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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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angemessene
Entscheidung. Hoffen wir alle, daß sie ein Schritt auf dem Weg
zu Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt ist.«
    Die in einer sanften Brise flatternde blauweiße Fahne wird
eingeblendet, dann folgt das UNIC-Logo. Unmittelbar danach erscheint
eine Wiederholung von ›I love Lucy‹ auf dem Monitor. Die
Frage, was man sich nun anschauen soll, verursacht einen Tumult im
Saal. Seitdem keine neuen Shows mehr produziert werden, hat Jesse dem
Fernsehen abgeschworen.
    Die Menge wird von mindestens zehn Personen übertönt,
die lauthals verschiedene Versammlungen avisieren, auf denen die
Maßnahmen des SecGen jeweils unterstützt, abgelehnt
oder diskutiert werden sollen.
    Naomi lehnt sich zurück und haucht ihm ins Ohr: »O du
weiser Ingenieur, diese Normalsterbliche lechzt nach deinem
technischen Verstand, denn sie kann verdammt nicht begreifen, was
sich eben hier abgespielt hat. Außerdem, falls irgendeine
Versammlung oder Demonstration stattfindet, an der ich teilnehmen
sollte, kann ich es in Erfahrung bringen und später
dazustoßen. Können wir irgendwohin gehen, wo wir
ungestört sind?«
    Sie legt den Arm um ihn, und er spürt den schweren, weichen
Druck ihrer Brust am Ellbogen, als er seinerseits den Arm um sie
legt.
    Es dauert dennoch zehn Minuten, bis sie das Audimax verlassen
haben, denn ein so extrovertiertes Wesen wie Naomi kennt mindestens
zwanzig Leute, die sie begrüßen muß. Jesse tut es
ihr gleich, ist aber gleichzeitig froh, daß die meisten ihrer
Freunde ihn nur für einen tumben attraktiven Fleischklotz
halten, denn das bedeutet für ihn, daß er das Ritual auf
Kopfnicken und namentliche Vorstellungen reduzieren kann. Naomi
muß indes mit jedem Analysen austauschen.
    Gerade erklärt sie es Gwendy, einer Freundin, die Jesse
insgeheim immer als ›blondes Dummchen mit üppiger
Hardware‹ tituliert. Naomi wird sehr ernst, und ihre
leidenschaftliche Stimme erregt die Aufmerksamkeit weiterer Leute.
Die Chancen für einen Abgang schwinden.
    »Was wir nicht aus den Augen verlieren dürfen«,
sagt Naomi, wobei sie mit ihren kleinen, zarten Händen
gestikuliert, »ist, daß es überhaupt nicht relevant
ist, ob Rivera in der jetzigen Situation eine Option hat oder nicht.
Es ist auch nicht unsere Aufgabe, ihm eine Option bereitzustellen.
Der Punkt ist, daß er natürlich die Raketen
loswerden mußte und daß es natürlich falsch
war, sie zu zerstören. Die Frage, was er sonst hätte tun
können, ist rein akademisch. Wenn er seine Pflicht erfüllt
hätte, dann hätte er eine bessere Option gehabt. So einfach
ist das. Wenn er bereit ist, mit lauter inakzeptablen Optionen zu
leben und eine davon auswählt, nun gut. Wir müssen die
ganze Problematik einmal diskutieren.«
    Jesse stöhnt leise auf. Gefühle werden nur selten
angemessen ausgedrückt, solange nicht eine Demo und dann eine
Versammlung stattgefunden haben.
    Sie fährt fort, und nun lauscht Sibby (die grundsätzlich
sowohl mit Naomi als auch mit Gwendy konform geht, insbesondere dann,
wenn die beiden sich streiten) auch aufmerksam, und es ist evident,
daß die Diskussion erst dann enden kann, wenn sie die
Gelegenheit bekommt, ihre Zustimmung zu erteilen. Das Appartement und
die Hausarbeit rücken mit jeder Minute in weitere
Entfernung.
    Gwendys Freund, ein langes und schlaksiges, von Akne geplagtes
Elend, an dessen Namen Jesse sich eigentlich erinnern
müßte, versucht einen Einwand vorzubringen, wobei Naomi
ihm jedoch über den Mund fährt, bevor er ihn noch aufmachen
kann. »Nein, hör zu«, insistiert sie. »Der
Punkt ist, daß die Menschen den Platz ausfüllen
müssen, an den sie gestellt werden, und es ist mir egal, ob er
der SecGen ist, er trägt noch immer die Verantwortung.
Wenn man sich in eine Lage manövriert, in der es keine
moralischen Optionen mehr gibt und wenn man dann hergeht und unter
diesen eine Wahl trifft, kann man nur die falsche Wahl treffen. Ich
meine, sonst gäbe es ja niemanden, der verantwortlich
wäre.«
    Sibby gibt zögerlich zu erkennen, daß dies vielleicht
auch auf Abdulkashim zutrifft.
    »Ja sicher, richtig«, bellt Gwendy an Sibby gewandt.
»Gib nur einem Mann die Schuld, dessen Land soeben den
Großteil seiner Waffen verloren hat, einem Mann, der vielleicht
in diesem Moment ins Gefängnis geworfen wird, sofern die
UN-Bullen ihn nicht schon ermordet haben, als ob er das alles
wirklich gewollt hätte. Das ist ja so simplizistisch.«
Gwendy hat den Unterkiefer so weit vorgeschoben, daß er
über ihre blonde

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