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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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demselben dunklen Holz gefertigt war. Sitzfläche, Rückenlehne und Armlehnen waren mit blutrotem Samt bespannt, und ähnliche Schnitzereien tanzten über die freiliegenden Teile.
    Olympia Camberlin ruhte in ihrem Thron auf der Theke, ein Getränk in der Hand und einen zufriedenen Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht. Ihre zierlich überkreuzten Füße ragten unter mehreren Lagen von Röcken hervor. Ihr langes, kastanienbraunes Haar, das von silbernen Strähnen durchzogen war, die in keiner Weise von ihren Reizen ablenkten, fiel ihr in seidigen Wellen über die entblößten Schultern; ihr Hemd war wie immer sehr tief herabgezogen, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Mit ihrem hölzernen Becher schlug sie den Takt zur Musik, aber ihre Augen waren schläfrig, und sie hatte noch nicht einmal einen flüchtigen Blick zur Tür geworfen.
    Olympia war einst ein Mädchen vom Lande gewesen, die Tochter eines Bauern auf MelaDoana, bis dann ihr strahlendes Lächeln und ihr eng geschnürtes Mieder Forbert Camberlin, dem Gutsherrn, nicht nur ins Auge gestochen waren, sondern ihn gleich noch bewogen hatten, ihr die Hand zum Ehebund zu reichen. Als er gestorben war, hatte er ihr ein beträchtliches Vermögen und eine Schar rachsüchtiger Möchtegernerben hinterlassen. Olympia hatte daraufhin den Landbesitz verkauft, war nach Eldraga gezogen, hatte ihre erfolgreiche Schenke eröffnet und seitdem ein glückliches Leben geführt. Sie war Falkins Retterin gewesen, als der Kapitän der Candela sie an Land gesetzt hatte.
    Damals hatte Falkin – als Junge verkleidet – auf dem Handelsschiff Candela angeheuert. Als der Maat ihr Geheimnis herausgefunden hatte, hatte er sie vor die Wahl gestellt, ihm entweder das Bett zu wärmen oder den Haien vorgeworfen zu werden. Sie hatte so getan, als ginge sie auf sein Angebot ein – und hatte sich von ihm in seine kleine Kajüte bugsieren lassen. Aber sobald er die Hose bis zu den Knöcheln heruntergelassen hatte, hatte sie ihm das Knie in die Männlichkeit gerammt und ihm mit der Faust einen Kinnhaken verpasst. Auf das Geheul des Maats hin war die Wache angerannt gekommen. Bevor Falkin gewusst hatte, wie ihr geschah, hatte sie schon in der Kajüte des Kapitäns gestanden und eine Strafpredigt über sich ergehen lassen müssen.
    Frauen an Bord eines Schiffes brachten angeblich Unglück. Sogar weiblichen Passagieren wurde an allem die Schuld gegeben, von plötzlichen Stürmen bis hin zu madenverseuchtem Zwieback. Kein Händler ließ jemals einen weiblichen Matrosen anheuern. Obwohl es Falkin gelungen war, ihren Anteil der Arbeit auch gut zu tun, hatte der Kapitän der Candela keine Ausnahme machen wollen. Er hatte sie an Land gesetzt, sobald sie Eldraga erreicht hatten. Die Geschichte hatte sich dann wie ein Lauffeuer unter den Mannschaften der vor Anker liegenden Schiffe verbreitet und so ihre Chancen zunichtegemacht, an Bord irgendeines anderen Handelsschiffes Arbeit zu finden.
    Sie hatte bereits alles bis auf ein paar letzte Münzen ausgegeben, als sie Olympia Camberlin getroffen hatte. Da sie keine anderen Aussichten mehr gehabt hatte, war Falkin zu einem Schluss gekommen, der ihr den Magen umgedreht hatte: Es hatte nur noch eines gegeben, was sie verkaufen konnte. Deshalb hatte sie eine Audienz bei der Bordellwirtin von Camberlins Schenke verlangt und um Arbeit gefleht. Olympia, vielleicht weil sie das Meerwasser in Falkins Adern erkannt hatte, hatte sich jedoch geweigert, sie die Beine breitmachen zu lassen. Stattdessen hatte sie Falkin angestellt, um hinter der Theke zu arbeiten. Es war eine gerechte Abmachung gewesen, die Falkin vor dem Verhungern gerettet hatte. Und sie versäumte nie eine Gelegenheit, ihre Dankbarkeit zu zeigen.
    Jetzt schob sie sich zur rechten Wand hinüber und schlich so daran entlang, dass sie außerhalb von Olivias direktem Gesichtsfeld blieb. Sie blieb ein paar Fuß entfernt stehen, hockte sich hin, zog ein kleines Paket aus ihrem Beutel und steckte es in die Hosentasche. Es war der Nuss- und Honigkuchen, den sie hervorzog, dann wickelte sie ihn aus und legte ihn auf ihre Handfläche.
    »Huiuiui«, sagte sie und richtete sich wieder auf. »Schaut euch nur diese Leckerei an, die ich von weither aus der Stadt für Frau Camberlin mitgebracht habe. Und sie schenkt mir noch nicht einmal einen Blick! Ich meine, dann werde ich das hier selbst aufessen müssen …«
    Olympias Kopf ruckte herum. Ihre Augen wurden aufmerksam, ihr Körper straffte sich. »Kin!«,

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