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Die Narrenburg

Die Narrenburg

Titel: Die Narrenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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daß ein so herrisches, verbreitetes Geschlecht ganz und gar ausgestorben sein soll - keine Maus hat sich gemeldet. Das Schloß, lieber junger Herr, das euch so anliegt, daß ihr es gar auf Papier abgerissen habt, das Schloß ist jetzt zu haben, und Einkünfte genug dazu; es kommt nur darauf an, daß ihr von einer recht närrischen Familie abstammet.«
    »Ich gehöre selber unter den Rothenstein,« sagte der Wirth, »und das ganze rechte Pernitzer Viertel sammt Zehent und Gebühren, dann das linke Viertel bis in die Hatzleser Gräben, und ich glaube auch noch die Waldhäuser bis zum Ottostift hinauf, und bis an den Asang.«
    »Der Asang gehört auch noch dazu,« sagte der Schmied; »er ist nur seit dem alten Julian an die Priglitzer verpfändet; mir hat es mein Schwiegersohn, der Stadtschreiber, erzählt.«
    »Das ist nicht wahr,« rief der Boten-Simon; »ich bin von Asang, und ich und mein Vater und Großvater und wieder dessen Vater haben immer an die Priglitzer gesteuert, und keinen Hut vor dem Rothensteine gerückt.«
    »Das ist,« entgegnete der Schmied, »weil der alte Julian älter ist, als ihr Alle, dein Scheck dazu gerechnet, und weil ihr eher an Priglitz verpfändet waret, als ihr geboren wurdet. Mein Schwiegersohn, der Stadtschreiber, hat mir einmal die Urkunde auf dem Stadthause gezeigt, und gestern hat er gesagt, daß jetzt alles kaiserlich wird, und dann wird der Pfandschilling hindangezahlt, und der Asang wieder an das alte Eisen angeschweißt. Der Julian war sonst ein entsetzlicher Herr; er hat seinen leibeigenen Bruder erschlagen.«
    »Nicht erschlagen,« sagte der Wirth, »sondern nur um das Erbe der Mutter hat er ihn gebracht, weil er nie genug hatte, obwohl ihm auch der Rothenstein zugefallen war. In unsrem eigenen Hause war es, wo sie die Zusammenkunft hatten - mein Großvater war damals noch ein Bube, und er hat es uns wohl hundertmal erzählt - es war das letzte Mal, daß sich die Brüder gesehen hatten. Sie hießen Julius und Julianus. Julianus war der ältere, und da ihr Vater starb, war Julius in weiten Ländern, und kam auch gar nicht auf den Rothenstein, sondern auf unsrer Gasse sahen sie sich zum erstenmale seit Jahren wieder, und da hatten sie sich zum Willkomm umarmt, daß die Schwerter an ihnen rasselten, und dann sind sie in die grüne Oberstube hinaufgegangen, und die Pferde blieben auf der Gasse stehen. Die Kinder, nämlich mein Großvater und seine Schwester, dann auch ihre Mutter saßen beängstigt herunten in der Schenkstube, weil ihnen gleich nichts Gutes ahnte. Anfangs hörten sie nichts über sich, als den ruhigen Schritt der beiden Männer, wie sie oben taktgemäß auf und nieder gingen; dann war es stille, als ständen sie und als ob Einer spräche. - Mein Urgroßvater, der damalige Schenke, kam kreideweis zu den Kindern in die Stube, und sagte, als er oben nur zur Thür hineingeblickt, ob sie nichts brauchten, so hätten sie ihn gleich angefahren, und der Julius stehe an dem Tische, und schütte entsetzlich viel Wein hinunter. Der Urgroßvater blieb nun auch bei den Kindern herunten, und man horchte lange, lange hinauf, aber es blieb oben alles stille - immer stille - doch einmal geschah ein Fußtritt, daß man meinte, alle Tragbalken müßten knacken, und im Augenblicke, aber nur einige Secunden, rasselten wieder die Schwerter - dann ward's todtstille. - Sogleich aber rannte Julius die Treppe herunter, schwang sich mit glühenden Augen auf seinen schwarzen Hengst, warf ihn herum, und jagte so schnell dort an der Steinwand hinab, daß mein Großvater meinte, er sehe ordentlich ohne Unterbrechung die Hintereisen blitzen, als wolle sie der Rappe rücklings in die Luft schleudern, und Stücke rother Straßensteine flogen in die Pernitz. Alle aber liefen ungesäumt in die Oberstube, um dem gemordeten Julianus beizuspringen - dieser aber stand lebendig am Tische, und strich sich furchtbar mit der Hand den großen, rothen Schnurbart, den er immer trug - dann aber goß er einen ganzen Krug Wein in sich hinein, warf ein Stück Geld auf den Tisch, ging hinab, und ritt gelassen auf den Rothenstein zu. Er war von nun an Herr des Schlosses, wie es dem Erstgebornen auch gebührt; allein er war und blieb auch der Herr der Schätze und Einkünfte Seitens der früher verstorbenen Mutter, was von Rechtswegen dem jüngeren Julius gehört hätte. Von diesem aber ist seit jener Zeit kein Faden seines Gewandes mehr in der Fichtau sichtbar geworden.«
    »Weil ihn doch der Julianus irgendwo

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