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Die Nacht des Satyrs

Die Nacht des Satyrs

Titel: Die Nacht des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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wurde.
    Wenigstens erführe Mondroli nicht die Genugtuung, zu sehen, dass er sie getroffen hatte, tröstete sie sich. Er würde nie den Versuch wagen, das Gesicht unter der Maske zu sehen.
    Bevor Signore Salerno sie in dem Theater allein ließ, hatte er dem Künstler in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, dass es ihm nicht anstünde, die Identität seines Modells ergründen zu wollen oder sich sonstige Freiheiten mit ihrer Person herauszunehmen. Und die Furcht um ihren Lohn hatte bisher noch alle Künstler abgehalten, Jordan auch bloß zu berühren.
    Sie rieb sich den Po und sagte betont keck: »Meine hinteren Backen sind zweifellos gerötet, Signore Mondroli. Allerdings dürfte das wohl darauf zurückzuführen sein, dass sie von der letzten Sitzung noch taub sind.«
    Diesmal stieß der Maler einen Laut aus, der einem Kichern ähnelte, was ihn ebenso zu erschrecken schien wie Jordan. Vor lauter Belustigung verzerrte er sein Gesicht auf höchst grässliche Weise. Augen, Nase und Mund traten in merkwürdige Winkel zueinander, und seine Pferdezähne wurden grotesk entblößt. Alles in allem bot er einen derart abstoßenden Anblick, dass Jordan sich vornahm, nie wieder in seiner Gegenwart zu scherzen.
    Sie blickte zu den Zeichnungen, die er entlang der Bühnenwände aufgereiht hatte und von denen jede sie aus einer anderen Perspektive zeigte.
    Auf keiner von ihnen jedoch waren ihr schimmerndes, schulterlanges schwarzes Haar, ihr trotzig gerecktes Kinn oder ihre klugen dunklen Augen zu sehen, die durch die Maske schauten.
    »Sie sind gut«, lobte sie aufrichtig, denn sie waren es wirklich. »Bemerkenswert besser als die des Künstlers, den Salerno vergangenes Jahr engagierte.«
    Wie zahlreiche Sprösslinge wohlhabender venezianischer Familien auch hatte Jordan für mehr als ein Porträt Modell gesessen. Genau genommen wurden solange sie lebte jährlich, jeweils am fünfzehnten September, eine ganze Reihe Skizzen von ihr angefertigt.
    Doch im Gegensatz zu den Porträts anderer vermögender junger Venezianer würden Jordans niemals im Haus ihrer Familie hängen – oder in einem Museum. Noch weniger würden sie auf den kleinen venezianischen Marktplätzen verkauft, auf denen die Künstler ihre Werke feilboten.
    Jordans Mutter bekäme die Zeichnungen nie zu sehen, für die zu posieren sie Jordan zwang. Sie erlaubte Jordan nicht einmal, über das zu sprechen, was heute oder bei den vorherigen Modellsitzungen geschah. Ihre Mutter zog es vor, alles, was hier in diesem Theater stattfand, geflissentlich zu ignorieren. Dieser Luxus war Jordan nicht vergönnt.
    Hätte ihre Mutter gefragt, hätte Jordan ihr sagen können, dass Salerno Jahr um Jahr einen Künstler damit beauftragte, sie genauestens abzubilden, damit selbst die kleinsten Veränderungen ihres Körpers auf Leinwand festgehalten wurden. In den kommenden Monaten würde er mit den Zeichnungen durch andere Vortragssäle in anderen Städten reisen. Der Erfolg seines Geschäftes beruhte einzig und allein auf seinem exklusiven Zugang zu der berüchtigten Kreatur, die er jeden September vor Publikum ausstellte: Jordan.
    Denn seit Jordan denken konnte, lautete die Anweisung ihrer Mutter, dass Jordans Geburtstag Salerno gehörte. Jede Widerrede war zwecklos, weil es ihm hoch und heilig am Tag von Jordans Geburt versprochen worden war. Im Gegenzug schwor er, Stillschweigen über das unappetitliche Familiengeheimnis zu wahren, das einzig er und Jordans Mutter kannten. Sollte es öffentlich werden, wären aller drei sorgsam aufgebaute Existenzen mit einem Schlag vernichtet.
    »Bah, wer die Zeichnungen fertigte, war inkompetent«, schimpfte der Künstler und riss Jordan damit jäh aus ihren Gedanken. Als sie sich umdrehte, bewunderte er seine eigenen Werke. »Ich lernte bei einem Meister, bevor die Franzosen kamen. Ich genoss die Protektion der vornehmsten Familie in Venedig und darüber hinaus.«
    »Das erwähntet Ihr bereits.«
    Er schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Leider ist Venedig dieser Tage arm. Die Patrizierfamilien verkaufen ihre Bilder, geben keine neuen in Auftrag. So bin ich genötigt, die Arbeit anzunehmen, die ich finden kann. Als Signore Salerno mir anbot, mich zu …«
    Er verstummte abrupt, als entfernte Stimmen zu ihnen drangen. Beide wandten sofort ihre Köpfe zum Vorhang und lauschten dem, was bisher nur ein unverständliches Murmeln weit hinten im Theatersaal war.
    Die Stimmen und die sie begleitenden Schritte wurden lauter.
    Jordans

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