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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Li.
    »Was für ein Gericht?«, fragte Lorenzo. »Wenn du vom Jüngsten Gericht sprichst, dann wird das sicher sein Urteil sprechen. Aber die Männer, die die Werkstatt angezündet und mehrere unserer Wächter getötet oder verletzt haben, sind auf und davon. Niemand wird ihrer habhaft werden, und niemand wird unseren Feinden beweisen können, dass sie die Frevler ausgesandt und bezahlt haben. Wir können im Moment nicht einmal von der Insel fort, weil die Boote irgendwo am anderen Ende der Lagune sind. Aber sicher wird bald jemand auf uns aufmerksam werden.«
    »Unser Papier war begehrt!«, meinte Li. »Es verkaufte sich wie …«
    »Mein Vater hat entschieden, dass wir nicht kämpfen. Unsere Feinde sind zu stark.«
    »Und unser Kontrakt?«
    »Welcher Kontrakt?«
    »Ja, richtig …«, murmelte Li. Sie sank auf die Knie neben Christos’ Leiche. Jetzt war sie wieder dort, wo sie angefangen hatte. Ganz unten. Ihr blieb nur, was sie am Leib trug. Vielleicht konnte sie ihren Vorrat an Silbermünzen noch retten, sobald das Feuer vollständig erloschen war. Aber viel war das nicht – im Wesentlichen die Summe, die sie aus Konstantinopel mitgebracht hatte. Die Mittel aus Lorenzos Tasche waren in die Ausstattung der Werkstatt geflossen, und was die Beteiligung an den Gewinnen aus ihrer Arbeit anging, so hatte er sich stets um Zahlungen gedrückt.
    Und es war letztlich, wie er gesagt hatte. Es gab keinen Kontrakt.
    »Wenn wieder eine Gondel zur Verfügung steht, kannst du gehen«, sagte er. Er drehte sich um, entfernte sich einige Schritte und blieb dann noch einmal stehen. Halb wandte er sich zu ihr um und fügte hinzu: »Das Angebot, das ich dir vor einiger Zeit gemacht hatte, gilt übrigens nicht mehr!«
     

Vierundzwanzigstes Kapitel

Eine kalte Zeit
     
     
     
    Als Arnulf von Ellingen und Fra Branaguorno nach Magdeburg zurückkehrten, war dort eine neue Zeit angebrochen. Kaiser Otto hatte verfügt, dass »nach dem Herrn« gezählt werde.
    Inzwischen lagen Monate des Kriegs hinter Arnulf. Die Elbslawen hatten sich wieder erhoben, und die Kämpfe zogen sich bis zum Winter hin, der in diesem Jahr ungewöhnlich früh und heftig einsetzte.
    Schnee staubte von seinem Umhang, als er durch das Portal in das hohe Kirchenschiff des Magdeburger Doms schritt. Seitdem Arnulf die Kirchen Konstantinopels gesehen hatte, ahnte er, wo das Vorbild dieses Bauwerks stand, das zusammen mit dem angegliederten oktogonförmigen Palast selbst die Residenz Karls des Großen in Aachen in den Schatten stellte.
    Arnulf verharrte vor dem Altar, auf dem ein aufgeschlagenes Exemplar der Vulgata lag. Die Seiten der Bibel waren aus Pergament, aber Arnulf erinnerten sie an Papier – und an eine Frau, die er geliebt hatte wie sonst niemanden. Kein Tag verging, an dem er nicht an Li dachte. Und manchmal kam es ihm vor, als ob diese Gedanken ihn umso stärker verfolgten, je näher die Hochzeit mit Woda, der Tochter von Woden von Ostfalen, rückte. Ein Datum war gesetzt – und ganz gleich, wie das Jahr gezählt werden mochte, Monat und Tag standen fest.
    Was wäre gewesen, wenn er mit Li über die Alpen gekommen wäre? Wenn ihm Woden von Ostfalen den Fehdehandschuh vor die Füße geworfen und er die Aussicht auf ein erbliches Lehen verloren hätte?
    Aber warum sollte ein einzelner Mensch den Weg verlassen, der ihm vorgezeichnet war, wenn Gott das nicht einmal den Gestirnen gestattete, wie man an jedem Abendhimmel sehen konnte?
    Arnulf bekreuzigte sich. Dann ging er in den hinteren Teil des Doms. Dort kniete ein junger Mann, dem noch kaum der Bart wuchs und der doch schon die Krone eines römischen Kaisers und deutschen Königs trug, vor dem steinernen Sarg seines Großvaters Otto Magnus. Wünschte er sich die Kraft dieses Ahnherrn, der die Ungarn auf dem Lechfeld geschlagen und damit seine eigene Macht und die seines Hauses begründet hatte? Neben seiner ersten Frau Editha lag er hier, und der junge Kaiser schien vollkommen in sich versunken zu sein. Otto Magnus hob einst auf dem Lechfeld die heilige Lanze empor, von der es hieß, dass sie jener Römer Jesus am Kreuz in die Seite gestoßen hatte. Daraufhin begann es zu regnen und die gefürchteten Bögen der Ungarn, gegen deren Pfeile kein sächsischer Ritter hätte bestehen können, taugten nicht mehr zum Schießen. Ein solches Zeichen brauchte jetzt wohl auch dieser junge Kaiser, denn die Lage war so ernst wie lange nicht.
    Arnulf blieb in gebührendem Abstand stehen und kniete dann ebenfalls

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