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Jagd auf Mrs. Pollifax

Jagd auf Mrs. Pollifax

Titel: Jagd auf Mrs. Pollifax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Prolog
    Henry Bidwell war reich, doch das war nichts Besonderes für ihn, denn er war schon immer sehr wohlhabend gewesen. Für ihn zählte, daß er erfolgreich in seinem Beruf war, daß dank seines klaren Verstands, seines scharfen Urteilvermögens und mit Hilfe exakter Kalkulationen, sein Reichtum von Tag zu Tag wuchs. Er hatte eine sehr hohe, bedeutende Position bei Clayborne-Osborne International, eine konservative Investment-und Holding-Gesellschaft, die stolz auf ihre weltweiten Verbindungen war und sich diskret und mit geschickt getarnter Skrupellosigkeit der unaufhaltsamen Geldvermehrung widmete. Um die Interessen der Firma wahrzunehmen und Neuinvestitionen auf ihre Renditefähigkeit zu überprüfen, reiste er häufig ins Ausland. Für ihn war die Welt ein Spielplatz ohne Grenzen und bot ihm an Luxus, was man sich nur vorstellen konnte. An diesem Spätnachmittag eines Freitags im April warf er, ehe er sein Büro verließ, noch einen raschen Blick auf seinen Terminkalender. Seine Frau hatte für heute abend zwölf Personen zum Dinner eingeladen, ansonsten würde er an diesem Wochenende Zeit haben, Golf zu spielen. Während er noch zufrieden nickte, läutete sein Telefon. Mr. Bidwell runzelte die Stirn. Seine Sekretärin war bereits nach Hause gegangen, und er mochte es gar nicht, wenn er seine Anrufe ohne Miss Fergusons Vermittlung entgegennehmen mußte. Trotzdem griff er nach dem Hörer, meldete sich barsch mit »Bidwell«, hörte ungeduldig zu, was die Stimme am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte, und murmelte: »Ich verstehe - und Sie können mir nicht sagen, wann?« Dann: »Ja, natürlich.« Er legte auf. Nach einem Blick auf seine goldene Breitling-Uhr bürstete er eine Fussel von seinem Armani-Anzug und griff nach seiner Aktentasche. Er konnte sich darauf verlassen, daß Georges, sein Chauffeur, ihn pünktlich in fünf Minuten abholen würde. Mit seinem Privatlift fuhr er die achtzehn Stockwerke zum Foyer hinunter, schritt durch mehrere Glastüren und trat hinaus in die angenehme Spätnachmittagsonne. Seine Limousine stand noch nicht neben dem Parkverbotschild gegenüber der Foyertür. Ein schmutziger weißer Lieferwagen mit der fehlerhaften Aufschrift CHIGISCHROTVERWERTUNG hatte es gewagt, den Platz zu besetzen.
    Der Fahrer, ein unverschämter Kerl mit speckiger Mütze, musterte ihn frech; sein Beifahrer war eben zur Rückseite gegangen und öffnete beide Flügel der Ladetür. Bidwell trat an den Rand des Bürgersteigs und sagte streng. »Hören Sie, guter Mann, Sie dürfen da nicht anhalten! Können Sie nicht lesen? Parken ist hier verboten!«
    Der Kerl blickte ihn spöttisch an und sagte höhnisch: »Sie können mich mal, Mister!«
»Das Gesetz ist da sehr strikt«, erläuterte Mr. Bidwell. »In dieser Straße besonders, die Polizei ...» Der Kerl kniff die Augen zusammen und ging in drohender Haltung auf ihn zu. »Ach ja?«
Bidwell wich einen Schritt vom Randstein zurück, doch der Kerl folgte ihm und blieb so dicht vor ihm stehen, daß Bidwell seinen üblen Atem riechen konnte. »Ach ja?« wiederholte er. Er hob eine schmutzige Hand und fuchtelte mit einem dreckigen Lappen vor Bidwells Gesicht herum. In diesem Augenblick wurde Bidwell bewußt, daß er die Situation falsch eingeschätzt hatte, daß diese Konfrontation geplant war und diese Burschen etwas mit ihm vorhatten. Der Lappen, den der Kerl ihm jetzt vor die Nase hielt, war mit einem penetrant riechenden, che mischen Mittel getränkt, und sein entsetztes Stöhnen verstärkte nur noch die Wirkung der Dämpfe, die in seine Nase und seinen Mund drangen. Der Bürgersteig schwankte vor ihm, rollte sich schließlich wie eine Schlange zusammen und verschwamm. Als Mr. Bidwell zusammensackte, spürte er, wie er aufgefangen, davongetragen und auf eine Oberfläche aus hartem Metall geworfen wurde. Noch ehe sich die Ladetür schloß, lag er bereits bewußtlos im Lieferwagen der CHIGISCHROTVERWERTUNG.

1
    Mrs. Pollifax, die sich ein paar Minuten bei einer Tasse Kaffee in der Küche entspannte, überflog pflichtschuldig die Schlagzeilen der Morgenzeitung: OPEC-Treffen ergebnislos; Hungeraufstände in Ubangiba; Tornado wütet in Kansas; aber viel mehr interessierte sie die Entführung von Henry Bidwell vor vier Tagen, über die es einen langen Artikel gab, allerdings mit wenig Neuem. Sein Verschwinden war äußerst mysteriös. Sie mochte rätselhafte Fälle, war sie doch selbst in mehrere verwickelt gewesen. Worte wie geheimnisvolle Entführung gefielen

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