Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2
langsam. Die Piken treffen wieder zusammen. Bevor ich irgendetwas tun kann, beugt sich das einarmige Monster hinunter, schnappt sich Héctor und meinen Kasten und presst sie in seiner Faust zusammen.
»Nein!«, brülle ich. »Héctor!«
Als der Piken den leblosen Héctor und meinen Kasten in den See hinauswirft, bin ich so geschockt, dass ich nicht mal meine Telekinese anwenden kann, um sie vor dem Hinunterstürzen zu bewahren.
Nummer Sechs hat inzwischen den anderen Piken getötet. Jetzt dreht sie sich zu uns und hebt beide Hände über den Kopf. Ein massiver Blitz trennt den Kopf vom Rumpf des einarmigen Monsters.
Zum ersten Mal an diesem Tag ist es ganz still. Ich lehne mich an Nummer Sechs, sehe Ella und Crayton an und betrachte das Feuer und die Zerstörung um uns herum.
Ich weiß, dass solch ruhige Momente in meinem Leben wohl eher die Ausnahme bleiben werden.
»Dein Kasten, Marina«, sagt Crayton. »Du musst ihn holen.«
Ich drehe mich zu Nummer Sechs und umarme sie. »Danke. Vielen Dank, Nummer Sechs.«
»Ich bin sicher, dass wir das irgendwann bestimmt noch mal machen können«, sagt sie und legt mir einen Arm auf die Schultern. »Und nenn mich bitte einfach Sechs.«
»Ich bin Marina. Das sind Crayton und Ella. Sie ist Nummer Zehn.«
Ella tritt einen Schritt vor und schrumpft wieder zu ihrem sieben Jahre alten Körper zusammen. Dann reicht sie Sechs ihre kleine Hand. Sechs steht mit offenem Mund sprachlos da.
Während ich zum Wasser gehe, klärt Crayton Sechs über Ella und das zweite Raumschiff auf. Zum ersten Mal spüre ich die kühle Frische des Sees. Ich schwimme in die Mitte, tauche unter und lasse mich ganz tief hinuntersinken, bis es kein Licht mehr gibt und meine Füße den schlammigen Grund berühren. Ein paar Mal schwimme ich im Kreis, bevor ich den Kasten endlich entdecke. Ich ruckle an ihm, um ihn aus dem Schlamm herauszulösen. Dann paddele ich mit einem Arm zurück an die Oberfläche. Als das Wasser wieder blau wird, entdecke ich Héctors Leiche und lege meinen anderen Arm um seine Taille.
Ella und Crayton stehen mit Sechs zusammen am Ufer. Ich lasse den Kasten fallen und lege meine feuchten Hände auf Héctors Beine, Arme, den Nacken und den eingedrückten Rücken. Ich hoffe und bete, dass sich das eisige Kribbeln in meinen Fingern einstellt.
»Er ist tot.« Crayton legt mir seine Hände auf die Schultern.
Ich gebe nicht auf. Ich berühre Héctors Gesicht und hasse mich selbst, weil ich dasselbe nicht bei Adelina probiert habe. Ich fahre mit den Fingern durch sein graues Haar, lasse ihn sogar ein paar Zentimeter über den Boden schweben und versuche es dann noch mal. Aber es ist wahr. Er ist nicht mehr unter uns.
33
Ich schwebe über Gras, gleite über einen Fluss. Mir ist sterbenselend zumute. Alles tut weh. Jedes Mal, wenn ich die Augen öffne, werde ich entweder gerade über irgendeine Baumwurzel getragen oder einen steinigen Abhang hinaufgeschleppt. Um mich herum höre ich anhaltenden Lärm. Ich brauche ein paar Minuten, bevor mir klar wird, dass es Bernie Kosars Hufe sind. Ich liege auf seinem Rücken und wir bewegen uns schnell durch die Berge.
»Bist du wach?«, fragt Neun. Ich hebe den Kopf und sehe ihn hinter mir sitzen. Er hat beide Kästen unter den Armen.
»Ich weiß nicht, was ich bin«, sage ich und schließe die Augen. »Was … Was ist passiert?«
»Du bist genau in dieses blaue Ding hineingelaufen. Und das ist das Letzte, was du auf Erden, auf Lorien oder sonst wo erleben möchtest.« Er klingt angenervt, so als hätte ich ihm gerade die Geburtstagsparty versaut.
»Was ist mit Setrákus Ra?«
»Der Feigling hat sich irgendwo in dem Berg versteckt. Ich konnte keinen anderen Eingang finden. Und glaub mir, ich habe gesucht.«
Voller Panik ziehe ich mich an Bernie Kosars Mähne hoch. »Wo ist Sam?«
»Keine Chance, Vier. Dein Kumpel ist entweder tot oder hängt irgendwo kopfüber von der Decke herunter und starrt direkt in ein Messer.«
Ich muss mich übergeben. Bernie Kosar geht schnell in die Knie, sodass ich absteigen kann. Dann kommt es mir wieder hoch. Neun versucht mir zu erklären, dass die Übelkeit bald nachlassen wird, dass er es selbst schon ein paar Mal erlebt hat, als er versuchte, sich aus seiner Zelle zu befreien, und dass der Heilungsstein gegen die Auswirkungen des Kraftfelds anscheinend machtlos ist. Aber in meinem Kopf gibt es viel zu viele Bilder von Sam unter der Folter, als dass ich zuhören könnte. Meine Übelkeit ist meinem Verrat
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