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Die Narrenburg

Die Narrenburg

Titel: Die Narrenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Haupte. Mein Großvater hat uns erzählt, daß der Vater des Julius und Julianus, Graf Prokopus, oft ganze Nächte auf einem hohen Thurme saß - der Thurm steht noch - dort habe er lange Röhre auf die Sterne gerichtet, oder auf einem Instrumente musicirt, das lange, furchtbare Töne gab, die man Nachts weit im Gebirge hörte, als stöhnten alle Wälder.«
    »Und Grafen waren die Besitzer des Rothensteines?« fragte der Wandersmann.
    »Grafen Scharnast seit dem Hussitenkriege, früher waren sie bloß Barone und Ritter; aber es war ein reiches Geschlecht, und wäre es noch, wenn der Julian nicht so viel verschleudert hätte.«
    »Da muß ich gleich einen Brief in dieser Geschichte schreiben,« sagte der Wandersmann, »und ihr müßt ihn heute noch durch einen eigenen Boten nach Priglitz hinausschicken.«
    Alle, selbst der Boten-Simon, der neben ihm auf der Bank saß, schauten bei diesen Worten dem Wanderer ins Gesicht, und hoben an zu lachen - der Wirth aber sagte: »wenn ihr das Schloß und die Grafen beschreiben wollt, so ist es freilich mehr der Mühe werth, als wenn ihr unsre Feldsteine und die Pernitz oder gar das Heu beschreibt, wie bisher; aber da kann euch nur der uralte Ruprecht die beste Auskunft geben. - - - «
    »Ich werde gar nichts davon beschreiben; aber indessen geht doch, und besorgt mir noch heute einen Boten nach Priglitz.«
    »Nichts leichter, als das,« sagte der Wirth; »es ist heute Samstag, und da müssen Abends die Holzknechte aus den Bergen kommen; ich erwarte sie jeden Augenblick, und um Geld und gute Worte geht wohl einer hinaus.«
    »Das ist wahr,« entgegnete der Wanderer, »ich habe im Drange der heutigen Dinge auf die Holzknechte gar nicht gedacht; es geht ja ohnedieß mancher des Weges, nicht wahr? oder nicht weit daneben?«
    »Allerdings, allerdings,« sagte der Wirth schmunzelnd, und gleichsam, als könne er den aufkeimenden Gedanken nicht unterdrücken, hob er nach einer Weile lauernd an: »Wenn ihr also die Burg nicht beschreiben wollt, so meint ihr etwa gar ....?«
    »Ich meine gar? ....«
    »Ein Nachkomme des Julius zu sein,« endete der Wirth den Satz, und sah sehr verschmitzt aus.
    Ohne aber eine Miene zu verziehen, versetzte sein Gegenmann: »Das könnte weit eher der Fall sein, Vater Erasmus.«
    Der Wirth, an die ungeheuersten Aussprüche seines Miethmannes gewöhnt, war gleichwohl durch die trockene Art ein wenig beirrt; allein um sich im Wortkampfe nicht übertreffen zu lassen, nahm er sich gleich die noch größere Freiheit, und sagte: »Wenn das ist, dann ist es freilich nicht mehr wahr, was ich mir eben dachte.«
    »Nun und was dachtet ihr euch denn eben?«
    »Ich dachte mir, wenn der Julius eine Bauerndirne geheirathet hat, so könnte uns, weil die Art gewechselt wurde, wie man es mit dem Samenkorn der Felder thut, daß es wieder frisch anschlägt - es könnte uns so, was man sagt .... ein gesetzterer Herr kommen.«
    Aber wie früher, ohne sich im Geringsten aus der Fassung bringen zu lassen, antwortete der Wandersmann, indem er seinen Blick auf den Wirth heftete: »Was werdet ihr aber sagen, Erasmus, wenn ich mich hinsetze, und zu eurem eigenen Erstaunen eines lichten Tages gescheidter bin, als ihr alle und die ganze Fichtau zusammen -
die
ausgenommen,« fügte er lustig hinzu, »die dort kommen; denn das sind die herrlichsten Bursche der Welt.«
    Er hatte noch das Wort im Munde, als eben Zwei jener malerischen Gestalten, wie wir sie so gerne als Staffage auf Gebirgslandschaften sehen, um die Ecke bogen, und fröhlich ihre Siebensachen, als da sind: Aexte, Sägen, Alpenstöcke, Steigeisen, Kochgeschirre u.s.w. auf die Gasse oder auf die lange Bank niederwarfen, und sich anschickten, ebenfalls Platz zu nehmen. Die abendliche Scene auf der Gasse vor der grünen Fichtau begann sich nun zu ändern, und jener Lebhaftigkeit zuzuschreiten, die unser Wanderer an jedem Samstage zu erleben gewohnt war, und die er so liebte. Er achtete des Wirthes nicht mehr weiter, sondern saß bereits bei den zwei Knechten, und war schon im lebhaften Gespräche mit ihnen begriffen. Sie hatten den grünen Hut mit Federn und Gemsbart abgelegt, den grauen Gebirgsrock zurückgeschlagen, und zwei verbrannte, lustige Gesichter sahen mit dem gesundesten Durste dem Wirthe entgegen, der ihnen eben zwei Gläser voll jenes unerbittlichen Gebirgsweines brachte, den nur ihre harte Arbeit bezwinglich, ja sogar zum erquickenden Labsale macht.
    »Laßt Klöße durch eure Weiber richten,« rief Einer, - »aber

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