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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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sie zu säubern. Wenig später erklang das Geräusch von Teppichklopfern, während dicke Staubwolken über den Hof wehten.
    Katharine Marx stand auf der Treppe, die mit einem funkelnagelneuen roten Läufer belegt worden war. In befehlsgewohntem Ton gab sie ihre Anweisungen. Um ihren Kopf trug sie noch einen Verband, und zuweilen klagte sie über Schmerzen im Nacken. Der Sturz auf der Treppe ihres Hauses hatte ihr Beulen und Prellungen eingebracht, aber nichts Ernstes. Henrika war dankbar, dass ihre Tante mit dem Schrecken davongekommen war. Anna hatte sie gezwungen, Henrika mit einem Brief auf das Landgut zu locken. Danach war sie gefesselt und geknebelt zurückgelassen worden.
    «Ich hätte nie für möglich gehalten, dass der alte Besitz wieder aufblühen könnte», sagte Katharine Marx, als sie mit einem breiten Lächeln zu ihrer Nichte trat. «Aber seit du nach Hause zurückgekehrt bist, scheint selbst das Unkraut nicht mehr so rasch zu wuchern wie bisher. Es ist, als ob alles in deiner Nähe zu neuem Leben auferstehen möchte.»
    «Sagt das nicht zu laut», wehrte Henrika erschrocken ab. Aber die gute Laune ihrer Tante wirkte ansteckend. Sie freute sich ja selbst über die Veränderungen, die ein paar Kübel Wasser und Scheuersand, frische Farbe und ein geschickter Zimmermeister im Gutshaus zuwege gebracht hatten. Andererseits fragte sie sich, ob Katharine Marx mit ihrer Bemerkung, sie sei nach Hause gekommen, wirklich richtiglag. Noch war das Anwesen für sie nicht mehr als eine Ansammlung von Steinen und Holz, zwischen denen fremde Menschen wie Bienen umherschwirrten. Ein richtiges Heim, fand sie, brauchte eine Seele und ein Herz, und ob es ihr gelingen würde, dem einsamen Haus beides zu geben, stand in den Sternen.
    Ihre Verwandten bestanden natürlich darauf, dass sie in Flandern blieb, was nach den vielen Jahren der Trennung und Ungewissheit durchaus verständlich war.
    «Ihr sollt den Wandbehang vom Staub befreien, aber nicht in Fetzen schlagen», rief Katharine Marx den Mägden auf dem Hof zu. «Keinen Moment kann man euch aus den Augen lassen.»
    Während die ältere Frau mit einer Entschuldigung auf den Lippen zur Tür eilte, stieg Henrika die Treppe hinauf und suchte den Raum, den sich David als Quartier ausgesucht hatte. Die geräumige Kammer lag jener gegenüber, in die Laurenz sie gesperrt hatte, besaß aber zu ihrer Erleichterung ein unvergittertes Fenster. Trotzdem verspürte Henrika Unbehagen, als sie den Raum betrat. Die bangen Stunden, die sie als Gefangene in Todesangst verbracht hatte, lasteten noch schwer auf ihr.
    David saß am Tisch und bemerkte sie nicht. Erst als sie ihn sanft an der Schulter berührte, drehte er sich lächelnd um, nahm ihre Hand und küsste sie zärtlich.
    «Du bist schon zurück aus Antwerpen?», fragte er munter.
    Henrika nickte. Sie hatte den jungen Mann lange nicht mehr so befreit und fröhlich gesehen. Genau genommen hatte sie ihn noch nie so fröhlich erlebt und wunderte sich, wie sehr er sich hier, fernab von Straßburg, veränderte. Seine Augen blitzten geradezu übermütig, als er sie auf seinen Schoß zog und ihr die Briefe zeigte, die er geschrieben hatte. Sie ahnte, dass er sich vorstellen konnte, hier draußen zu leben. Inmitten von kleinen Dörfchen, Wäldern und einem Netz aus Bächen, die im Herbst über ihre Ufer traten und die Felder überschwemmten.
    Warum also zögerte sie noch? Vermisste sie Straßburg mehr als David, der dort geboren und aufgewachsen war?
    «Mein Onkel hat mich durch die Stadt geführt, bis mir die Füße wehtaten», antwortete sie schließlich. «Danach stellte er mir einen Pfefferhändler, einen Maler und eine hübsche Dame vor, mit der er sich vermutlich bald verloben wird. Ist das nicht aufregend, in seinem Alter? Er hat es übrigens bedauert, dass du uns nicht begleiten konntest, aber nach deinem Fieberanfall neulich …»
    David winkte ab, weil er nicht daran erinnert werden mochte. Seiner Meinung nach erkälteten sich Männer nicht beim Baden, während Frauen gesund blieben. Nachdem er jedoch mit Hilfe eines treuen Knechts aus Quintens Weberei Anna von Neufelds Leichnam aus dem See geborgen und ihn zusammen mit Laurenz’ sterblichen Überresten auf dem Friedhof eines nahen Dorfes beerdigt hatte, war er mit Schwindel und Fieber zusammengebrochen.
    Henrika hatte um sein Leben gebangt. Tagelang war sie nicht von seiner Seite gewichen, selbst als ihr vor Erschöpfung die Augen zufielen, hatte sie sich geweigert, ihren Platz

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