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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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süchtig danach.
    Heute ging es bei Inside Scoop um irgendeinen Geisteskranken, der vor Monaten aus einem Gefängnis in North Carolina ausgebrochen war. Reine Sensationsgier. Der Kerl war in die Wohnung eines Fremden eingebrochen, hatte den Mann gefesselt und ihn dann erschossen, weil er – Zitat – wissen wollte, wie sich das anfühlte. Die Autoren der Sendung hatten die Angelegenheit mit Vokabeln wie ›Bestie‹ und ›tierisch‹ gewürzt. Was für ein Blödsinn. Zeigt mir doch das Tier, das tötet, weil es so aufregend ist, jemanden sterben zu sehen. Warum hält sich eigentlich das Klischee vom tierischen Killer so hartnäckig? Weil Menschen es mögen. Es bringt eine saubere Ordnung in die Dinge, indem es den zivilisierten Menschen ans obere Ende der Evolutionskette stellt und den Killer zu den mythologischen Mischwesen aus Mensch und Tier weiter unten, Werwölfen zum Beispiel. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Wenn ein Werwolf sich aufführte wie dieser Psychopath, dann läge es nicht daran, dass er zum Teil Tier ist, sondern daran, dass er noch zu sehr Mensch ist. Nur Menschen töten zum Vergnügen.
    Die Sendung war fast vorbei, als Philip wieder auftauchte.
    »Gut trainiert?«, fragte ich.
    »Gut ist es nie«, sagte er mit einer Grimasse. »Ich warte ja immer noch auf den Tag, an dem sie die Pille erfinden, mit der man das alles ersetzen kann. Wie wäre es mit einem Spaziergang? Bis deine Sendung zu Ende ist, dusche ich schnell.«
    »Klingt gut.«
    Philip verschwand im Bad. Ich dagegen schlich mich in die Küche zum Kühlschrank und schnappte mir den Brocken Provolone, den ich zwischen dem Gemüse versteckt hatte. Als das Telefon klingelte, ignorierte ich es. Essen war wichtiger, und Philip hatte das Wasser schon aufgedreht, er würde das Klingeln nicht hören und konnte somit auch nicht merken, dass ich nicht abnahm. Glaubte ich zumindest. Als das Geräusch des Wassers verstummte, schob ich den Käse wieder hinter den Kopfsalat und trabte zum Telefon. Philip war die Sorte Mensch, die lieber das Abendessen unterbricht, als anderen Leuten den Anrufbeantworter zuzumuten. Ich versuchte mir an ihm ein Beispiel zu nehmen – jedenfalls wenn er da war. Ich war auf halber Strecke, als das Gerät klickend ansprang. Meine Tonbandstimme flötete eine widerlich gut gelaunte Begrüßung und ermutigte den Anrufer, eine Nachricht zu hinterlassen. Dieser tat es tatsächlich.
    »Elena? Jeremy hier.« Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Ruf bitte an. Es ist wichtig.«
    Die Stimme verklang. Ich hörte das Zischen eines scharfen Atemzugs. Ich wusste, er war versucht, mehr zu sagen, mir ein Ruf-an-oder-Ultimatum zu stellen, aber das konnte er nicht. Wir hatten eine Abmachung. Er durfte weder herkommen noch einen der anderen schicken. Ich widerstand der Versuchung, dem Telefon die Zunge herauszustrecken. Ätsch, bätsch. Die geistige und sittliche Reife wird überschätzt.
    »Es eilt wirklich, Elena«, fuhr Jeremy fort. »Du weißt genau, ich würde sonst nicht anrufen.«
    Philip griff nach dem Telefon, aber Jeremy hatte schon aufgelegt. Er nahm den Hörer ab und streckte ihn mir hin. Ich wandte den Blick ab und ging zum Sofa hinüber.
    »Willst du nicht zurückrufen?«, fragte er.
    »Er hat mir ja keine Nummer gegeben.«
    »Er hat sich angehört, als glaubte er, dass du sie hast. Wer war das überhaupt?«
    »Ein, uh, Cousin zweiten Grades.«
    »Was, meine geheimnisvolle Waise hat Verwandtschaft? Den muss ich irgendwann unbedingt kennen lernen.«
    »Den willst du nicht kennen lernen.«
    Er lachte. »Es wäre nur fair. Ich habe dir meine Familie ja auch zugemutet. Jetzt könntest du dich rächen. Nach Betsys Party wirst du mir wahrscheinlich das Schlimmste auf den Hals hetzen wollen, das du zu bieten hast – die verrückten Cousins auftreiben, die sich seit Jahren auf dem Dachboden verstecken. Obwohl verrückte Cousins auf Dachböden wahrscheinlich noch die beste Variante wären. Die sind wenigstens interessant. Besser als die Großtanten, die dir seit Jahrzehnten jedes Mal die gleiche Story erzählen und dann beim Nachtisch einschlafen.«
    Ich verdrehte die Augen. »Bist du so weit für den Spaziergang?«
    »Lass mich erst fertig duschen. Warum rufst du nicht die Auskunft an?«
    »Und lasse mir eine Gebühr aufbrummen, ob sie die Nummer finden oder nicht?«
    »Es ist nicht mal ein Dollar. Das können wir uns noch leisten. Ruf an. Wenn du die Nummer nicht rauskriegst, weißt du vielleicht jemand anderen, der sie kennt. Es muss

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