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Die Lutherverschwörung

Die Lutherverschwörung

Titel: Die Lutherverschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Born
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leuchtete auf den feuchten Schieferdächern, glitzerte in Tropfen, die an den Ziegeln hingen, und spiegelte sich in den Fenstern der Aula Major.
    Glaube versetzt Berge, wiederholte Wulf in Gedanken und betete zur Jungfrau, dass sie dort drüben endlich die Fenster öffneten. Es kam ihm vor, als könne er dies erzwingen durch seine Willenskraft. Mit dem Willen des Menschen hatte es eine wundersame Bewandtnis, er hatte einige Male erlebt, dass Dinge fürchterlich schiefliefen – und dann war es ihm durch eine immense Anstrengung seines Willens gelungen, die Sache hinzubiegen und in die richtige Richtung zu lenken. So musste es auch dieses Mal sein!
    Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die verdammten Fenster. Ich will, dass sie sie öffnen. Ich will, dass sie sie öffnen. Einer wird aufstehen und sie öffnen. Mein Wille, mein fester, mein unbeugsamer Wille bringt ihn dazu .
    Wulf öffnete die Augen; gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie eines der großen Fenster aufschwang. Er fühlte einen Stich in der Brust, wie sonst manchmal, wenn ihm eine traumhaft schöne Frau über den Weg lief: Es war nicht zu fassen, einfach unglaublich. Allerdings durfte er sich nicht zu früh freuen, denn bisher sah er nur den rechten Teil des Saals, die aufsteigenden Sitzreihen mit den Vertretern der Stände und Zuschauer vor den Wänden. Das nutzte ihm wenig. Es war wichtig, dass sich das mittlere Fenster öffnete. Stattdessen aber öffnete sich das linke – es kam ihm wie ein Katz-und-Maus-Spiel vor. Mein Gott, wenn sie das mittlere geschlossen lassen, werde ich wahnsinnig . Nun öffneten sich die beiden Flügel des mittleren Fensters – und da sah er sie alle: den Kaiser, einen bärtigen Mann neben dem Kaiser, die Kurfürsten, einen Mann hinter einem Tisch stehend und vor dem Tisch – Martin Luther. Er stand dort völlig schutzlos. Wulf legte die Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. Er war glücklich, einfach nur glücklich.
    Der Mann hinter dem Tisch redete und redete, während Luther zuhörte. Der Kaiser hielt den schräg geneigten Kopf auf die rechte Hand gestützt und schien der ganzen Verhandlung – so wirkte es zumindest aus der Ferne – keine große Begeisterung abzugewinnen.
    Aber alle Personen verblassten, und Wulf sah nur noch Luther. Die Entfernung war immens, aber er hatte breite Schultern und gab ein gutes Ziel ab. Er griff nach der Armbrust, die seitlich am Fass lehnte; diesmal würde es keine Vogelscheuche sein, auf die er zielte.
    Während der Trierer Offizial immer noch sprach und Luther scharf angriff, bemerkte Jost Unruhe am Eingang zum Saal. Die städtischen Wachen hielten einen Mann zurück, der mit Gewalt Einlass begehrte. Jost war sofort alarmiert. Er drängte sich durch die Reihen der an der Wand stehenden Zuschauer; diese protestierten und beschimpften ihn. Jost entging nicht, dass Luther zu ihm herüberschaute und sogar der Kaiser den Kopf hob und in seine Richtung blickte, aber da war er schon am Eingang. Zu seiner Überraschung entdeckte er, dass Herbert, einer seiner Männer, der Urheber des Tumults war. Er hatte ihn auf dem Marktplatz postiert, vor dem Geschlechterturm. Vier Wachen, zwei an jedem Arm, waren damit beschäftigt, ihn zu bändigen. Er solle diesen Verrückten befehlen, ihn loszulassen, rief er Jost zu. »Ich muss dringend mit dir reden.«
    Die Wachen kannten Jost und ließen Herbert auf sein Zeichen hin frei. Jost zog ihn nach draußen, und als sie etwas abseits standen, fragte er ihn, was los sei. Er wisse nicht, sagte Herbert, wie lange ihn diese Kerle aufgehalten hätten, es komme ihm wie eine Ewigkeit vor. Hoffentlich hätten sie nicht bereits zu viel Zeit verloren. Anna schicke ihn, sie behaupte, Wulf sei oben im Turm.
    »Das ist nicht möglich! Wie konntest du deinen Posten verlassen?!«
    »Sie war sich ihrer Sache ganz sicher!«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Das weiß ich nicht, beim Turm wahrscheinlich!«
    Von dort, wo sie standen, konnte Jost den Eingang zum Geschlechterturm nicht erkennen, weil die Marktstände ihm die Sicht versperrten. Die oberen Stockwerke des Turms allerdings konnte er sehen, die Seilwinde ganz oben und das Seil mit dem Eisenhaken. Genau in diesem Moment bewegte sich der oberste Laden und klappte langsam auf, Jost sah zunächst nur einen Arm, der ihn öffnete, dann kurz einen Kopf, der sofort wieder verschwand. Es war zu schnell gegangen, als dass er Genaueres hätte erkennen können, aber Jost verstand auch so.
    Er sah nahe beim Eingang zum

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