Die Mayfair-Hexen
Mächtigen sollten sofort zusammengeführt werden. Man muß die Computerdateien durchgehen; alle, die die Doppelhelix haben, müssen sich auf der Stelle paaren, bis das numerische Verhältnis mindestens, mindestens gleichmäßig ist, und dann werden wir Seite an Seite… Mutter, ich muß jetzt arbeiten. Ich muß wieder in den Mayfair-Computer.«
»Mach halblang«, sagte Mary Jane.
»Was denkst und fühlst du?« wollte Morrigan wissen und schaute Rowan an.
»Du wirst unsere Bräuche erlernen müssen, und vielleicht wirst du eines Tages herausfinden, daß es auch deine Bräuche sind. In unserer Welt wird niemand veranlaßt, sich zu paaren. Numerische Verhältnisse sind nicht unsere Stärke. Aber das wirst du schon noch sehen. Wir werden dich lehren, und du wirst uns lehren.«
»Und ihr werdet mir nichts tun.«
»Das können wir nicht. Und wir würden es nicht«, sagte Rowan. »Wir wollen es nicht.«
»Und der Mann. Der Mann, der euch seinen Geruch mitgegeben hat. Ist er auch allein?«
Rowan zögerte und nickte dann.
Morrigan hob den Kopf und schaute Michael in die Augen.
»Ganz allein, wie ich?«
»Mehr«, sagte Michael. »Du hast uns, deine Familie.«
Sie sprang auf und vollführte mit fliegenden Haaren mehrere Pirouetten, während sie das Zimmer durchquerte; ihre Taftröcke raschelten und warfen das Licht in rasant fließendem Aufblitzen zurück.
»Ich kann warten. Ich kann auf ihn warten. Ich kann warten. Nur, sagt es ihm, bitte. Ich überlasse es euch, ich überlasse es dem Stamm. Komm, Dolly Jean. Komm, Mona, es ist Zeit zum Tanzen. Mary Jane, möchtest du? Rowan und Michael, ich will tanzen!«
Sie hob die Arme über den Kopf und drehte und drehte sich im Kreis; ihr Kopf fiel in den Nacken, und das Haar hing lang herunter. Sie summte ein Lied, sanft, eines, das Michael schon einmal gehört hatte; vielleicht hatte Tessa es gesungen. Oder Ash – er hatte dieses Lied gesummt. Ash, der es ihnen nie, nie verzeihen würde, wenn sie ihm dieses Geheimnis vorenthielten, ihm, dem weltenmüden Wanderer.
Sie fiel neben Rowan auf die Knie. Die beiden jungen Frauen erstarrten, aber Mona winkte Mary Jane, sie solle abwarten.
Rowan tat gar nichts. Sie umschlang ihre Knie mit verschränkten Händen. Sie rührte sich nicht, als die geschmeidige, stumme Gestalt sehr nah an sie herankam, als Morrigan an ihren Wangen schnupperte, ihrem Hals, ihrem Haar. Darm drehte Rowan sich langsam um und schaute ihr ins Gesicht.
Kein Mensch, nein, lieber Gott, ganz und gar kein Mensch. Aber was ist sie dann?
Ruhig und gefaßt ließ Rowan nicht erkennen, daß sie von ihrem Gegenüber vielleicht genau das gleiche dachte. Aber ohne Zweifel spürte sie so etwas wie Gefahr.
»Ich kann warten«, sagte Morrigan leise. »Schreibt ihn in Stein, seinen Namen, und wo er ist. Schnitzt es in den Stamm der Eiche über dem Grab. Schreib es irgendwohin. Haltet es fern von mir, aber behaltet es, behaltet es, bis die Zeit gekommen ist. Ich kann warten.«
Und sie wich zurück und verließ mit den gleichen Pirouetten das Zimmer; sie summte bei sich, und das Summen wurde höher und höher, bis es ein Pfeifen war.
»Na, ich will mal lieber auf sie aufpassen«, sagte Mary Jane und lief hinaus. »Bevor sie wieder in voller Montur in den Swimmingpool springt oder sich da hinten ins Gras legt und versucht, die zwei Leichen zu riechen.«
Mona seufzte.
»Und – was hat die Mutter dem Vater zu sagen?« fragte Michael.
Mona dachte lange nach. »Aufpassen«, sagte sie. »Aufpassen und abwarten.« Sie sah Rowan an. »Ich weiß jetzt, warum du getan hast, was du getan hast.«
»Ja?« fragte Rowan leise.
»Ja«, sagte Mona. »Ja, ich weiß es.« Langsam stand sie auf. Sie wollte schon hinausgehen, als sie sich plötzlich noch einmal umdrehte. »Damit meinte ich nicht… ich meinte nicht, daß es okay ist, ihr etwas anzutun.«
»Das wissen wir«, sagte Michael. »Und sie ist auch meine Tochter, vergiß das nicht.«
Mona schaute zu ihm auf, hin und her gerissen, hilflos, als gäbe es tausend Dinge, die sie sagen, fragen, erklären wollte. Dann schüttelte sie nur den Kopf, wandte sich ab und ging leise zur Tür. Ganz zum Schluß sah sie sich noch einmal um, und ihr Gesicht war ein hell aufstrahlendes Licht voller Gefühl. Das kleine Mädchen mit dem Frauenkörper unter dem aufwendigen Kleid.
»Ich kann ihn auch riechen, diesen Geruch«, sagte Mona. »Ein lebender Mann. Könnt ihr das nicht abwaschen? Schrubbt es mit Seife runter. Vielleicht beruhigt sie
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