Die Party Queen von Manhattan - Roman
Bette? Kopf hoch. Avery mag zwar einer der ärgsten Unsympathen sein, den wir kennen, aber Penelope ist glücklich. Und das ist doch die Hauptsache.«
Ich starrte noch ein paar Minuten auf das stumme Telefon, dann ging ich zum Fenster und beugte mich weit hinaus, um einen Blick auf die paar Zentimeter Flusslandschaft zu erhaschen, die meine gesamte Aussicht darstellten. Die Wohnung machte insgesamt nicht viel her, aber wenigstens gehörte sie wieder mir allein, seit mein Freund Cameron vor fast zwei Jahren ausgezogen war. Obwohl sie so lang und schmal war, dass ich mit ausgestreckten Beinen fast von Wand zu Wand reichte, obwohl sie in Murray Hill lag, obwohl sich die Dielen wellten und die Invasion der Kakerlaken begonnen hatte, zählte für mich nur eines: dass ich die Alleinherrscherin über mein kleines Reich war. Das Haus, ein Betonmonster mit mehreren Flügeln, lag zwischen der Vierunddreißigsten Straße und der First Avenue. Zu meinen illustren Mitbewohnern gehörten der Sänger einer Boygroup, ein Squashprofi, eine zweitklassige Pornoqueen, bei der sich die Besucher die Klinke in die Hand gaben, ein Otto Normalverbraucher, ein ehemaliger Kinderstar, der seit zwei Jahrzehnten keinen Film mehr gedreht hatte, und eine Unzahl relativ frisch gebackener Jungakademiker, die sich noch nicht ganz vom Wohnheimdasein abgenabelt hatten. Es warb mit einer »prachtvollen Aussicht« auf den East River, und das stimmte sogar, wenn man unter »prachtvoll« auch einen Baukran, eine Hand voll Müllcontainer und die Fensterfront des gegenüberliegenden Gebäudes verstand. Vom Fluss waren genau zehn Zentimeter zu erspähen, aber nur dann, wenn man sich unter unmenschlichsten Verrenkungen aus dem Fenster hängte. Und für dieses Paradies musste ich monatlich kaum mehr berappen als andere Leute für ein geräumiges Einfamilienhaus außerhalb der Stadt.
Ich dachte darüber nach, wie ich auf Penelopes Neuigkeit
reagiert hatte. Bestimmt hatte ich ehrlich erfreut geklungen, wenn auch nicht gerade ekstatisch. Aber Ekstase lag nun mal nicht in meiner Natur, und das wusste Penelope auch. Ich hatte gebührendes Interesse an ihren - zwei! - Verlobungsringen geheuchelt und ihr versichert, wie sehr ich mich für sie freute. Dass meine Antworten nicht besonders tief schürfend oder überschwänglich ausgefallen waren, hatte sie vor lauter Glück sicher gar nicht gemerkt. Insgesamt: eine glatte Zwei plus.
Meine Atmung hatte sich mittlerweile so weit beruhigt, dass ich mir eine dringend benötigte Zigarette anstecken konnte. Dass die Kakerlake nicht wieder aufgetaucht war, half natürlich auch. Ich redete mir ein, dass ich nur deshalb so mies drauf war, weil ich nicht wollte, dass Penelope den falschen Mann heiratete, und nicht, weil ich neidisch auf sie war. Sie hatte einen Verlobten, ich noch nicht mal einen Freund. Es klappte einfach nicht. Cameron war vor zwei Jahren ausgezogen, und obwohl ich mich nach den diversen, erfolgreich überstandenen Phasen der Verlustbewältigung (Arbeitswut, Kaufrausch, Fressattacken) schon mit mehreren Männern getroffen hatte (Blind Dates, Verabredungen in der Kneipe oder auch zum Essen), war es nur zweimal zu einer dritten Begegnung gekommen. Ein viertes Rendezvous, das alles entscheidende, hatte sich bei keinem ergeben. In regelmäßigen Abständen ließ ich mir von Penelope bestätigen, dass es nicht an mir lag, aber allmählich kamen mir doch leise Zweifel, ob ich mir nicht selbst etwas vormachte.
Ich zündete mir an der ersten Zigarette eine zweite an und ignorierte Millingtons vorwurfsvollen Hundeblick. Der Selbsthass hüllte mich ein wie eine warme Wolldecke. Was war ich bloß für ein Mensch, dass ich mich an einem der schönsten Tage im Leben meiner besten Freundin nicht aufrichtig über ihr Glück freuen konnte? Wie boshaft und labil musste man sein, um zu hoffen, dass sich die ganze Sache als Schuss in den Ofen erweisen würde? Raste ich etwa schon mit Lichtgeschwindigkeit auf das Schwarze Loch der Hoffnungslosigkeit zu?
Ich griff zum Telefon und rief Onkel Will an. Vielleicht konnte er mich aufbauen. Er war nicht nur einer der klügsten und bissigsten Menschen auf dem Planeten, sondern auch mein ureigener Cheerleader. Als er sich mit einem leichten Gin-Tonic-Nuscheln in der Stimme meldete, lieferte ich ihm eine etwas geschönte Kurzfassung von Penelopes Treulosigkeit.
»Sag bloß, du hast ein schlechtes Gewissen, weil du nicht gleich vor Freude über die gute Nachricht an die Decke gesprungen
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