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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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etwas anderes auf dieser Welt mir mehr bedeutet als du. Ich bin beinahe froh, daß du mir keinen Sohn geboren hast«, fügte er flüsternd hinzu, »denn dann würdest du vielleicht glauben, ich liebe dich nur deshalb. Jetzt kann ich sagen, ich liebe dich mehr als alles andere mit Ausnahme meiner Pflicht diesem Land gegenüber, das Gott mir anvertraut hat. Und darauf kannst du nicht eifersüchtig sein…«
    »Nein«, entgegnete sie sanft. Und zum ersten Mal sagte sie ohne den geringsten Vorbehalt: »Auch ich liebe dich, Artus. Du darfst nie daran zweifeln…«
    »Ich habe nie daran gezweifelt, meine Gemahlin.« Er hob ihre Hände an die Lippen und küßte sie. Und wieder erlebte Gwenhwyfar diese überströmende Freude.
Welcher Frau wurde je soviel zuteil? Die zwei größten Männer auf der Welt haben mich geliebt!
Die Geräusche des Hofs drangen wieder an ihr Ohr und verlangten, daß sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Alltag zuwendeten. Offensichtlich hatte jeder etwas anderes gesehen – einen Engel, eine Jungfrau mit dem Gral; manche glaubten wie Gwenhwyfar die Mutter Gottes gesehen zu haben; viele, viele andere hatten nichts gesehen… nichts außer einem blendenden Licht, das sie mit Frieden und Freude erfüllte. Sie fanden Speisen und Getränke vor sich, die sie am liebsten aßen und tranken. Jetzt verbreitete sich das Gerücht, daß sie durch die Gnade Christi den Gral gesehen hatten. Aus diesem Kelch trank Christus mit seinen Jüngern beim Abendmahl, als er das Brot brach und den Wein teilte, als seien es Leib und Blut des alten Opfers. Hatte Bischof Patricius den Augenblick genutzt, als sie alle verwirrt waren und keiner genau wußte, was er gesehen hatte, um diese Geschichte zu verbreiten?
    Gwenhwyfar erinnerte sich an eine Geschichte, die ihr Morgaine erzählt hatte, und sie bekreuzigte sich: In Avalon berichtete man, Jesus von Nazareth sei in seiner Jugend auf die Insel im See gekommen. Die weisen Druiden von Glastonbury unterrichteten ihn in ihrer Weisheit. Nach dem Tod Jesu kam sein Ziehvater Joseph von Arimathia dorthin und steckte seinen Stab in die Erde, der Wurzeln zog und zum Heiligen Dornbusch erblühte. War es dann nicht naheliegend, daß dieser Joseph auch den Opferkelch mitgebracht hatte? Aber was sich auch ereignet hatte, es war heilig… sicher war es etwas Heiliges. Denn wenn es nicht von Gott kam, konnte es nichts anderes sein als ein teuflischer
Zauber.
Aber wie sollte diese Schönheit, diese Freude etwas Böses sein?
    Was immer der Bischof auch sagen mochte, es war ein böses Geschenk, dachte Gwenhwyfar schaudernd. Einer nach dem anderen der Gefährten hatte sich erhoben und war auf der Suche nach dem Gral davongeritten. Sie saßen jetzt in einer nahezu leeren Halle. Alle waren sie gegangen – mit Ausnahme von Mordred, der gelobt hatte, hierzubleiben, und Cai, der für weites Reisen zu alt und zu gebrechlich war. Artus wendete sich gerade von Cai ab – sie wußte, er mußte Cai trösten, weil er nicht mit den anderen reiten konnte – und sagte: »Ah, auch ich hätte mit ihnen ausziehen sollen. Aber ich kann nicht. Ich will auch nicht ihren Traum zerstören.«
    Sie füllte dem König von Britannien selbst einen Becher mit Wein und wünschte plötzlich, sie wären in ihren Gemächern und nicht hier allein in der Halle und an der runden Tafel. »Artus, du hast es geplant. Du hast mir gesagt, daß ihr für Ostern etwas Wunderbares vorbereiten würdet…«
    »Gewiß«, erwiderte er und lehnte sich müde in seinem Thron zurück. »Aber ich schwöre dir, ich wußte weder, was der Bischof oder der Merlin vorhatten. Ich wußte, daß Kevin die Heiligen Insignien aus Avalon hierher gebracht hatte.« Er legte die Hand an den Griff seines Schwertes. »Ich erhielt das Schwert bei meiner Krönung. Und jetzt steht es im Dienst dieses Reiches und im Dienst Christi. Es erschien mir richtig, daß die Heiligen Mysterien der Alten Welt in den Dienst Gottes gestellt werden sollten, da alle Götter ein Gott sind, wie Taliesin es immer sagte. In alter Zeit beteten die Druiden ihren Gott unter anderen Namen an. Aber die Heilige Gerätschaft gehört Gott und sollte ihm übergeben werden. Das sagte auch der Merlin. Aber ich weiß nicht, was heute hier geschehen ist.«
    »Du weißt es nicht?
Du?
Glaubst du nicht auch, daß wir ein Wunder erlebt haben? Gott selbst ist uns erschienen, um zu zeigen, daß der Heilige Gral in seinen Dienst gestellt werden muß!«
    »Doch«, erwiderte Artus nachdenklich. »Aber dann

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