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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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und klopfte auf die Kissen neben ihm. »Nimm Platz, Hem. Sag, bist du sehr unglücklich?«
    Die Frage kam so unerwartet, dass Hem unwillkürlich blinzelte. Er hatte mit Saliman nicht über seine Gefühle gesprochen. Er öffnete kurz den Mund zu einer Antwort, schloss ihn jedoch sogleich wieder.
    »Urbika hat mir erzählt, dass du keine Freundschaften schließt«, sagte Saliman. »Und sie meint, du hättest Mühe mit der Sprache Suderain, was wenig hilfreich ist.« Unweigerlich errötete Hem. Ihm missfiel die Vorstellung, dass die Menschen ihn dermaßen beobachteten. Er rang mit sich.
    Innerlich sehnte er sich danach, Saliman sein Herz auszuschütten und ihm von all seinem Kummer zu berichten. Saliman würde alles verstehen - seine ständigen Albträume, seine Befürchtungen, die Schwierigkeiten, die er dabei hatte, mit den Leuten zu reden, und wie sehr er die anderen Jungbarden hasste. Er wusste, dass Saliman nicht über ihn richten würde. Doch nun, da sich die Gelegenheit bot, schien es, als wären seine Kiefer mit Draht zusammengenäht.
    »Mir fehlt Maerad«, brachte er schließlich hervor.
    »Das ist leider eine Wunde, die ich nicht zu heilen vermag«, erwiderte Saliman sanft. »Wenngleich ich vielleicht bei anderen Dingen helfen kann.«
    Wiederum breitete sich eine lange Stille aus.
    »Nun«, ergriff Saliman das Wort, als deutlich wurde, dass Hem von sich aus nichts mehr preisgeben würde. »Ich denke, wir sollten uns mal deinen Vogel ansehen.« Angesichts des neuen Gesprächsstoffes hellte sich Hems Miene auf, und er öffnetedie Truhe. Der Vogel kauerte in einer Ecke und starrte mit stetem Blick zu ihnen empor. Saliman hob ihn behutsam heraus und flüsterte ihm in der Hohen Sprache zu. Das Tier entspannte sich auf seiner Hand.
    »Glaubst du, er wird wieder gesund?«, fragte Hem, der Saliman besorgt beobachtete. »Ich glaube, er hat keine schweren Verletzungen erlitten«, gab Saliman zurück. Eingehend untersuchte er den Vogel und murmelte dabeiin der Hohen Sprache vor sich hin. Dabei begann er, leicht mit einem seltsamen inneren Licht zu schimmern. Hem, der mittlerweile schon einige Barden dabei beobachtet hatte, wie sie ihre Gabe einsetzten, wusste, dass er einen Heilzauber wirkte, und entspannte sich. Er fühlte sich diesem zerfransten, misshandelten Vogel auf eigenartige Weise verbunden und verspürte Erleichterung darüber, dass er nun eine geeignete Behandlung erhielt. Hem selbst war ebenfalls in der Lage zu heilen, allerdings vertraute er den eigenen Fähigkeiten noch nicht so richtig.
    Bald darauf war Saliman fertig und lockte den Vogel auf Hems Handgelenk, wo er brav wie ein zahmer Falke sitzen blieb. Die Füße fühlten sich kalt auf der Haut an, und die Krallen bohrten sich mit überraschender Kraft ins Fleisch. Hem tschilpte dem Tierchen zu, dann fragte er in der Hohen Sprache. Geht es dir gut, Kleiner?
    Besser, antwortete der Vogel. Hungrig! Damit gab er einen fragenden Laut von sich, der sich wie das keuchende Schnappen eines um Futter bettelnden Kükens anhörte. »Das ist kaum mehr als ein Nestling«, meinte Saliman lächelnd. »Aber was ist er?« »Ich dachte, du könntest es vielleicht wissen«, erwiderte Hem erwartungsvoll. »Er sieht aus wie eine Art Krähe …«
    »Ja, aber er ist weiß.« Saliman musterte das Tier mit schief gelegtem Kopf. »Wie hast du ihn gefunden?«
    »Naja, ich saß gerade auf dem Mangobaum, als …«Jäh verstummte Hem. Saliman bedachte ihn mit einem ironischen Blick. »Ich hatte mir schon gedacht, dass du Alimbars Obstbäume geplündert hast«, sagte er. »Noch dazu sehr teure Früchte. Und dann?«
    Hem errötete ob seines Tritts ins Fettnäpfchen, doch dann erzählte er die ganze Geschichte darüber, wie er den Vogel gefunden hatte. Saliman lauschte ihm aufmerksam, dann streichelte er dem Tier über den Kopf. »Ein Ausgestoßener, wie?«, meinte er. »Vielleicht will er nicht zurück zu seinesgleichen, wo er verfolgt wird. Ich denke, er ist tatsächlich eine Krähe und wird so schlecht behandelt, weil er sich gänzlich von den anderen unterscheidet. Krähen machen so etwas. Womöglich hast du einen Gefährten gefunden, Hem.« Er stand auf. »Ich überlasse es dir zu entscheiden, ob du dich um eine Krähe kümmern willst. Ich habe noch vieles zu erledigen und bin mittlerweile entsetzlich spät dran.«
    Er schritt auf die Tür zu, drehte sich jedoch noch einmal um. »Deinen Frevel habe ich nicht vergessen«, warnte er. »Für heute sprechen wir nicht mehr davon, aber

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