Die Muenze von Akragas
ihm einzuleiten. Leicht wird das nicht.
Als Doktor Gibilaro aus dem Mund des Polizeibeamten hört, was passiert ist, beginnt er, sich eine Erklärung für das ganze Geschehen zurechtzulegen.
Es handelt sich jedoch um eine Erklärung wider die eherne Überzeugung eines Mannes, der aus der Logik und der Vernunft seine Lebensgrundlage gemacht hat. Darum muss er sie für sich behalten und sich ein wenig dafür schämen.
So lautet die Erklärung: Mit alledem drückt die Münze ihren Wunsch aus, nicht wieder in der Welt zu erscheinen, sondern in jene Erde zurückzukehren, aus der man sie eines Tages geholt hat.
Jedenfalls will sie niemals, aus keinem einzigen Grund, in seiner armseligen Sammlung enden. Es ist, als weigerte sich eine Kaiserin zu Recht, in einem elenden Loch zu hausen.
Während die Suche nach Ficarra weitergeht, sammelt Melluso Beweise gegen ihn.
Er entdeckt, wo der Riegel gekauft wurde, was, um der Wahrheit die Ehre zu geben, nicht besonders schwierig ist, weil es in Vigata nur eine einzige Eisenwarenhandlung gibt. Deren Besitzer, Signor Genuardi, erinnert sich sogar sehr gut, dass er den Riegel um Heiligabend einem Bauern verkauft hat, «der andauernd lachte».
Außerdem spielt ein Spitzel dem Beamten Informationen zu. Offenbar hat ein Antiquitätenhändler aus Girgenti, Giulio Scibetta, die Münze gesehen, sich aber wegen ihrer eindeutig illegalen Herkunft geweigert, sie zu kaufen.
Bevor er den Händler aufsucht, lässt Melluso sich von Doktor Gibilaro sogar eine Zeichnung der Vorder- und der Rückseite der Münze anfertigen.
«Ja, genau das war sie», sagt Scibetta, als er die Zeichnung sieht. «Aber ich habe sie dem Anbieter zurückgeschickt.»
«Das war eine sehr kluge Entscheidung», lobt ihn Melluso. «Und eine noch bessere treffen Sie, wenn Sie mir den Namen des Anbieters nennen.»
Scibetta zögert.
«Ich möchte nicht…»
«Ihr Schweigen wäre Beihilfe zum Mord.»
Der Beamte fährt die harte Tour, Scibetta wird sichtlich blass.
«Ist das Ihr Ernst?»
«Bei der Arbeit mache ich nie Witze», erwidert der Beamte trocken. Außerhalb der Arbeit übrigens auch nicht.
«Alessio Riguccio hat sie mir geschickt. Er bezeichnet sich als Antiquitätenhändler, aber in Wahrheit ist er ein…»
«…Hehler», schlägt Melluso vor.
«Um ehrlich zu sein, wollte ich Trödler sagen», präzisiert Scibetta.
«Etwas würde ich gerne noch wissen. Warum hat er Ihnen die Münze geschickt?»
Scibetta lächelt.
«Weil er begriffen hat, dass sie eine Nummer zu groß für ihn ist. Und wissen Sie was? Ich hätte sie nicht mal genommen, wenn es eine offizielle Bescheinigung über ihre Herkunft gegeben hätte.»
«Warum nicht?»
«Weil sie auch für mich eine Nummer zu groß ist.»
«Tatsächlich?»
«Herr Polizeidirektor, diese Münze ist sehr wertvoll, sie ist sogar so wertvoll, dass sie praktisch keinen Handelswert besitzt, sie ist unverkäuflich.»
Da Melluso ein Beamter ist, der Zuständigkeiten und Hierarchien respektiert, begibt er sich ins Polizeipräsidium und schildert dem Polizeipräsidenten den Stand der Ermittlungen im Mordfall Cammarota.
Eine Stunde später wird Alessio Riguccio von Polizisten aus Girgenti wegen Hehlerei und mutmaßlicher Beihilfe zum Mord verhaftet und in die Polizeistelle von Vigata gebracht, um dort verhört zu werden. Die Anklage auf Beihilfe zum Mord ist eine Art Dietrich, der sämtliche Türen öffnet.
«Ich habe sie für Diebesgut gehalten!», verteidigt sich Riguccio.
«Das ist sie auch, doch um den Diebstahl zu begehen, hat Ficarra einen Menschen umgebracht. Also, wollen wir jetzt weitermachen?»
«Die Münze hab ich dem Kerl vorgestern Abend zurückgegeben.»
«Ist er zu dir nach Hause gekommen?»
«Jawohl, mein Herr. So hatten wir es vereinbart.»
«Ist er zu Pferd gekommen?»
«Nein, zu Fuß.»
Melluso übergibt Riguccio wieder der Polizei von Girgenti und sucht Doktor Gibilaro auf, der ihm etwas bestätigen soll. Ja, Cosimo Cammarota hat die Münze beim Umgraben des Bodens unter dem Sperone gefunden.
Der Beamte glaubt jetzt genau zu wissen, wo sich Ficarra versteckt, da er in der Umgebung von Girgenti bleiben musste, um mögliche Käufer der Münze zu treffen.
Direkt über dem Sperone gibt es eine Höhle, deren Eingang von einer dichten Macchia aus Wildkräutern verborgen wird. Früher war das einer der vielen geheimen Eingänge zu den unterirdischen Wasservorräten von Akragas, dann wurde er mit einer Mauer aus Steinen versperrt. Dort
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