Die Münze im Becher (German Edition)
die ihn von den beiden trennten, packte den Mann und schleuderte ihn zu Boden. Dabei rutschten mehrere Beutel aus einem der weiten Ärmel der Kutte, und aus dem zweiten Ärmel schaute ein kleines Messer heraus.
»Der Mönch ist der Dieb!«, rief Hildegard, die ihren eigenen Geldbeutel am Boden liegen sah.
»Und dieses Weibsstück ist mit ihm im Bunde!« Marie trat auf die junge Frau zu, fasste diese mit hartem Griff und brachte zwei weitere Beutel aus einer geheim angebrachten Tasche zum Vorschein.
Falko starrte ungläubig darauf, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass dieses nette Mädchen eine Diebin sein sollte. Doch als er ihre erschrockene Miene sah, schwanden seine Zweifel. Nun erinnerte er sich, dass der Mönch als Erster gespielt und die Münze gewonnen hatte. Das musste ein Trick gewesen sein, um die Leute anzulocken. Rasch wandte er sich dem Spieler zu, der sich gerade heimlich fortstehlen wollte.
»Pack dir den Kerl da!«, befahl Falko ihrem Knecht Kunner, obwohl dieser die gesamten Einkäufe seiner Herrin trug.
Kunner musste jedoch nicht eingreifen, denn es waren genug Männer da, die beim Spiel ihr Geld gegen den Becher-Spieler verloren hatten und nun die Gelegenheit wahrnahmen, es ihm heimzuzahlen. Die Prügel, die der Kerl erhielt, vergönnte Falko ihm von Herzen. Auch der Mönch bekam etliche Hiebe ab, und ein paar Weiber kamen drohend auf die Helferin der beiden zu.
Da schritt Falko ein. »Aufhören! Diese Kerle gehören vor den Richter. Sperrt sie in den Turm.«
»Mit Vergnügen!«, rief der Rothaarige mit den breiten Schultern. Gemeinsam mit ein paar Freunden packte er die beiden Schurken und brachte sie weg.
»Und was machen wir mit der?«, fragte Marie und wies auf die Frau.
Falko sah deren verzweifelten Blick auf sich gerichtet, wusste aber, dass er nicht die Autorität besaß, sie hier vor allen Leuten laufen zu lassen. »Wir werden sie ebenfalls einsperren müssen«, sagte er und bemerkte, wie die Hoffnung auf ihrem Gesicht erstarb.
»Zu den beiden Schurken können wir sie nicht stecken. Das wäre wider die Sittsamkeit«, mischte sich eine ältere Frau ein, die einen Rosenkranz in der Hand trug.
»Da hast du recht!«, stimmte Falko ihr zu. »Daher werde ich sie in den Stall der Herberge einsperren, in der wir übernachten wollen. Die Fenster sind vergittert, und die Tür besitzt einen festen Riegel. Ihr anderen seht inzwischen zu, dass jeder Geldbeutel seinen richtigen Besitzer findet. Der mit der roten Stickerei gehört meiner Schwester!« Er stieß ihn mit der Fußspitze an, überließ es aber Hildegard, sich danach zu bücken. Stattdessen fasste er die junge Gauklerin am Arm und zog sie mit sich.
Lisa sah ihm mit einem spöttischen Lachen nach. »Er wird sie laufen lassen!«
»Vielleicht ist es das Beste. Sie war sicher nur eine Helferin der wahren Schurken!« Damit war für Marie die Sache erledigt.
Unterdessen schleifte Falko seine Gefangene über den Anger und bemühte sich dabei, ein möglichst grimmiges Gesicht zu ziehen. Aber als der Jahrmarkt hinter ihnen lag, hielt er nicht mehr auf die Herberge, sondern auf ein kleines Wäldchen zu. Dort blieb er stehen und wies nach Osten.
»Wenn du dich beeilst, bist du in weniger als einer Stunde bei der Fähre und kannst den Main überqueren. Drüben wird dich gewiss keiner suchen.«
Die Frau sah ihn erstaunt an. »Ihr lasst mich frei, Herr?«
Falko nickte. »Ich will nicht, dass so etwas Schönes wie du öffentlich ausgepeitscht wird oder gar die Ohren aufgeschlitzt bekommt. Also geh!« Mit diesen Worten ließ er sie los.
Anstatt sofort das Weite zu suchen, sank die Frau vor ihm auf die Knie. »Ihr seid ein wahrer Edelmann, mein Herr, und ich bedanke mich von ganzem Herzen für Eure Großmut.«
»Schon gut!«, antwortete Falko geschmeichelt.
Ein Lächeln huschte über ihr schönes Gesicht. »Ihr habt den größten Dank verdient, den ein Mädchen euch geben kann.«
Noch während sie es sagte, öffnete sie die Schnur, mit der ihr Hemd auf der Brust geschlossen war, und zog es sich ebenso wie ihr Kleid über den Kopf.
Als Falko sie nackt vor sich stehen sah, schoss ihm das Blut in den Kopf, und er spürte, wie sein Verlangen nach ihr wuchs. Bislang hatte er nur ein einziges Mal auf einer Reise ein Mädchen im Arm halten können. Es war die Tochter ihres Gastgebers, eines Burgherrn, gewesen, die sich in der Nacht in seine Kammer geschlichen hatte. Doch gegen diese Schönheit verblasste die Erinnerung an jenes Mädchen,
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