Die Nacht von Sinos
angreifen wird, und Melos hob seine Maschinenpistole in Hüfthöhe. »Von hier aus kann ich Sie ohne Schwierigkeiten in die Hälfte sägen. Soll ich das tun?«
Kapelari und Christou tauchten auf. Sie hatten Yanni zwischen sich. Er konnte kaum gehen und sah mit seinem zerschlagenen Gesicht und dem Blut an Hemd und Hose furchtbar aus.
Ciasims Muskeln entspannten sich. Er atmete mit einem langen Seufzer aus. Melos lachte leise. »Gut, jetzt sind Sie wenigstens vernünftig. Sie holen zunächst die Taucherausrüstung und alles Wertvolle herüber, dann fahren Sie das Schiff in den Kanal hinaus und versenken es dort, verstanden?«
Melos drehte sich um und schien zum erstenmal Yanni warzunehmen. Er lächelte. »Gerade kommt mir noch eine andere ausgezeichnete Idee. Ein Opfer an Poseidon wie in alten Zeiten. Sie können mit dem Schiff untergehen, Kytros.«
Kytros lächelte verzerrt und humpelte auf ihn zu. »Bitte, Melos, ich bitte Sie ...«
Melos drehte ihn herum und versetzte ihm einen Tritt in die Kehrseite. Yanni fiel stöhnend aufs Gesicht, und Kapelari und Christou begannen schallend zu lachen.
Aber dann verging ihnen das Lachen sehr schnell. Yanni sprang plötzlich auf, und sein Bein schien ihn auf einmal gar nicht mehr zu behindern. Er rannte um sein Leben.
Also hatte ihnen dieser schlaue Fuchs bis zuletzt etwas vorgespielt. Als Christou einen kurzen Feuerstoß in die Aufbauten jagte, war er schon um das Deckshaus herum verschwunden.
Melos verschwendete keine Zeit, dafür war er zu sehr Profi. Er rannte an der Backbordseite entlang nach achtern und hatte das Heck schon fast erreicht, als Yanni ins Wasser klatschte.
Ich bekam ihn noch einmal kurz zu sehen, als er in den Nebel hinausschwamm. Dann jagte ihm Melos einen Feuerstoß nach. Zwei Meter hoch spritzte das Wasser auf. Ich hörte Yanni aufschreien, er warf die Arme in die Luft und verschwand. Wir warteten alle in der nun folgenden Stille, aber er tauchte nicht wieder auf.
Melos drehte sich mit grimmiger Miene um. »So, jetzt verstehen wir uns besser, wie? Fangen wir an, wir haben schon zuviel Zeit vergeudet.«
Sie überließen die ganze Arbeit Ciasim und mir. Wir holten die Ausrüstung und die Aquamobile herüber. Dann alles andere, was nach Melos' Ansicht Wert hatte. Seine eigene Taucherausrüstung mußte Ciasim drüben lassen.
Als wir fertig waren, fuhr er den alten Kahn in die Fahrrinne hinaus und warf den Anker aus, weil die Strömung jetzt besonders stark war. Melos hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, uns eine Wache mitzugeben. Das war auch kaum nötig, und in dem Nebel waren wir praktisch allein.
Ciasim stellte den Motor ab und trat aus dem Ruderhaus. Er holte eine Dose türkischer Zigaretten hervor und bot mir eine an. »Ich hab' das Boot schon sehr lange, Jack, und mein Vater hat es vor mit gehabt.«
»Ich weiß. Er ist ein Schweinehund, aber was nützt das?«
»Weißt du was, Jack? Das hat mir gefallen, was du da vorhin im Salon gesagt hast.«
»Schnapsideen.«
»Du verkaufst dich immer wieder zu billig.« Er lehnte sich ans Ruderhaus. »Ich will, daß meine Söhne am Leben bleiben. Ich will, daß Lady Sarah am Leben bleibt. Verstehst du mich? Aber das ist eine böse Sache. Zweihundert Männer, Jack, zweihundert gute Männer werden den Tod erleiden oder noch Schlimmeres, nur weil ihre Namen auf der Liste stehen.« Er legte mir die Hand auf die Schulter. »Laß dir etwas einfallen, was uns weiterhilft. Du kannst dich immer auf mich verlassen, das weißt du doch?«
»Ich werde es mir überlegen.«
»Gut, genau das habe ich gehofft.« Er griff nach einer Axt. »Gehen wir, ich möchte das hinter mich bringen.«
Diese alten Fischerboote haben keine Schotten. Er versenkte das Schiff, indem er ganz einfach vom Rettungsboot aus in der Nähe des Bugs ein Loch in den Rumpf hackte.
Ich ruderte weg, als die ›Seytan‹ zu sinken begann. Als wir zwanzig oder dreißig Meter entfernt waren, zog ich die Ruder ein. Ciasim stand immer noch im Boot, die Axt in der Hand, und sah ohne die geringste Gemütsbewegung zu, wie der Bug sich ins Wasser bohrte und das Heck emporgehoben wurde.
Die alte ›Seytan‹ schien für eine ganze Weile in der Luft zu hängen, dann ging sie plötzlich und fast geräuschlos unter. Ciasim warf die Feueraxt hinterher. Als er sich in den Bug des Ruderbootes setzte, liefen ihm Tränen über die Backen.
17
Kapelari und Christou, diese beiden Gorillas, sollten uns auf der Fahrt zum Türkenkopf begleiten. Im letzten
Weitere Kostenlose Bücher