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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Nicht so einen wie heute. Wie lange es wohl noch bis zum Morgengrauen dauerte? Das Hämmern draußen hatte aufgehört. War die Zeit so schnell vergangen?
Jetzt sah er nur noch zwei Sterne im Fenster. Er ging bis zur Wand und presste seine Wange dicht an die Mauer, bis er den dritten Stern wieder sehen konnte. Er wünschte, er könnte die Zeit anhalten. Bis zum Morgengrauen mussten es noch viele Stunden sein. Die Nacht hatte gerade erst begonnen!
    Wieder dachte er an Gishild. Ob sie den Heidengöttern wohl abschwören würde? Ob sie ihm wohl ihren geheimsten Wunsch anvertraut hätte, wenn Drustan in jener Nacht ein wenig später gekommen wäre? Wahrscheinlich nicht … Sie war zu verschlossen.
    Schritte hallten auf dem Gang. Der eiserne Riegel an der Zellentür wurde zurückgeschoben. Ein großer, schnauzbärtiger Ritter trat ein. Er trug seinen Harnisch, als wolle er bald in die Schlacht reiten. In der Linken hielt er eine Fackel.
    »Komm, Junge!«, sagte er barsch.
    Luc blickte ungläubig zum Fenster. Seine Zeit war noch nicht um! Es war doch Nacht! »Du … du bist zu früh, Bruder. «
    Die Augen des Ritters waren dunkel. Kalt. »Das sagen sie immer.«
    »Aber es hieß, ich würde im Morgengrauen …«
    Der Krieger trat ein und packte ihn beim Handgelenk. »Jetzt bist du dran. Nicht irgendwann später!«
    Luc fühlte sich betrogen. »Das können sie doch nicht machen! Ich habe noch ein paar Stunden … Ich … Es ist nicht einmal Besuch gekommen.«
    »Du würdest dich wundern, wie selten Besuch kommt!«
    Der Ritter zog ihn mit einem Ruck zur Tür.
    »Bitte, frag noch einmal nach … Das muss ein Irrtum sein! Ich bin noch nicht dran. Nicht jetzt. Erst zum Morgengrauen …« Er war den Tränen nahe. Er hatte sich noch nicht
von der Welt verabschiedet. Sie konnten ihn doch nicht einfach so aus dem Leben reißen!
    Der Schnauzbart zog ihn hinaus auf den Flur. Er war zu stark! Luc war ihm nicht gewachsen.
    »Jetzt sperr dich nicht so! Und fang nicht an zu flennen, Kleiner! Hast du denn keinen Funken Ehre im Leib?«
    Plötzlich begriff Luc, warum der Ritter ihn so grob behandelte.
    »Du hast heute Geld verloren, nicht wahr? Du …«
    Eine schallende Ohrfeige brachte ihn zum Schweigen. Er hatte sich auf die Zunge gebissen. Blut füllte seinen Mund.
    »Ich lass mich von dir nicht beleidigen! Hörst du? Ich habe kein Geld gesetzt. Ich wette nie. Aber du hast mich verhöhnt durch deine Taten … Der Orden ist mir heilig. Er ist mein Leben! Vor mehr als dreißig Jahren bin ich nach Valloncour gekommen. Ich gehöre zu den Stierhäuptern. Aus meiner Lanze leben außer mir nur noch drei. Siebenmal bin ich verwundet worden im Dienst des Ordens. Zweimal so schwer, dass sie mich zu den Gevierten stecken wollten. Und dann kommt einer wie du … ein Neunmalkluger … Und du verdrehst unsere Regeln und Traditionen. Das, wofür ich gekämpft und geblutet habe. Ich werde gerecht zu dir sein. Das ist meine Art. Aber erwarte kein freundliches Wort.«
    Luc sah den Ritter an. In der schwarzen Rüstung erschien er ihm wie ein lebender Schatten. Es tat ihm leid. Der Buhurt war doch nur ein Spiel … Er hatte keine Ahnung gehabt! Luc straffte sich. Plötzlich war es ihm peinlich, dass er sich so hatte gehen lassen.
    Der Ritter brachte ihn eine enge Wendeltreppe hinab, und Luc fügte sich. Es hatte keinen Sinn mehr, sich zu widersetzen. Er dachte an die Honigkammer und auch an die weiße Frau. Er hatte zu viele Verbote in seinem Leben missachtet.
Das schien ihm im Blut zu liegen. War er vielleicht doch ein Wechselbalg?
    Der Schnauzbart schob ihn durch eine Tür auf den Hof hinaus.
    Luc erschrak. Eine Schar Novizen erwartete ihn dort. Mussten die Löwen doch mit ansehen, wie er gerichtet wurde?
    Er erkannte ein Mädchen mit langen Zöpfen. Mascha! Es waren die Drachen. Sie sollten also die Genugtuung haben, dabei zu sein, wenn er büßte.
    Der Ritter schob ihn weiter. In der Mitte des Platzes erhob sich ein Holzgerüst. Schwarz zeichnete sich die Galgenschlinge gegen den Himmel ab. Ihm wurden die Knie weich. Ihm fiel ein, dass er nicht mehr auf dem Eimer gewesen war, um sich zu erleichtern. Sie hatten ihn zu früh geholt. So sehr er sich wehrte, er konnte nicht länger gegen die Tränen ankämpfen. Das war nicht gerecht! Er hätte noch bis zum Morgengrauen Zeit haben müssen. Nicht jetzt schon! Nicht jetzt!
    »Zieh dich aus!«, befahl der Ritter schroff. »Du wirst nicht das Ordenskleid tragen, wenn du dort hinaufsteigst, Halunke! «

ZU

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