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Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Titel: Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Zeiner
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Rippenbögen, die sich unter der marzipanfarbenen Haut abzeichneten, die Vertiefung zwischen den Brüsten, die in einer besinnlichen Mulde hinunter zum Bauchnabel führte, der rund und fest und klein war und in den geradedie Zungenspitze passte, rechts und links die Beckenknochen, die sich wie Flanken über den Hügel des Bauches erhoben, und er sah, wie sich die Haut, die dort immer zarter wurde, etwas bewegte, wellenartig krümmte, wenn er mit der Zunge darüberstrich, wie ein Schwarm silbriger Fische am Grunde eines durchsichtigen Baches. Als sein Mund weiter hinabglitt über das dunkle drahtige Dreieck ihres Schamhaars, öffneten sich von selbst ihre Knie, klappten zur Seite, und er spürte die weiche Haut ihrer Schenkel, in die er seine Finger grub. Auf einmal richtete sie ihren Oberkörper auf, flüsterte etwas, das er nicht verstand, er sah nur ihre Lippen, ihre Zungenspitze. Er hatte nicht mit der Heftigkeit gerechnet, mit der sie ihn nahm und seinen Oberkörper aufs Bett zurückwarf. Er wehrte sich nicht, ließ sich von ihr küssen und küssen, während sie, auf seinen Hüften sitzend, die Handgelenke neben seinem Kopf gegen das Bett presste.
    Das Lichtviereck im Zimmer lag jetzt länger, schmaler und bleicher im Zimmer. Die Luft hatte sich verdunkelt, schien auch verdickt, etwas schlierig zu sein wie in einer Unterwasserstimmung, wenn in einen grünstichigen See das Abendlicht fällt. Und so still war es auch. Er hatte seinen Kopf auf ihrem Bauch. Fische schienen darin zu schwimmen.
    »Interessant«, flüsterte er.
    »Was?«
    »Die Geräusche, die du machst.«
    »Ich hab Hunger«, sagte sie.
    »Ich auch«, sagte er und biss in ihren Bauch. Sie zog ihn an den Haaren, zog unsanft seinen Kopf zurück.
    »Hey«, sagte sie.
    »Fährst du mit nach Sizilien? Morgen?«, fragte er.
    »Vielleicht«, sagte sie.
    »Wir könnten die Fähre nehmen«, sagte er, »dann müssen wir nicht mit den anderen fahren.«
    »Vielleicht«, sagte sie und strich ihm mit den Fingern durchs Haar, kämmte die Haare vor und zurück, zu verschiedenen Frisuren.
    »Nicht vielleicht, sondern ja«, sagte er.
    »Vielleicht«, sagte sie. Und während sie aus einem Seitenscheitel links einen Seitenscheitel rechts machte, stellte sie sich diese Schiffsreise nach Sizilien vor, sah sie Tom und sich von weitem in einem überbelichteten Bild auf einem Schiff, an die Reling gelehnt zum Horizont blickend, in weißer, stäubender Gischt, ein Bild aus einer möglichen Zukunft, das ihr genauso unrealistisch erschien wie die Bilder der Vergangenheit.
    »Vielleicht«, sagte sie noch einmal, wie zu sich selber.
    Er biss wieder in ihren Bauch. Sie riss an seinen Haaren.
    »Ich hab eine bessere Idee«, sagte sie und setzte sich auf, schob seinen Kopf weg, schlug ein Bein über unter dem Laken und zündete sich eine Zigarette an.
    »Wir treffen uns alle zehn Jahre.«
    Niemand bewegte sich. Sogar die bläulichen Schleifen des Zigarettenrauchs schienen in der Luft stillzustehen für einen Augenblick, bevor sie sich weiterdrechselten hinauf zur Decke.
    »Meinst du das ernst?«, fragte er. Er lachte probeweise.
    »Ja«, sagte sie und sah an ihm vorbei zum Fenster. »Draußen ist übrigens Sonnenuntergang«, sagte sie und wies mit dem Kinn in Richtung Fenster, »den solltest du nicht verpassen.«
    Er sah ihr nach, wie sie zum Fenster ging und in einer lässigenBewegung eines der Laken vom Bett und hinter sich her durch die verschiedenen Lichtzonen des Raumes zog, und wie die Dämmerung über ihren wie von einer Toga verhüllten Körper glitt, bis sie vor der Fensterfront stehen blieb, und es erschien ihm, als laufe sie nicht durch ein Hotelzimmer, sondern durch die Zeit, die in unterschiedlich helle Zehnjahresabschnitte unterteilt war.
    »Du spinnst«, sagte er leise. Er sah ihren Umriss im Gegenlicht vor dem Fenster und sah gleichzeitig ihren Umriss vor dem Himmel über dem gewaltigen Felsabbruch, der vom Engadin zum Bergell hinunterführt. Er stellte sich neben sie.
    »Das kannst du vergessen«, sagte er »Dass ich dich jetzt so gehen lasse.«
    »Ich weiß«, sagte sie.
    Sie rauchten und sahen durchs Fenster. Ihre Schultern berührten sich nicht, waren aber so nah, dass jeder die Wärme des andern zu spüren glaubte.
    »Lass uns was essen gehen«, sagte sie schließlich.
    »Wann? Jetzt oder in zehn Jahren?«
    Sie drehte sich zu ihm und lächelte, hielt vor der Brust die Bettlakentoga geschlossen, die sie, als sie ins Bad ging, hinter sich herzog wie eine

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