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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und jung und ihn suchte?
    Er hörte, wie das Glas zerbrach. Er hörte ihren Schrei und sah stumm, betäubt und überwältigt, wie sie ihm entgegenrannte.
    »Ashlar!« rief sie mit dieser hohen, dünnen Stimme, und dann strömten Worte hervor, die nur er hören konnte, und sie sang vom Kreis und von den Erinnerungen, und sie sang von ihm.
    Rowan war an den Rand der Veranda getreten. Michael war auch da.
    Aber das war vorbei, und all seine Verpflichtungen ebenfalls.
    Sie kam übers nasse Gras.
    Sie flog ihm in die Arme, und ihr rotes Haar umhüllte ihn. Scherben und Splitter von funkelndem Glas fielen von ihr ab. Er drückte sie an sich, ihre Brüste, ihre warmen, pochenden Brüste, und seine Hand glitt unter ihren Röcken hinauf zu ihrem warmen Geschlecht, der lebendigen Falte, naß und heiß für ihn, während sie stöhnte und seine Tränen ableckte.
    »Ashlar, Ashlar!«
    »Du kennst meinen Namen!« flüsterte er und küßte sie rauh. Wie konnte es sein, daß er ihr nicht hier und jetzt die Kleider vom Leibe riß?
    Sie war keine, die er je gekannt hatte oder an die er sich erinnerte. Sie war nicht Janet, die in den Flammen gestorben war. Sie brauchte es auch nicht zu sein. Sie war sie selbst, seinesgleichen, seine flehende, bettelnde Liebe.
    Und sieh nur! Wie still sie dastanden und ihn beobachteten, seine Hexen! Andere waren jetzt auch auf die Veranda gekommen, Hexen allesamt! Sieh sie nur an! Keinen Finger rührten sie, um sich zwischen ihn und sie zu stellen, um ihn zu trennen von der kostbaren Frau, die sich in seine Arme geflüchtet hatte. Michaels Gesicht zeigte Ratlosigkeit, und Rowan… was war es, was sah er da im Licht – war es Resignation?
    Er wollte ihr sagen, es tut mir leid. Ich muß sie mitnehmen. Das wißt ihr. Es tut mir leid. Ich bin nicht hergekommen, um sie zu holen. Ich bin nicht hergekommen, um mein Urteil zu fällen und zu rauben. Ich bin nicht hergekommen, um dies zu entdecken und dann meine Liebe zurückzuhalten.
    Sie verzehrte ihn mit ihren Küssen. Und ihre Brüste, ihre zarten, vollen Brüste… Aber wer war da jetzt gekommen, war auf den Steinplatten herangelaufen, war das die rothaarige Hexe, Mona?
    »Morrigan!«
    »Ich gehe jetzt fort, Mutter, ich gehe fort.« So schnell sang sie die Worte – wie konnten sie es verstehen? Aber ihm genügte es; er hob sie hoch, und als er loslief, sah er, wie Michael die Hand zum Abschied hob, in jener knappen, einfachen Geste, die ihm erlaubte, sich zu entfernen, und er sah auch, wie seine schöne Rowan mit dem Kopf nickte. Die kleine Hexe Mona kreischte nur!
    Er eilte mit seiner Schönheit durch die Dunkelheit; ihre langen, leichten Glieder waren keine Last beim Laufen, und er lief über den dunklen Rasen, über Steinwege und durch einen weiteren dunklen, duftenden Garten. Feucht und dicht wie die uralten Wälder.
    »Du bist es, du bist es. Oh, und der Duft auf den Geschenken, er hat mich wahnsinnig gemacht.«
    Er setzte sich auf die Mauerkrone, flankte hinüber und nahm sie auf der dunklen, leeren Straße herunter. Es war kaum zu ertragen. Er griff mit vollen Händen in ihr Haar und zog ihren Kopf nach hinten, und seine Lippen wanderten an ihrem Hals herunter.
    »Ashlar, nicht hier!« rief sie, obgleich sie weich und fügsam in seinen Armen lag. »Im Glen, Ashlar, im Glen, im Steinkreis von Donnelaith. Er steht noch, ich weiß es, ich kann ihn sehen!«
    Ja, ja, und er wußte nicht, wie er die langen Stunden des Transatlantikfluges überstehen sollte, eingehüllt mit ihr im Dunkeln. Aber er durfte ihre zarten Brustwarzen nicht verletzen, durfte die feine, leuchtende Haut nicht zerreißen.
    Er nahm sie bei der Hand und lief, und sie blieb an seiner Seite mit langen, jugendlichen Schritten.
    Ja, ins Glen.
    »Meine Geliebte«, flüsterte er und warf noch einen Blick zurück zum Haus, das da so dunkel und massiv emporragte, voller Geheimnisse, Hexen, Magie. Wo die Bru alles beobachtet. Wo das Buch wohnt. »Meine Braut«, sagte er und zerdrückte sie schier an seiner Brust. »Meine neugeborene Braut.«
    Ihre Schritte hallten auf dem Pflaster, und dann hob er sie wieder auf und rannte schneller, als sie zusammen rennen konnten.
    Janets Stimme kam zu ihm aus der Höhle. Alte Verse, vermischt mit Angst und Reue, und Schädel, die im Dunkeln schimmerten.
    Und die Erinnerung ist nicht länger Ansporn, nicht länger Gedanke, nicht länger der Geist, der Ordnung bringt in die ganze machtvolle Bürde unseres Lebens, unseres Scheiterns, Versagens, der Augenblicke

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