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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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das einen Lederanzug trug, der wahrscheinlich anderthalbmal so viel wog wie sein Träger. Graue Haarbüschel wuchsen in kränklichen Flecken auf seinem Kopf. Falkin zuckte angeekelt zurück, aber das Geschöpf lachte.
    »Du musst keine Angst vor mir haben. Ich verstehe nicht, was nicht mit mir stimmt!« Seine Zähne waren mit gelblichem Schleim überzogen und der Verwesungsgestank, der ihm aus dem Mund drang, ließ Falkin übel werden.
    »Wenn du Geld willst, Bettler, dann solltest du besser meinen Arm loslassen.«
    Er beugte sich näher heran. Falkin wandte das Gesicht halb ab, um seinem Gestank zu entkommen.
    »Kein Geld für mich. Ich werde gut genug bezahlt. Also, wenn es dir nichts ausmacht, meinen Lohn zu verdienen« – er senkte die Stimme zu einem Flüstern -, »dann habe ich eine Botschaft, die du deinem Herrn ausrichten sollst.«
    »Meinem Herrn?«, fragte sie und lachte bei diesem Gedanken. »Redest du etwa von Binns?« Er war vielleicht ihr Kapitän, Anführer und Freund, aber doch wohl kaum ihr Herr.
    Der in Leder gehüllte Leichnam runzelte die Stirn. »Nicht so laut!« Er verstärkte seinen Griff um ihr Handgelenk und zog sie mit einem Ruck zu sich heran. »Du sagst ihm: Die Rose ist errötet, aber die Dornen sind rings um den Fuß des Berges gewachsen. Verstanden?«
    Sie starrte ihn fassungslos an. »Bist du betrunken? Was soll das denn heißen?«
    »Noch bin ich nicht betrunken, aber es bestehen durchaus Pläne, daran etwas zu ändern.« Der Herumtreiber ließ sie los. »Betrink du dich aber nicht, damit du nicht vergisst, was ich dir eben gesagt habe.« Er hob die langen, knochigen Finger an die Stirn, lüpfte eine imaginäre Kappe vor ihr und verlor sich in der Menge.
    Falkin starrte den Platz an, an dem er gestanden hatte, und hätte sich plötzlich ohrfeigen mögen. Wenn man in einer solchen Menschenmenge einem einzelnen Bettler so viel Beachtung schenkte, wie sie es getan hatte, war das eine todsicherer Methode, ausgeraubt zu werden. Obwohl sie ihren Geldbeutel mit einem besonderen Knoten festgebunden hatte, der, wie sie erprobt hatte, die meisten Taschendiebe abhielt, konnte die Klinge eines vorbeihuschenden Beutelschneiders gar nichts hemmen.
    Die Börse hing an ihrem Gürtel, und zwar noch immer schwer vor Münzen. Also war er kein Dieb gewesen. Sie schnaufte verzweifelt. Nur ein Strolch. Sicher hatte er sie mit Binns an Land kommen sehen und geglaubt, dass er ein Spielchen mit ihr spielen konnte. Sie grinste. Binns würde die Geschichte gefallen, wenn sie sie ihm heute Nacht bei einem Krug Bier erzählte.
    Falkin blieb am Karren eines Bäckers stehen und kaufte sich zwei Stücke Nusskuchen, die beide vor Honig trieften. Sie ließ ihn eines in mehrere Lagen Papier einschlagen und steckte es sich vorsichtig in die Tasche. An dem anderen knabberte sie, während sie weiterschlenderte und darauf achtete, sich nach jedem Bissen die Finger abzulecken. Es wäre jetzt nicht gut gewesen, hätte irgendein Händler herumgeschrien, dass sie sein Angebot mit honigverschmierten Fingern ruiniert hätte.
    Sie schluckte den letzten Bissen und seufzte, als er hinabglitt. So etwas Leckeres gibt es an Bord nicht , dachte sie. Dann drehte sie sich um und ging die Straße hinunter, auf Meister Jacks Waffenschmiede zu. Sie kannte Jack schon, seit sie noch in Camberlins Schenke bedient hatte. Er hatte sie immer anständig behandelt.
    Die Menge wurde dichter, Falkin kam langsamer voran. Sie sah sich um, behielt jeden scharf im Auge, der besonders nahe bei ihr stand, und verstärkte den Griff um den Geldbeutel an ihrer Seite.
    Aus dem Augenwinkel nahm sie ein rasches Flattern von Stoff wahr. Kein ungewöhnlicher Anblick auf einem Marktplatz, auf dem ständig Stoffballen ver- und gekauft wurden. Aber aus irgendeinem Grunde weckte diese Bewegung ihre Aufmerksamkeit. Sie hielt inne und starrte entsetzt hin.
    Das kann nicht sein , versuchte sie sich zu sagen. Aber da war er, so klar wie der Morgenhimmel. Der hübsche Kapitän des roten Geisterschiffes. So aus der Nähe sah er sogar noch weniger nach einem typischen Danisober aus. Zum einen war er zu gut gekleidet; seine Wangen wirkten kräftig gefärbt, was darauf hindeutete, dass er viel Zeit in der Sonne verbrachte. Magi zogen es vor, im Schatten ihrer Werkstätten zu bleiben, und wagten sich selten vor die Tür. Allerdings fuhren die Danisober auch nie zur See.
    Er stand auf der anderen Seite der Marktstraße; der Strom von Menschen trennte sie so gründlich, wie

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