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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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weiter schwer, eine Straße in der Stadt zu blockieren. Man nagelte einfach einige Bretter an Karren und stapelte Möbel und andere Dinge darauf. Das genügte für die Hauptstraßen. Und wenn man entschlossen genug schob, ließen sich solche Barrikaden auch bewegen.
    Auch der Rest bereitete keine großen Probleme. Es waren ohnehin viele kleine Barrikaden vorhanden; sie mussten einfach nur zusammengefügt werden. Und so wuchs die Volksrepublik der Sirupminenstraße an, bis sie fast ein Viertel der Stadt umfasste. Mumm atmete tief durch. »Fred?«, fragte er.
    »Ja, Oberfeldwebel?«
    »Habe ich dir dies
befohlen

    »Nein, Oberfeldwebel.«
    »Es gibt zu viele Gassen, Fred. Und es sind zu viele Leute.«
    Colons Miene erhellte sich. »Es gibt auch mehr Polizisten, Oberfeldwebel. Viele Kollegen sind zu uns gestoßen. Gute Jungs. Und Feldwebel Dickins, er weiß über solche Dinge Bescheid und erinnert sich an das
letzte Mal,
als so etwas geschah. Er hat alle wehrfähigen Männer, die mit einer Waffe umgehen können, aufgefordert anzutreten, Oberfeldwebel. Es sind
viele,
Oberfeldwebel! Wir haben jetzt eine
Armee,
Oberfeldwebel!«
    So geht die Welt zugrunde, dachte Mumm. Ich war nur ein junger Narr. Ich habe es nicht aus diesem Blickwinkel gesehen. Ich hielt Keel damals für den Anführer der Revolution. Ob er sich ebenfalls dafür hielt?
    Aber
mir
ging es nur darum, einige Straßen zu sichern. Ich wollte eine Hand voll anständiger Leute vor dem dummen Pöbel, den gedankenlosen Rebellen und den dämlichen Soldaten schützen. Ich habe wirklich gehofft, wir kämen damit durch.
    Vielleicht haben die Mönche Recht. Die Geschichte zu ändern ist wie der Versuch, einen Fluss zu stauen – er findet einen Weg um den Damm herum.
    Er sah Sam unter den Männern. Der Junge strahlte. Heldenverehrung. Das konnte einen blind machen.
    »Irgendwelche Probleme?«, fragte er.
    »Ich glaube, es ist noch nicht allen klar geworden, was hier geschieht, Oberfeldwebel. Bei den Tollen Schwestern und dort drüben ist ziemlich viel los gewesen. Angriffe der Kavallerie und… He, da kommen noch mehr.«
    Ein Wächter auf der Barrikade hatte ein Zeichen gegeben. Mumm hörte die Unruhe auf der anderen Seite des Möbelhaufens.
    »Offenbar fliehen noch mehr Leute von den Tollen Schwestern«, sagte Colon. »Welche Anweisungen hast du für uns, Oberfeldwebel?«
    Haltet sie von uns fern, dachte Mumm. Wir wissen nicht, wer sie sind. Wir können nicht alle aufnehmen. Einige von ihnen
werden
uns Ärger machen.
    Das Dumme ist: Ich weiß, was da draußen geschieht. Die Stadt ist eine kleine Scheibe von der Hölle, und nirgends ist es sicher.
    Und ich weiß, wie ich entscheiden werde, denn ich beobachte mich dabei.
    Ich fasse es nicht. Dort drüben stehe ich, ein Junge, der noch immer sauber und voller Ideale ist. Und er sieht mich an wie eine Art Held. Ich wage es nicht,
kein
Held zu sein. Ich treffe die dumme Entscheidung, weil ich
vor mir selbst
nicht schlecht dastehen will. Versuch mal, das jemandem zu erklären, der nicht schon einige Gläschen getrunken hat.
    »Na schön, lasst sie durch«, sagte Mumm. »Aber keine Waffen. Gib den anderen Bescheid.«
    »Wir sollen den Leuten die Waffen abnehmen?«, fragte Colon.
    »Denk darüber nach, Fred. Wir wollen hier doch keine Unaussprechlichen oder verkleidete Soldaten. Ein Mann braucht einen Bürgen, bevor er eine Waffe tragen darf. Ich möchte nicht von vorn
und
von hinten angegriffen werden. Und noch etwas, Fred… Ich weiß nicht, ob ich dazu befugt bin, und vermutlich ist es nur vorübergehend, aber ab sofort bist du Feldwebel. Wer etwas an deinem zusätzlichen Streifen auszusetzen hat, soll sich an mich wenden.«
    Fred Colons Brust, die bereits viel Fett angesetzt hatte, schwoll noch weiter an. »In
Ordnung,
Oberfeldwebel. Äh… nehme ich noch immer Befehle von dir entgegen? Gut. Ich nehme weiterhin Befehle von dir entgegen. Völlig klar.«
    »Bewegt die Barrikaden nicht mehr! Blockiert die Gassen! Haltet diese Stellung! Mumm, du kommst mit! Ich brauche einen Kurier.«
    »Ich kann gut laufen, Oberfeldwebel«, erklang Nobbys Stimme irgendwo hinter Mumm.
    »Dann habe ich einen Auftrag für dich, Nobby: Sieh dich draußen um und finde heraus, was dort vor sich geht!«
    Feldwebel Dickins war jünger als der, an den sich Mumm erinnerte, aber er stand trotzdem kurz vor der Pensionierung. Er hatte noch immer den typischen gewichsten Schnurrbart eines Feldwebels, offensichtlich gefärbt und die Enden spitz zulaufend.

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