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Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seitdem immer in meinen Gedanken, war es ein fernes, ideales Bild einer liebenswerten Frau. Ich wußte: Sie ist blond, sie ist groß und stattlich, sie hat ein altes westfälisches kerniges Erbe in sich, ist gesund, rein, ein Produkt vieler Generationen. Und nun kann ich sie plötzlich wiedersehen. Vater, was meinst du, was rätst du mir: Soll ich hingehen?«
    Paul Sanke, der Verwalter des großen Gutes, ein Mann, dessen Beine fest in der Erde verwurzelt waren, wiegte zweifelnd den grauhaarigen Kopf. Bevor er antwortete, kippte er ein Gläschen Korn. Seine blauen Augen blickten kritisch auf seinen Sohn.
    »Zu raten ist da wenig, Herbert. Du bist alt genug. Ich weiß nur, daß ein Wiedersehen nach Jahren meistens eine Enttäuschung ist.«
    »Brigitte Borgfeldt ist jung, Vater, 24 Jahre erst. Da kann ein Mensch keine Enttäuschung sein. Da ist er reifer, schöner … vollendeter geworden.«
    »Kann sein, muß aber nicht sein.« Paul Sanke stopfte sich eine Pfeife und zündete sie bedächtig an. Dann paffte er einige dicke Qualmwolken vor sich hin und blickte sinnend in den langsam zerfließenden, zähen Rauch. Er ist ein Philosoph, dachte in diesem Augenblick Herbert Sanke. Ein Philosoph des praktischen Lebens. Ein alter Bauer, der aus dem Schoß der Erde seine Kraft zieht.
    »Zwei Jahre«, sagte Paul Sanke, »sind für ein junges Mädchen viel. Sie können eine neue Welt für sie mit sich gebracht haben. Auf alle Fälle wird sie in diesen beiden Jahren menschlich anders geworden sein. Ein Mann wächst langsam in sein Leben hinein wie eine Eiche, die ihre Zeit braucht. Ein Mädchen springt ins Leben, verstehst du? Ihre Seele ist ihr Leben, und oft genügt nur eine Stunde, Seele, Sinn und Leben zu verwandeln. Welch großer Zeitraum sind zwei, drei Jahre für ein Mädchen! Sie kann in einer Stunde fallen – oder aufwärts steigen …«
    Herbert Sanke sah sinnend vor sich hin. Er suchte in seinem Inneren eine Antwort und fand sie nicht. Er fühlte Zweifel in sich aufsteigen und kämpfte gegen dieses Gefühl an mit der Macht seines Glaubens an seine Ideale. Das leise Summen des Wasserkessels auf dem Herd beruhigte ihn wieder. Die Stille in der großen Bauernstube war wohltuend.
    »Brigitte Borgfeldt ist Lehrerin«, sagte er nach einer Weile. »Ihr Lebenskreis ist fest umrissen. Ich kenne das Leben eines Lehrers, ich habe Hunderte von Schulen besucht, ich weiß, daß ein Lehrer seinen Schülern Beispiel sein muß. Ich habe auch ihre Schwester und ihren Schwager Heinz Konradi kennengelernt, einen Privatgelehrten und Schriftsteller. Scheint mir ein Menschenverächter und Genußmensch in einer Person zu sein. Auf der einen Seite Zyniker, auf der anderen unheilbarer Idealist. Und seine Frau, Brigitte Borgfeldts Schwester: realistisch, fraulich, pflichtbewußt, ausgestattet mit dem Verstand und der Energie fast eines Mannes und doch auch mit all den kleinen, niedlichen, verzeihlichen Schwächen einer typischen Frau. Nein, Vater, wenn Brigitte in diesen Kreis eingebunden ist, glaube ich an keine Enttäuschung.«
    »Du liebst dieses Mädchen?« fragte der Alte lächelnd.
    »Liebe?« Herbert Sanke zuckte mit den Schultern. Was ist Liebe überhaupt, dachte er plötzlich. Das Küssen eines Mädchens? Das Hinnehmen eines zitternden Körpers? Ist das Liebe? Oder ist es der stille Wunsch, ständig den einen Menschen um sich zu haben, immer, ein ganzes Leben lang – nur den einen Menschen?
    »Ich weiß nicht, ob ich sie liebe, Vater«, sagte er langsam. »Ich weiß überhaupt nichts. Ich weiß nur, daß ich sie wiedersehen muß.«
    Der alte Sanke nickte. Seine Pfeife qualmte fett. Der Wasserkessel sang.
    »Ich schütte uns einen Tee auf«, meinte er behäbig. »Wir wollen uns darüber noch etwas unterhalten. Wenn du sagst, ich muß sie wiedersehen, dann sollte man schon meinen, daß das Schicksal ein Wort gesprochen hat.« Er schob seinem Sohn ein Glas Korn hin und nickte. »Da, trink erst einmal, Herbert.«
    Laut tickte die alte Uhr in der Stille. In dem Kupferkessel brodelte das Wasser.
    Und erst gegen Morgen verlöschte das Licht hinter den kleinen Fenstern der Bauernstube.
    Am nächsten Morgen kam mit der Eisenbahn Brigitte Borgfeldt.
    Frisch, jung und mit lachenden Augen sprang sie aus dem Waggon, fiel ihrer Schwester um den Hals und begrüßte ihren Schwager mit herzlichem Handschlag. Ihre Fröhlichkeit und unbeschwerte Lebenslust verjagten eine als Begrüßung erdachte, gesetzte kleine Rede Heinz Konradis, der sich statt dessen

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