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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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jeder echte Fluss es vermocht hätte. Doch irgendwie erkannte er sie unter den Hunderten von Leuten ringsum wieder. Er sah sie direkt an; ein sardonisches, halbes Grinsen ließ seinen Mund zucken und betonte seine scharf geschnittenen Wangenknochen. Er hob die Hand und berührte die Lippen vielsagend mit dem Finger, ebenso wie er es in der vergangenen Nacht getan hatte.
    Ihr Herz klopfte, als sei es ein verängstigter Vogel, der sich aus dem Käfig ihrer Rippen befreien wollte. Die Luft war plötzlich so stickig, schwer einzuatmen, und ihr drohte schon schwindelig zu werden. Das war ein Zauber, so musste es einfach sein. Sie hatte die ganze Zeit recht gehabt. Aber sie hatte keine Zeit mehr, sich dessen zu rühmen. So riss sie ihre Augen von den seinen los, leckte sich die trockenen Lippen und pfiff einen scharfen Ton in seine Richtung.
    Nadelstiche der Energie prickelten ihr die Arme entlang und weiter auf der Kopfhaut. Luft wirbelte um ihre Füße, brachte kleine Staubteufel hervor, die sich durch die Straße drehten. Falkin sog mehr Atem durch die Nase ein und pfiff noch einmal. Diesmal richtete sie ihre Aufmerksamkeit gezielt auf den Mann, der sie beobachtete.
    Ihr Wirbelwind wurde stärker und packte die losen Enden der beiden Stoffballen rechts und links von ihm. Leuchtend bunte Seidenbahnen schossen ihm vors Gesicht und schlangen sich wie kriechende Schlangen um seine Arme. Er stolperte rückwärts und versuchte sich zu befreien.
    Das war die Ablenkung, auf die sie gehofft hatte. Falkin begann sich durch die Menge zu drängen, kämpfte darum, in einen der steinernen Torbögen zu kommen, in die Schatten hinein und aus seinem Gesichtsfeld heraus. Wenn er sie nicht sehen konnte, würde es ihm schwerer fallen, noch mehr böse Magie gegen sie zu wirken.
    Sie ignorierte das Gegrummel und den Protest der anderen Leute ringsum, schaffte es, zwischen den Körpern hindurchzuschlüpfen, und erreichte endlich die Zuflucht des etwas weniger überlaufenen steinernen Markthauses. Sie blinzelte zwar in dem veränderten Licht, wagte es aber, sich umzusehen. Der Menschenstrom hatte sich wieder geschlossen, bewegte sich ruckartig und ebenso plötzlich wie vorher. Der Mann war nirgendwo zu sehen.
    »Wie wäre es mit frischen Rüben, meine Dame?«
    Falkin sackte das Herz in die Hose, als sie die unerwartete Stimme hörte. Sie drehte sich um, die Hand auf dem Degengriff. Ein Mann mit ganz gewöhnlichem Gesicht lächelte sie an. Er trug eine locker sitzende, graubraune Hose und darüber eine langärmelige, gegürtete Tunika. Dann wies er mit einer Hand auf den Gemüsestand hinter sich. »Das sind die besten Früchte, die Ihr heute auch nur irgendwo sehen werdet.«
    »Tut mir leid. Ich kaufe nichts.« Sie warf einen weiteren Blick auf die Straße hinaus.
    »Sucht Ihr jemanden? Ihr habt doch nicht etwa Euer Kind verloren, nicht wahr?« Der Mann blieb hartnäckig, aber das waren ja die meisten Händler.
    »Mir geht es gut«, sagte sie. »Viel Erfolg noch mit Eurem Stand.« Die Stoffballen schienen zur Ruhe gekommen zu sein, aber der Mann war fort. Nun wurde es Zeit, dass sie sich ebenfalls davonmachte. Sie eilte die schattige Passage entlang, so schnell sie konnte. Sie würde Jack besuchen, sie würde kaufen, was sie benötigte, und dann wollte sie zu Camberlins Schenke gehen. Wenn es irgendjemanden gab, der ihr erzählen konnte, wer der geheimnisvolle Mann war, dann war dies gewiss Olympia Camberlin.

Kapitel 4
     

     
    Die Rätselmär, wo ordnet man sie ein? 7 . Scherz oder Traum? Sollt’ sie historisch sein?
    Samuel Taylor Coleridge
     
     
     
    UNBESCHADET ERREICHTE FALKIN Jacks Schmiede, trotz des unheimlichen Gefühls, beobachtet zu werden, das ihr den ganzen Weg über das Rückgrat verkrümmte. Sobald sie in der Waffenschmiede war, verbrachte sie eine entspannende Stunde damit, gemeinsam mit Jack darüber zu sprechen, was sie brauchte und wie viel sie dafür zu zahlen bereit war. Schließlich ließ sie drei Octavos als Anzahlung auf einen neuen Dolch da, der für die linke Hand geeignet sein sollte, eine kurze Klinge, die dazu diente, beidhändig zu kämpfen. Er sollte so ausbalanciert sein, dass er perfekt auf ihren Kampfstil abgestimmt war. Jack versicherte ihr, dass er wenn nötig die Nacht durcharbeiten würde, um ihn bis zum Sonnenuntergang des folgenden Tages für sie angefertigt zu haben.
    Dann war es schon kurz nach Mittag, und Falkin knurrte der Magen. Sie verschwendete einen Gedanken auf das eingewickelte Kuchenstück

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