Die Narrenburg
oder sind, wie Thrinens Stadtschreiber: aber ihr geht in den Bergen herum, schlagt Steine herab, bringt Blumen ins Haus. - - - «
»Siehe, das ist so: Wie du in deinen Büchern liesest, so bin ich bestimmt, im Buche Gottes zu lesen und die Steine, und die Blumen, und die Lüfte und die Sterne sind seine Buchstaben - wenn du einmal mein Weib bist, wirst du es begreifen, und ich werde es dich lehren.«
»O, ich begreif' es schon, und begriff es immer; das muß wunderbar sein!«
»O, du unbewußtes Juwel! freilich ist es wunderbar!! unausstaunlich wunderbar!! O, ich werde dir noch Vieles, Vieles davon erzählen, wann wir erst unveränderlich beisammen sind - da wirst du staunen über die Pracht und Schönheit der Dinge, die da auf der ganzen Erde sind. - Jetzt aber, Anna, werde ich dir etwas Anderes sagen, merke auf und behalte es in deinem klugen Haupte. Es ist das, weßhalb ich dich in den Garten bat, und was deinen Vater und deine Mutter betrifft. Da ich vorgestern Nachmittags wohl drei Meilen von hier im Schatten schöner Ahornen saß, und nachdachte, wie nun Alles werden solle: da fiel mir ein, daß ich nun hinausgehen, und mir Stand und Amt erwerben müsse - ich habe Freunde, die mir helfen werden - dann werde ich kommen, und deinem Vater das rechte Wort sagen, daß er es über sich vermöge, dich mit mir zu lassen. Es ist wohl, aber weit von hier, ein Gärtchen und ein Haus, und kleine Felder - das ist Alles mein; es nähret mich und die Meinen, die zu Hause sind, die liebe Mutter, und eine Schwester, die fast so gut ist, wie du selber: aber das Alles würde in den Augen deines Vaters zu geringe sein - darum, Anna, bat ich dich, daß du in den Garten kommest, damit ich dir sage, daß ich nun fortgehe, aber wieder komme, dich zu holen, - daß du an mich glaubest und freundlich auf mich wartest - - und daß ich dich noch einmal vorher frage, ob du mich denn auch so sehr, wie ich dich, liebst, und in alle Ewigkeit lieben willst - das Alles wollte ich thun - - aber siehe, da geschah indessen etwas - - nein es ist zu fabelhaft; ich getraue mir es selber nicht zu glauben - - erschrecke nicht, es ist nichts Böses - ich kann es keinem Menschen anvertrauen, doch
dir
will ich es sagen - du liebe Unschuld - aber du darfst es nicht verrathen - -.«
»Nein, sagt es lieber nicht, ich verriethe es vielleicht doch, und ich glaube ja ohnedieß an euch - und sagt es nur einst dem Vater, daß es gewiß wird, daß ich euer Weib werde - es ist ohnedieß schon hart genug, daß ich es verschweigen muß, daß ich euch so gut bin. - - Denkt nur, neulich hab' ich es sogar dem Philax ins Ohr gesagt: ich lieb' ihn von Herzen, von Herzen, von Herzen - - aber der Thrine darf ich es doch morgen sagen?«
»Wenn du mich liebst ....«
»Nein, ich sage ihr auch nichts. - - Wenn ihr nur nicht zu lange ausbleibt, werd ich es schon überdauern.«
»O, du schönes, naturgetreues Herz, wie werd' ich dich verdienen können?« sagte er nach einer Weile, in der er sich gesammelt hatte. Seine Stimme war gerührt, und wenn seine Augen nicht im Schatten gewesen wären, so hätte sie sehen können, wie zwei Thränen in dieselben getreten waren. Sie aber sah es nicht, und da sie wegen seines Schweigens meinte, es sei ein Schmerz in ihm, so nahm sie seine Hand in ihre beiden, und hielt sie fest und herzlich.
Und wie sie so saßen und schwiegen, und wie um sie auch die ganze glänzende Nacht schwieg - und Minute nach Minute verging, ohne daß das Herz es wußte: da krähte hell und klar der Hahn, die Trompete des Morgens, der Herold, der da sagt, daß Mitternacht vorüber und ein neuer Tag anbricht. - - Anna sprang auf: »Um Gotteswillen, seht, der Mond steht so tief, daß er in den Laubeneingang scheint, und die Luft wird heller - ich muß zurück ins Haus - haltet mich nicht auf - und lebt recht wohl.«
Er stand auch auf: »Nur noch eine Minute, Anna, noch eine Secunde - nur diesen Kuß - - so - - aber du sagst ja schon wieder:
ihr
.«
»Nun:
du
- so lebe wohl, lieber, theurer Mann, und komme doch recht bald, und sage das Wort zum Vater.«
»Und die Tage, die ich bleibe - kommst du noch einmal zur Laube, Anna?«
»Nein, Heinrich, es ist nicht recht; ich will euch unter Tags in dieser Zeit recht freundlich anblicken, wenn auch der Vater scheel sieht, aber kommen kann ich nicht mehr, es ist doch nicht recht. - - Sagt nur bald das Wort, dann bin ich ja immer bei euch, Tag und Nacht.«
Noch einmal, auf die Spitzen ihrer Zehen gestellt, empfing sie
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