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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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blieben. Es gibt einen ganzen Bücherschrank voll mit gelehrten Werken unserer besten Taktiker, doch all ihre Gedanken sind in die Schraubzwinge der Regeln gefasst. Nie ist jemand hingegangen – und das schließt mich zu meiner Schande mit ein – und hat sich gefragt: Was steht nicht in den Regeln? Wie kann ich ausbrechen? Etwas Neues tun, das nicht ausdrücklich verboten ist. Wir mussten den Löwen den Sieg zuerkennen. Denn nach den Buchstaben der Regeln haben sie gewonnen! Das soll nicht bedeuten, dass ich gutheiße, was
Luc getan hat. Er hat den Geist der Ritterlichkeit mit Füßen getreten. Er verdient eine harte Strafe, denn er hat den Buhurt zu einem lächerlichen Schauspiel gemacht. Aber bitte, Brüder, haltet Maß. Ihr mögt in ihm einen Rebellen sehen, der unser heiliges Spiel in den Dreck gezogen hat. Ich sehe in ihm den zukünftigen Ritter, der dem erstarrten Krieg in Drusna eine neue Wendung geben könnte. Und, was noch wichtiger ist, der dem wieder erstarkten Orden vom Aschenbaum die Stirn bieten wird. Wir alle, die wir hier zu Gericht sitzen, wissen, wovon die Rede ist und welch tödliches Netz von Intrigen sich um uns zusammenzieht. Wir können es uns nicht leisten, aus so kleinlichen Gründen wie verletztem Ehrgefühl einen Novizen zu opfern, der in Zukunft den Orden retten könnte.«
    Luc hatte keine Ahnung, von welcher Bedrohung Lilianne sprach. Er betete stumm, dass ihre Worte Wirkung zeigten.
    »Der Orden darf auf diesen Jungen nicht verzichten! Deshalb kommt weder die Todesstrafe noch eine Verbannung in Frage. Er hat die Ehre des Ordens verletzt. Eine Strafe sollte in meinen Augen den Taten angemessen sein, die man begangen hat. Deshalb plädiere ich für eine Strafe, die die Ehre des Jungen verletzt, seinen Leib aber unbeschadet lässt!«
    Mit diesen Worten nahm Lilianne Platz.
    Luc hatte keine Ahnung, von welcher Strafe sie gerade gesprochen hatte. Wieder blickte er zu den drei Richtern, Leon, Honoré und dem bärtigen Nicolo, der Michelle beigestanden hatte, als Honoré Luc auf den Scheiterhaufen hatte bringen wollen. Alle drei Richter waren Löwen. War das ein Vorteil? Oder würden sie gerade deshalb besonders streng urteilen? Immerhin hatte er eine Lanze von Löwen zu Ausgestoßenen gemacht. So viel war Luc mittlerweile auch klar. Wären diese verfluchten Wetten nicht gewesen, hätte es wahrscheinlich weniger Ärger gegeben.

    Jerome, der Ritter, der die Anklage vertrat, erhob sich. Er war von athletischer Gestalt, hatte ein kantiges Gesicht mit breitem Kinn. Seine blauen Augen musterten Luc in kaum beherrschtem Zorn. Jerome war der einzige Drache in dieser kargen Kammer, in der über Leben und Tod entschieden wurde.
    »Ich werde nicht wiederholen, was ich in meiner Eingangsrede vorgetragen habe. Doch erlaubt, dass ich kurz auf Liliannes Worte eingehe. Ja, wir brauchen Ritter, die den Mut haben, neue Wege zu beschreiten, denn in einem Leben eröffnen sich ständig neue Wege. Wir nennen uns auch deshalb die Neue Ritterschaft, weil wir von unserer Kirche einfordern, Altes und Überkommenes hinter sich zu lassen. Aber, meine Brüder, wir dürfen dabei die Grundfesten, auf denen unser Orden ruht, nicht einfach außer Acht lassen. Luc hat nicht nur unser aller Ritterbild mit Füßen getreten. Er hat vor hunderten Novizen die Autorität des Primarchen in Frage gestellt, indem er sich Leons Worten widersetzte. Nun mag man sagen, er ist noch ein Kind, und im Eifer des Gefechtes ist ihm Unbedachtes entrutscht.« Jerome hieb mit der Faust auf das kleine rote Regelbuch, das auf seinem Tisch lag.
    »Aber, Brüder und Schwestern, so war es nicht! Diese Natter, die wir an unserem Busen großgezogen haben, hat sich darauf vorbereitet, dem Primarchen zu widersprechen! Er hat alles durchdacht. Seine zugegebenermaßen klugen Antworten waren schon lange voraus ersonnen worden. Er hat geplant, unseren Bruder Leon herauszufordern und über ihn zu triumphieren. Ein Junge von zwölf Jahren! Was wird er tun, wenn er sechzehn ist? Ich möchte das nicht erleben! Deshalb gibt es für mich nur eine Strafe. Ich fordere den Tod durch den Strang für Luc de Lanzac! Jedes andere Urteil wird unsere Novizen ermutigen, Autoritäten in Frage zu stellen.
Gerade weil wir von Feinden umstellt sind, dürfen wir uns im Inneren keine Schwäche leisten. Und im Fall Luc de Lanzac ist Gnade nichts anderes als Schwäche!«
    Mit klopfendem Herzen blickte der Junge zu Leon. Würde er den Ausschlag geben, wenn die drei Richter sich

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