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Die Nacht des Satyrs

Die Nacht des Satyrs

Titel: Die Nacht des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Herren aus derselben Region der Toskana am selben Nachmittag zum selben Vortrag nach Venedig kommen! Wir hätten gemeinsam herreisen sollen, um uns auf der Fahrt die Zeit mit angenehmer Unterhaltung zu vertreiben. Wollen wir die Rückreise zusammen antreten?«
    Raine erschauderte bei dem Gedanken, mit diesem unentwegt plappernden Mann zu reisen. Zudem hatte der Bischof eine enervierende Art, ihn zu mustern – als wäre er am Verhungern und Raine ein besonders köstlicher Crostoli-Krapfen.
    In seiner Ratlosigkeit machte Raine noch größere Schritte und ließ die Brücke hinter sich. Der Bischof, der solchen Andeutungen gegenüber gänzlich taub zu sein schien, lüpfte kurzerhand seine Robe und verfiel in einen Laufschritt. Er wollte Raine partout nicht von der Seite weichen. Wie ein lästiges Insekt, dachte Raine.
    Zu seiner Erleichterung sah er bereits die schweren mit Schnitzereien verzierten Türen des Vortragsgebäudes ein Stück weiter vorn.
    »Der Vortrag?«, fragte er den ersten Bediensteten, dem er im Gebäude begegnete.
    »Sì, Signore. Er findet oben im Theater statt, die Treppe hinauf und gleich rechts«, antwortete der ältere Mann und zeigte nach oben. »Oder war es links? Wir haben heute mehrere Vorträge. Ich rufe jemanden, der Euch hinbringt.«
    »Nicht nötig. Ich finde es schon«, erwiderte Raine.
    »Sì! Sì! Signor Satyr und ich finden uns schon zurecht«, bestätigte der Bischof und schubste den Mann beiseite.
    Raine stieg hastig die Treppe hinauf, zwei Stufen auf einmal nehmend. Der Bischof folgte ihm affektiert hüpfend. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr bald in die Toskana zurückkehrt? Ihr wollt doch gewiss beizeiten dort sein, um Euch für das Vendemmia-Fest zu melden, nicht wahr?«
    »Ja, das hoffe ich«, erwiderte Raine wahrheitsgemäß. Sein Zuhause im Castello di Greystone auf dem Satyr-Anwesen war genau der Ort, an dem er jetzt sein sollte, um bei der Traubenlese mitzuarbeiten und beim Abstich und Mischen der fermentierten Trauben dabei zu sein, die bereits in vorherigen Jahren geerntet worden waren. Seine Arbeit war sein Leben, und er fühlte sich unwohl, wenn er ihr nicht nachgehen konnte.
    Insofern stellte es eine glückliche Fügung dar, dass er zufällig auf der Suche nach Feydons Tochter in Venedig weilte, als dieser Vortrag gehalten wurde. Die Phylloxera bereitete ihm und seinen Brüdern große Sorge. Jedes Gegenmittel musste geprüft und erprobt werden. Und doch fürchtete Raine, dass der Ursprung der Reblaus sich als nicht von dieser Welt erweisen könnte.
    Tief im Herzen des Satyr-Weinguts stand ein Geheimnis, das von Raines Familie bewacht wurde: eine Öffnung, die den einzigen Verbindungspunkt zwischen der Erdenwelt und einer den Menschen unbekannten Welt darstellte. Die Anderwelt war die Heimat von Kreaturen, die in längst vergangener Zeit von Göttern gezeugt worden waren.
    Umhüllt von Dunst und Dickicht lag der felsige Eingang des Portals verborgen hinter einem Tor, das von drei knorrigen Bäumen gebildet wurde – der Eiche, der Esche und dem Weißdorn aus der Feenüberlieferung.
    Falls die Phylloxera nichtirdischen Ursprungs sein sollte, hieß das, dass die böseren Wesen der Anderwelt es irgendwie geschafft hatten, diese Welt zu infiltrieren. Und sollte Raine nicht entdecken, mit welchen Mitteln ihnen das gelungen war, würde die Plage gewiss auch das Satyr-Land befallen. Die Folgen wären verheerend. Es stand nämlich geschrieben, dass, wenn die Weine der Satyre fielen, auch die Pforte fiele. Und sollte dies geschehen, würde die Anderwelt in die Erdenwelt stürmen und sie verwüsten.
    Bis Raine den ersten Stock erreichte, lag der schnaufende Bischof eine halbe Treppe zurück. Raine trat durch die erste Tür, den Bischof wieder dicht auf den Fersen. Beide blieben abrupt stehen, als sie sahen, was sie hier erwartete.
    Am anderen Ende des schwach beleuchteten Theaters stand ein Mann in einem weißen Arztmantel vor einem samtenen Bühnenvorhang. Eine Atmosphäre gespannter Erwartung lag in der Luft, und im Zuschauerraum drängte sich das neugierige Publikum, das größtenteils aus Männern bestand. Der weißgewandete Mann riss am Kordelzug, und der Vorhang schwang auf. Zwei Gestalten befanden sich auf der Bühne dahinter. Nun schwenkte der Mann seinen Arm und verkündete mit donnernder Stimme: »Meine Herren! Darf ich vorstellen … der Hermaphrodit!«

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    A ls sich der Vorhang öffnete, waren alle Augen auf Jordan gerichtet. Für die anfängliche

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