe nutzen kannst. Und es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle deine Instinkte und Fertigkeiten voll zur Entfaltung gekommen sind, wenn du deinen Dienst antrittst.«
Z leckte sich vorsichtig die Lippen, um sich bloß nicht die Zunge an den messerscharfen Implantaten aufzuschlitzen. Er musste seine ganze Kraft aufbieten, um die wieder aufsteigende Übelkeit zu bekämpfen.
Sie hatten ihm seine lunarische Gabe genommen. Jetzt war er ungeschützt wie ein Erdbewohner und nutzlos wie eine Hülle. Und sie wollten ihn trotzdem als Soldaten einsetzen?
»Wir wurden einander gestern nicht richtig vorgestellt«, sagte der Thaumaturge. »Du wirst mich Meister Jael nennen. Und selbst auf den Namen Beta Kesley hören – bis sich dein Rang ändert. Gut, dass du dich schon angezogen hast. Fangen wir an.«
Meister Jael verließ den Raum und nach einem Moment des Zögerns folgte Z ihm.
»Das Übungsgelände für die zukünftigen Spezialagenten liegt unter Sektion acht«, erklärte ihm Meister Jael, als sie die Forschungseinrichtung verließen. Z warf einen flüchtigen Blick auf die glitzernden weißen Gebäude von Artemisia – der größten Stadt Lunas –, bevor Jael ihn zu den unterirdischen Lavaröhren führte. Dort stand Jaels Fahrzeug bereit. »Hier unten gibt es für jedes Rudel eine eigene Baracke, eine gemeinsame Mensa und verschiedene Trainingsräume, in denen du Aufstellungen und Kampftechniken erlernst. Hier wirst du um
Weitere Kostenlose Bücher