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Die Narrenburg

Die Narrenburg

Titel: Die Narrenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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viele; denn der Melchior und die Andern kommen nach - und fett genug laßt sie machen, daß sie euren Wein bändigen. - Auch die aus den Laubgräben kommen, und aus der Grahnswiese; ich sah sie drüben den Hochkogel niedersteigen, als wir gegen die Pernitz herausgingen, und hörte ihr Jauchzen. - Dem Gregor ist ein Lamm gestürzt, hinten beim schwarzen Stock; er hat darum fast geweint, und trägt es jetzt auf seinen Schultern die Riese herab.«
    »D'rum kommt er wieder so langsam hervor,« sagte der Wirth; »ich höre das Heerdeläuten schon eine halbe Stunde.«
    »Das wirft nur die Kaiserwand und der Grahns so herüber; er ist noch weit hinten. Wir gingen im Fichtauergraben bei ihm vorbei, wie eben die Böcke das Gerölle niederstiegen, und die Rinderglocken noch weit oben längs dem Gesteine läuteten.«
    Wieder kam eine Gruppe, während er noch redete, jodelnd und singend die Straße an der Perniz heraus, und sammelte sich an dem Gassentische der grünen Fichtau, um einen Labetrunk zu thun, und fröhlichen Wochenschluß zu feiern, da ihnen der Holzmeister Geld gegeben, und sie sechs Tage lang nur grüne Bäume und graue oder rothe Steine gesehen hatten.
    »Gott zum Gruß! - Gott zum Dank!« scholl es hin und wieder.
    »Habt viel Arbeit gethan: die Kaiserwiese liegt wie überschwemmt von Scheitern.«
    »Geht an, geht an, über die Hochkogelwand warfen wir noch einige Klafter mehr herunter.«
    »Schöne Tage! Wir waren auf dem Grat des Kogels, ich habe seit fünfzehn Jahren nicht so weit gesehen; die Ebene lag wie ein Bild da, und in der Stadt hätte ich fast die Fenster zählen können; euren Rauch sahen wir aus den Laubgräben steigen.«
    »Ja wir waren in den Laubgräben, und sind es nun schon sechs Wochen. Der alte todte Prokopus geht auch wieder um; ich weiß es gewiß; er hat in der Nacht musicirt, ich hörte es selber, und auch heute Nachmittags hörte ich es; denn da so um vier Uhr herum ein schwacher Wind aufstand und durch die Föhren ging, da trug er deutlich den schweren Ton von dem zerfallenen Schlosse herüber.«
    »Hab' auch schon davon reden gehört, aber glaub es nicht.«
    »Der Wein ist wie @Enzian,« rief wieder Einer.
    »Trink ihn nur, Gevatter Melchior,« sagte der Wirth, »du trinkst Gesundheit hinein, wie Stahl und Eisen.«
    So scherzten und lachten sie. Mehrere Neue waren gekommen, darunter auch zwei Gebirgsjäger. Ihre Sachen lagen herum, und füllten die Gasse: ganze Haufen und Bündel von Steigeisen, eine Garbe Alpenstöcke, lodene Ueberröcke, Gebirgshüte, eiserne Kochschüsseln und Anderes, und wieder Anderes - Krüge und Gläser mußten herbei; die Klöße kamen und wurden verzehrt, und da abgeräumt war, erschienen zwei Zittern auf dem Tische, die zusammen spielten, und die braunen Gesellen mit dem Blicke des Gebirges saßen herum, und thaten sich gütlich - und erzählten von ihren Fahrten und Tageserlebnissen. Und ein prachtvoll herrlicher Abend war mittlerweile über das Gebirge gekommen. Die Sonne war über die Waldwand hinunter, und warf kühle Schatten auf die Pernitz; im Rücken der Häuser glühten die Felsen, und wie flüssiges Gold schwamm die Luft über all den grünen Waldhäuptern weg. Alles schien sich zur Wochenruhe und zur Feier des Sonntags zu rüsten.
    Die Jäger waren aus dem Gebirge gekommen, die Bergarbeiter waren auf dem Heimwege, und mancher sprach in der grünen Fichtau ein wenig vor. - Weiber und Mägde und Töchter wuschen am Bache Fenster, Schemel und jede Gattung hölzerner Geschirre; - das Rauschen der Sägemühle hatte aufgehört, und die Heerde, deren Geläute man schon lange einzeln oder harmonisch aus dem Gebirge herab gehört hatte, war nun endlich auch angekommen; - aus dem Seitenthale ging sie manierlich hervor, eine Sammlung der unterschiedlichsten Hausthiere, fast das gesammte Eigenthum der Fichtau. Vorerst kam das leichtfüßige und leichtfertige Geschlecht der Ziegen und Böcke von allen Flecken und Farben, fast jede eine Glocke um den Hals, so daß nun ein mißtönig Geklingel war, was von ferne so wunderschön läutete - dann kamen Schafe, schwarz und weiß, und mitten unter ihnen der so schöne glänzende, ernsthaft kluge Schlag der Gebirgsrinder. Mägde, Knechte, Buben, wie es eben kam, empfingen die Thiere, die hieher gehörten, und ihren Ställen zuschritten; die andern (Thiere) gingen ihres Weges weiter, oder blieben gelegentlich stehen, oder traten gar zu der zechenden Gesellschaft, sahen traulich herum und ließen sich schmeicheln, daß

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