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Die Macht des Amuletts

Die Macht des Amuletts

Titel: Die Macht des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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heiß sein. Im Morgenlicht leuchtete die Fassade von Stokesey Hall honighell, in den Glyzinenbüschen summten frühe Bienen. Das weiche Gras auf dem Rasen war mit Gänseblümchen übersät, die langen Schatten der Bäume streckten sich darüber. Alex trat hinaus ins Licht und versuchte sich zu wärmen. Die ganze Nacht hatte er im Sommerhaus gelegen, so weit wie möglich vom Jahrmarktfeld entfernt, und leise Flötentöne über den See wehen hören, verführerische Klänge, die an ihm zerrten, aber er war nicht hingegangen, er war zusammengekauert geblieben, schlaflos und krank vor Furcht und Sehnsucht. Jetzt war er müde und benommen und wusste, dass sie hinter ihm stand.»Sie haben mir erzählt, dass du zurück bist«, sagte sie. Er drehte sich um.
    Rowan saß auf einem heruntergefallenen Ast, ihre Knöchel waren im langen Gras versteckt. Sie pflückte einen Halm, kaute daran und beobachtete Alex aufmerksam. »Du hast deine magische Scheibe verloren.«
    Fast hätte er sich an den Hals gegriffen. Ohne die Scheibe fühlte er sich unbehaglich. Rowan sah aus wie immer, aber er wusste nur zu gut, was sie ihn sehen lassen konnte und was nicht.
    Er setzte sich neben sie.
    »Warum bist du zurückgekommen?«, fragte sie fast freundlich. »Wegen Mick?«
    Er strich sich mit beiden Händen das Haar aus der Stirn und vermied es, sie anzuschauen. »In gewisser Weise.« »Es ist zu spät.« »Wirklich?«
    »Oh ja. Du weißt, was es kostet, mit uns zu brechen. Möchtest du, dass er das alles durchmacht?« Er antwortete nicht. Selbst jetzt gab es Winkel in seiner Erinnerung, die er nicht aufsuchen konnte; heiße Ecken des Schmerzes, von denen er sich fern hielt.
    »Ich habe dich gehasst«, murmelte er.
    Sie lachte. »Hass und Liebe sind letzten Endes das Gleiche.« »Das stimmt nicht.«
    Sie rutschte vom Ast, kniete sich vor ihn ins Gras und schaute ihm ins Gesicht. »Aber doch.« »Wie willst du das wissen? Du kannst nicht fühlen.« Rowan lächelte. »Das stimmt nicht und du weißt es. Wir haben nur unsere eigene Art und Weise. Ich hatte dich sehr gern.«»Du hast mich umgebracht. Mich völlig fertig gemacht.«
    »Das war die Musik.« Sie kratzte sich die Wange, silberne Armbänder glitten zum Ellbogen hinunter. »Unsere Musik. Und unsere ist die beste. Wenn du sie einmal gehört hast, ist alles andere ein Dschungel aus Lärm. Ohne sie ist die Welt leer. Deshalb bist du zurückgekommen, Alex. Nicht wahr?« Lange konnte er nichts sagen, suchte nach Worten, bemühte sich, ruhig zu bleiben und außerhalb der Dunkelheit, die ihn bedrohte. Als er aufschaute, war sie gegangen, das Gras stellte sich langsam wieder auf und er war noch nicht einmal sicher, ob sie da gewesen war oder ob er mit sich selbst gesprochen und gestritten hatte, wie er es monatelang immer wieder Nacht für Nacht getan hatte.
    Er ging zum Springbrunnen, beugte sich vor und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Katie war immer noch verschwunden, sagte er sich, als er zum Haus hinaufschaute. Ein Fenster stand offen, ein rundes Fenster im obersten Geschoss, und einen Moment lang sah er eine junge blonde Frau herausschauen. Ihre Blicke trafen sich. Dann drehte sie sich um und war verschwunden.
    Alex trocknete sich unbeholfen das Gesicht mit dem Ärmel. Der Teich zeigte schimmernde Spiegelbilder, Sonnenstrahlen, Lichtflecken. Geblendet kniff er die Augen zusammen und riss sie gleich wieder auf: Etwas schaukelte da, ein Schatten, der in hellen Kreisen aufblitzte. Er schaute schnell zu der Statue hinauf und sah zu seiner Überraschung, dass in der ausgestreckten Hand des Gottes etwas pendelte, eine kleine runde Scheibe an einer Kette drehte sich im Wind. Verwirrt schwang er sich auf den Rand des Springbrunnens, nahm die Scheibe von Apollos Fingern und starrte sie an. »Wie hast du das bekommen?«, flüsterte er. Das steinerne Gesicht lächelte ihn still und blicklos an. »He! Was machen Sie da oben?«Ein Mann mit dünnem grauen Haar war mit einem Klemmbrett unter dem Arm aus dem Herrenhaus gekommen und lief über den Rasen.
    Alex sprang vom Brunnenrand und streifte die Kette über den Kopf. Der Mann kam auf ihn zu, er war leicht außer Atem. »Was machen Sie da? Sie sind vom Jahrmarkt, nicht wahr?«
    Alex nickte. Dann sagte er: »Sie sind Micks Vater.« Michael Carter sah resigniert aus. »Sie kennen ihn?« »Wir sind beide Musiker.« Der Wind blies Alex das Haar über die Augen; er strich es weg und sagte schonungslos: »Er ist in Schwierigkeiten. Sie wissen das, nicht

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