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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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gar nicht für die Serenissima zuständig, sondern für die Stadt Florenz. Unsere hiesigen Inquisitoren wären bereit, das Verfahren gegen euch niederzuschlagen.«
    Trotz der schrecklichen Bilder, die sie immer noch vor Augen hatte, fühlte Celina sich grenzenlos erleichtert.
    »Dann sind wir also … frei?«
    »Ja. Du und deine Eltern, ihr könnt die Häuser und das Vermögen wieder in Besitz nehmen. Ihr werdet sicher noch eine schriftliche Auflage bekommen, eine Wallfahrt zu machen und Rosenkränze zu beten.«
    »Und wir können gehen, wohin wir wollen?«
    »Wohin ihr wollt«, sagte Andriana. »Ich hoffe, du bleibst in Venedig. Ich möchte dich und deine Freundeeinladen, an unseren Treffen mit Lesungen und Musik teilzunehmen.«
    »Oh, das würde ich sehr gerne, das ist schon immer mein Wunsch gewesen«, sagte Celina.
    Später saßen sie wieder in Brinellos Haus zusammen. Celina fühlte sich zwar müde bis zum Umfallen und zuckte bei jedem lauten Geräusch zusammen, war jedoch zu aufgeregt, um schlafen zu können. Brinello, Hans und Christoph sahen ebenfalls angegriffen aus. Die Magd brachte Brot, Butter und Fleisch. Nach dem Essen, das im Schweigen verlief, ergriff Brinello das Wort.
    »Freunde«, sagte er. »Wie durch ein Wunder sind wir – und ein Teil unserer Bücher – gerettet worden.«
    Christoph schaute einen nach dem anderen an und meinte: »Ihr erinnert euch doch sicher, dass ich den Auftrag hatte, eine Tasche voller Bücher von Deutschland nach Italien zu bringen. Nun, das hatte ich geschafft, trotz einiger Hindernisse. Die Bücher habe ich von Mestre geholt und an einem sicheren Ort versteckt.«
    »Wo denn?« Celina konnte sich nicht vorstellen, dass irgendwo irgendetwas vor dem Auge und dem Arm der Inquisition sicher war.
    »Als wir beide damals in den Palazzo Gargana kletterten, hatte ich einen Lederbeutel bei mir. Ich dachte mir, wenn dieses Haus sowieso bald wieder dir gehören würde, wären die Bücher dort am sichersten.«
    »Wie konntest du wissen, dass es so kommen würde?«
    »Ich wusste es einfach.«
    »Und wo dort hast du sie versteckt?«, fragte Celina weiter.
    »Genau dort, wo wir den Brief des Erpressers gefunden haben. Der Hohlraum war groß genug für den Beutel.«
    »Was für eine Idee!«, rief Celina aus. »Und es spricht nicht gerade für meine Aufmerksamkeit, dass ich das Fehlen des Beutels später nicht bemerkt habe.« Sie gähnte.
    »Ich glaube, wir haben jetzt alle eine ordentliche Mütze Schlaf verdient«, meinte Brinello.
    »Allerdings«, entgegnete Hans und gähnte ebenfalls. »Dich hat es im Grunde am meisten getroffen, Ernesto, dich und deine Verleger, Buchhändler und Schriftsteller. Gibt es von Celinas Buch noch ein Exemplar?«
    »Meine handschriftlichen Aufzeichnungen«, sagte Celina. »Ich habe das Buch jetzt im Stillen ›Der unheimliche Aufstand‹ betitelt. Oder gefällt euch ›Verschlossen hinter Klostermauern‹ besser?«
    »Das werden wir später entscheiden, irgendwann wird auch einmal wieder ein anderer Wind wehen«, sagte Hans. »Im Übrigen: Es gibt noch mehr Plätze, an denen verbotene Bücher versteckt sind. Immuti hat mir einen verraten.«
    »Wo?«, fragten alle wie aus einem Munde.
    »In der Scaligerburg in Riva. Breitnagel wusste nichts davon; die Bücher sind in einem geheimen Fach in der Wand verborgen. Ein Nachkomme der Scaliger, Julius Cäsar Scaliger, soll sie dorthin gebracht haben, bevor er 1557 starb.«
    »Es gibt also noch Hoffnung in dieser Welt«, folgerte Brinello.
    »Ich glaube, ich möchte nicht weiter an einem Ort leben, an dem Bücher und Ketzer verbrannt werden und die wahren Schuldigen straffrei ausgehen«, sagte Celina.
    »So ist es aber überall«, warf Christoph ein.
    »Nein, nicht überall«, entgegnete Brinello. »Ich für meinen Teil gehe nach Paris. Die Hugenotten könnten meine Unterstützung brauchen.«
    »Ich gehe mit!«, sagten Christoph und Celina wie aus einem Mund. Hans lächelte und nickte stumm.

Epilog
    Das Spektakel der Vierteilung von Nannas Mörder, dem Patriarchen Francesco Cornaro, hatten sie sich erspart. Es war schon genug getötet worden in diesen Jahren. Nachbarn berichteten, dass die vier Gäule dreimal angetrieben werden mussten, bis Beine und Arme sich vom Rumpf getrennt hatten. Der Boden Venedigs war mit Blut getränkt, und nichts in der Welt hätte Celina hier länger gehalten. Ihre Eltern bewohnten wieder ihren Palast in der Stadt und nahmen das Landhaus in Besitz. Andriana ging weiter ihrem Gewerbe nach

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