Die Magd von Fairbourne Hall
strahlte nicht auf. Wenn überhaupt, meinte sie allenfalls eine gewisse Wachsamkeit in seinen dunklen Augen zu erkennen – so kam es ihr in ihrer Unsicherheit jedenfalls vor. Du darfst nicht zu eifrig wirken , ermahnte sie sich. Ein Mann wie Lewis Upchurch war daran gewöhnt, dass verzweifelte Mädchen und ihre noch verzweifelteren Mütter sich an ihn heranmachten. Sie musste vorsichtig sein.
»Miss Macy«, grüßte er sie höflich.
Sie nickte, setzte ihr verführerischstes – so hoffte sie jedenfalls – Lächeln auf und wandte sich an seinen Freund. »Mr Saxby. Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht an mich, aber ich bin mit Ihrer Schwester Lavinia zur Schule gegangen.«
Piers Saxby, der ein paar Jahre älter war als Lewis, hatte ein etwas gewöhnliches Gesicht, was er jedoch durch die unübersehbare Aufmachung eines Dandys wettzumachen versuchte: elegante Kleidung, Lorgnon und Schnupftabakdose.
In den ausdruckslosen grauen Augen leuchtete Wiedererkennen, wenn nicht sogar Interesse auf. »Ah, Miss Macy, natürlich. Ich erinnere mich, dass Lavinia Ihren Namen erwähnt hat.« Er verneigte sich und Margaret machte einen Knicks, bei dem ihre weiblichen Kurven sehr vorteilhaft zur Geltung kamen. Hoffentlich sah Lewis zu.
Doch als sie wieder aufsah, sank ihr Mut. Lewis hatte seine Aufmerksamkeit bereits wieder der Frau neben sich zugewandt – einer außergewöhnlich schönen Frau, wie Margaret jetzt, als sie sie von Nahem sah, auffiel.
Lewis Upchurch, der ihren Blick spürte, räusperte sich und sagte pflichtschuldig: »Miss Macy. Haben Sie die reizende Miss Lyons schon kennengelernt?«
Margaret wandte sich an die eindrucksvolle Brünette. »Ich hatte noch nicht das Vergnügen.«
»Dann erlauben Sie bitte. Miss Barbara Lyons, darf ich Ihnen Miss Margaret Macy vorstellen? Ich glaube, Sie kennen Miss Macys Stiefvater, Sterling Benton?«
Die dunklen Augen der Frau funkelten. »Aber ja! Ein überaus gut aussehender Mann, und so charmant, finden Sie nicht auch, Miss Macy? Wenn er mein Stiefvater wäre, ginge ich überhaupt nicht mehr aus dem Haus.«
Margaret schluckte die hitzige Entgegnung herunter, die ihr auf der Zunge lag, und setzte ein falsches Lächeln auf. »Ich betrachte Mr Benton eigentlich nicht als meinen Stiefvater, da ich bereits erwachsen war, als er meine Mutter heiratete.«
»Da haben Sie recht, Miss Macy.« Barbara Lyons lächelte. »Ich an Ihrer Stelle würde ich einen solchen Mann ebenfalls nicht als meinen Stiefvater ansehen.«
Margaret schauderte bei der Anspielung.
»Wie sehr müssen Sie es genießen, in Mr Bentons schönem Haus am Berkeley Square zu leben«, fügte die Frau hinzu.
Margaret fiel auf, dass weder sie noch Saxby Anstalten machten, sich zu entfernen.
»Ehrlich gesagt, vermisse ich das Landleben«, antwortete sie. »Und wo kommen Sie her, Miss Lyons?«
»Sie müssen uns entschuldigen, Miss Macy«, unterbrach sie Lewis Upchurch. »Miss Lyons hat mir den nächsten Tanz versprochen und die Musiker treffen schon ihre Vorbereitungen.«
»Oh … natürlich.« Margaret zögerte und sah zu ihrer Bestürzung, dass erst ein einziger Musiker an seinen Platz zurückgekehrt war. »Äh – viel Vergnügen Ihnen beiden.« Sie knickste wieder und wandte sich ab.
Es war keine direkte Brüskierung, aber es kam dem gefährlich nahe. Mit flammend roten Wangen schritt sie zur Tür, sorgfältig darauf bedacht, nicht zu laufen, in der Hoffnung, dass keiner ihre demütigende Niederlage bemerkt hatte, auch Marcus Benton nicht.
Als die Tür des Ballsaals hinter ihr zufiel, eilte sie über den Gang in den Salon, der als Garderobe für die Damen fungierte. Dort fand sie ihre Freundin Emily Lathrop vor, die sich gerade ihren Mantel über die Schultern legte und ihren Pompadour über das behandschuhte Handgelenk streifte.
»Emily! Wie schön, dich zu sehen! Gehst du schon?«
»Ja. Mama hat Kopfschmerzen und möchte nach Hause.«
»Ich auch! Darf ich mit euch fahren?«
»Natürlich. Aber deine Familie wird doch sicher …?«
»Oh …«, Margaret versuchte, ganz beiläufig zu klingen, »die Bentons möchten eigentlich noch nicht gehen und ich will ihnen ungern den Abend verderben.«
Emily legte ihr die Hand auf den Arm und sah sie besorgt an. »Sie können dich nicht zwingen, ihn zu heiraten, das weißt du doch, oder?«
Margaret hob eine Braue. »Das können sie nicht? Ich werde dich noch an deine Worte erinnern.« Sie nahm ihren Schal und folgte ihrer Freundin auf den Gang.
Draußen hörten
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