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Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)

Titel: Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Guillermo;Hogan Del Toro
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Theoretisch. Denn niemand wusste das genau.
    Der radioaktive Fallout nach den Explosionen und Kernschmelzen an den zahllosen »Ground Zeros« war äußerst intensiv gewesen; Eph und die anderen hatten beinahe zwei Monate tief unter der Erde verbringen müssen, im North River Tunnel unter dem Hudson. Erst als Stürme und Windböen den kontaminierten Staub in der Atmosphäre verteilt und schwere Regenfälle die Radioaktivität aus der Luft gewaschen hatten, war es wieder möglich, zumindest jene Ge biete zu betreten, die den Explosionen nicht direkt ausgesetzt gewesen waren.
    Die langfristigen Folgen dieses brutalen Eingriffs in das Ökosystem des Planeten würden verheerend sein: die Auswirkungen auf die menschliche Fortpflanzungsfähigkeit, die Schäden im Genom, die Krebserkrankungen … Aber niemand machte sich über die Zukunft Gedanken – zwei Jahre nach den Explosionen, zwei Jahre nach der Machtübernahme der Vampire lebte die Menschheit in einer ewigen Gegenwart. In einem ewigen Alptraum.
    Die Sirene verstummte. Diese Alarmsysteme, die früher dazu gedacht gewesen waren, vor menschlichen Eindringlingen zu warnen, schlugen immer noch gelegentlich an; aber längst nicht mehr so oft wie in den ersten Tagen nach den Explosionen, als sie ständig geheult hatten – wie der Todesschrei einer sterbenden Spezies, einer vergehenden Zivilisation.
    Nun, da es wieder still war, lauschte Eph seinerseits auf Eindringlinge. Durch Fenster, durch modrige Keller, durch staubige Dachböden – die Vampire konnten von überall her kommen. Selbst in den wenigen Stunden am Tag, in denen die Sonne durch die Asche brach – ein fahles bernsteinfarbenes Licht, das irgendwie unnatürlich wirkte –, war man nicht sicher vor ihnen. Dies waren die einzigen Stunden, in denen sich Eph und die anderen in der Stadt bewegen konnten, ohne eine direkte Konfrontation mit den strigoi zu riskieren, aber es waren auch die gefährlichsten Stunden, denn die Straßen wurden von Überläufern bewacht – Menschen, die glaubten, ihrem Schicksal entgehen zu können, indem sie den Vampiren zu Diensten waren.
    Er drückte die Stirn gegen das Fenster. Das Glas war kalt und fühlte sich gut an; es linderte das Dröhnen in seinem Kopf.
    Das Schlimmste war zu wissen . Zu wissen, dass man verrückt war, machte einen nicht weniger verrückt; zu wissen, dass man ertrank, ließ einen nicht weniger ertrinken, ganz im Gegenteil: Es trug dazu bei, dass man noch panischer wurde. Zu wissen, dass es einmal eine bessere, hellere Welt gegeben hatte, war ebenso ein Grund für Ephs Qual wie die Vampirseuche selbst.
    Er brauchte Essen. Proteine. Aber in diesem Haus war nichts mehr; schon vor Monaten hatte er sämtliche Nahrungsmittel verbraucht, die Kelly gelagert hatte – inklusive des Alkohols. Ja, er hatte sogar einen geheimen Butterfinger-Vorrat entdeckt, den Kellys damaliger Freund Matt in seinem Zimmer gehortet hatte.
    Eph wandte sich vom Fenster ab und blickte sich im Wohnzimmer um, als würde er es zum ersten Mal sehen. Wie war er nur hierher gekommen? Warum war er hierher gekommen? Er sah die Kratzer an der Wand, dort, wo er Matt – Matt, den Vampir – getötet hatte. Geköpft hatte. Das war in jenen Anfangstagen gewesen, als einen Vampir zu töten genauso beängstigend gewesen war wie der Gedanke, von einem Vampir verwandelt zu werden. Selbst wenn in diesem Fall der Vampir der Freund seiner Exfrau gewesen war, der Eph als Vaterfigur in Zacks Leben zu ersetzen gedroht hatte.
    Aber dieser Reflex einer nur allzu menschlichen Moral gehörte längst der Vergangenheit an. Die Welt hatte sich verändert, und Dr. Ephraim Goodweather, einst ein bedeutender Epidemiologe in Diensten der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC , hatte sich mit ihr verändert. Das Vampirvirus hatte die gesamte Menschheit befallen. Hatte die menschliche Zivilisation ausgelöscht. Wer sich gegen die Seuche zur Wehr gesetzt hatte – und war er noch so stark gewesen –, war getötet oder verwandelt worden, und übrig waren jene geblieben, die sich dem Willen des Meisters gebeugt hatten und nun seinen Befehlen folgten.
    Eph ging wieder zur Waffentasche, öffnete ein Seitenfach, das eigentlich für Baseballhandschuhe oder Schweißbänder gedacht war, und zog ein leicht zerfleddertes Moleskine-Notizbuch heraus. Was er nicht aufschrieb, vergaß er. Und so schrieb er alles auf, das Banale ebenso wie das Tiefsinnige. Alles musste dokumentiert, archiviert werden – es war wie ein innerer Zwang.

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