Die Merowinger - Zorn der Götter
arianischen Verschwörung. Es ist höchste Zeit, dass etwas unternommen wird. Glaubst du nicht auch, dass Avitus nur das im Sinn hatte, als er Donata zu uns schickte?«
»Vermutlich hatte er das«, erwiderte der Bischof. »Ich bin nur nicht sicher, ob mein hochgeschätzter Amtsbruder unsere militärische Stärke und das Kräfteverhältnis richtig beurteilt. Er ist manchmal ein bisschen zu hitzig und ungeduldig. Ein überstürztes Losschlagen könnte viel – wenn nicht alles verderben.«
»Du bist also dafür, abzuwarten und unseren Feinden das Handeln zu überlassen.«
»Keineswegs. Aber ich möchte vermeiden, dass sich der Reinfall von Tours und Bordeaux wiederholt. Auch die Schlacht am Rhein war ja fast verlorengegangen.«
»Dort war der Herr auf unserer Seite!«
»Gewiss, nur kann man sich darauf, wie sich dann zeigte, nicht in jedem Fall verlassen«, sagte der kleine Bischof lächelnd. »Gott der Herr ist manchmal ein bisschen zerstreut und nicht immer aufseiten der Gerechten. Und mal abgesehen von seiner Hilfe … Wer hilft uns außerdem, wenn wir gegen Gundobad losschlagen? Der Kaiser ist weit …«
»Dafür ist König Godegisel nah. Donata erzählte, dass sich Avitus gründlich mit ihm beraten hatte, bevor er sie losschickte. Onkel Godegisel ist zwar Arianer, aber – ganz anders als sein abscheulicher Bruder – uns Rechtgläubigen gegenüber aufgeschlossen.«
»Halbherzig. Und ich fürchte, so würde er auch in den Krieg ziehen.«
»Ja, wollen wir die Hände in den Schoß legen«, sagte Chlotilde heftig, »nachdem der Unersättliche in Ravenna überall seine Königinnen postiert hat? Wollen wir warten, bis sich die östlichen und westlichen Goten vereinen und zusammen mit den Burgundern gegen uns losschlagen? Bis sie uns mit ihren Massen erdrücken? Alles deutet doch darauf hin, dass sie das vorhaben!«
»Ich glaube eher, Herrin, sie sind daran interessiert, den Zustand, wie er jetzt ist, zu erhalten.«
»So, das glaubst du! Und womit begründest du das?«
»Der König Theoderich hat sich zwar in Italien durchgesetzt … er muss aber seine Herrschaft erst sicher machen. Nichts dürfte ihm jetzt lästiger sein als ein auswärtiger Krieg. Hier in Gallien sind die Westgoten und die Burgunder seit langer Zeit ruhig …«
»Sie rüsten sich für die Entscheidung!«
»Sie sind imstande, sich gut zu verteidigen. Das hat unser Vorstoß nach Bordeaux bewiesen.«
»… den du mit den Bischöfen dort ins Werk gesetzt hast!«
»Nun, jedenfalls mit vorbereitet«, sagte Remigius etwas gequält. »Möglicherweise war das ein Fehler. Im Grunde wollten wir nur einen Köder auswerfen, damit unser großer Fisch, dein Gemahl, endlich zuschnappte. Wir wollten ihm die Vorteile einer Bekehrung aufzeigen. Inzwischen ist es geschafft, er bekennt unseren römischen Glauben. Jetzt sollten wir das Erreichte erst einmal sichern und alle Kraft dafür aufwenden, unsere Kirche in der Francia wirklich heimisch zu machen. Dann erst sollten wir über die Grenzen blicken. Avitus sieht die Sache natürlich anders. Er will so rasch wie möglich aus der Bekehrung unseres Königs Vorteile ziehen.«
»Und das ist richtig!«, rief die Königin, und ihre Augen bekamen den strengen, durchdringenden Blick. »Chlodwig hat jetzt vor allem eine Mission: den wahren Glauben in ganz Gallien durchzusetzen! Er ist der von Gott beauftragte Streiter gegen die arianische Pest! Was liegt schon daran, dass sie jetzt heuchlerisch Frieden predigen. Irgendwann werden sie uns vernichten wollen! Deshalb müssen wir ihnen zuvorkommen. Wir müssen den ersten Schwertstreich tun – jetzt! Dazu ist jeder Anlass gut. Und gibt es einen besseren als diesen? Mein Vater gewaltsam um seinen Thron gebracht … meine Mutter, eine Rechtgläubige, bestialisch ermordet … ein brutaler Tyrann, der Gott verachtet …«
»Herrin!«, rief der kleine Bischof, nachdem er mehrmals versucht hatte, zu Wort zu kommen. »Ich warne davor, dies alles ungeprüft zu lassen – nur um einen Anlass zum Krieg zu haben!«
»Bezweifelst du etwa plötzlich, was uns Donata berichtet hat?«
»Es wäre immerhin möglich, dass Irrtümer vorliegen. Wir wissen nicht, ob deine edle Schwester in ihrer Vereinsamung …«
»Ja, gewiss, sie war immer ein bisschen verrückt. Aber was macht das?«
»Wenn nun die Wahrheit eine ganz andere ist …«
»Sieh einmal an! Unser Heiliger hat plötzlich Skrupel!«, sagte die Königin auflachend. »Als ob es darauf noch ankommt, wenn der Krieg
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