Die Pest zu London
Januar
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17. bis 24. Januar
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Diese letzte Eintragung war in der Tat erschreckend, denn das war eine höhere Zahl von Beerdigungen pro Woche, als seit der Heimsuchung von 1656 je verzeichnet worden war.
Jedoch ebbte dies wieder ab, und da das kalte Frostwetter, das im Dezember eingesetzt hatte, bis beinahe Ende Februar mit aller Strenge anhielt und dann scharfe, wenn auch nicht übermäßig heftige Stürme hinzukamen, sanken die Todesziffern wieder, die Stadt erholte sich und alle Welt begann schon, die Gefahr für so gut wie überstanden zu betrachten; nur daß die Beerdigungen im St. Giles Sprengel immer noch zu häufig blieben. Von Anfang April an insbesondere stieg ihre Zahl wieder auf fünfundzwanzig pro Woche, bis dann in der Woche vom 18. bis zum 25. in der St. Giles Pfarre dreißig Tote begraben wurden, von denen zwei an der Pest und acht am Fleckfieber, was als dasselbe angesehen wurde, gestorben waren; gleichfalls nahm die Zahl derer, die am Fleckfieber verschieden, insgesamt zu; waren es in der Woche zuvor acht gewesen, so wuchs die Zahl in der genannten Woche auf zwölf.
Dies versetzte uns wieder in Schrecken, und die schlimmsten Ängste herrschten unter dem Volk, besonders da das Wetter jetzt umschlug und es warm wurde und der Sommer vor der Tür stand. Die folgende Woche freilich schien uns wieder Hoffnung zu geben; das Register zeigte niedrige Zahlen: im ganzen nur 388 Todesfälle, und davon keiner an der Pest und lediglich vier an Fleckfieber.
Aber in der nächsten Woche brach es wieder aus, und das Unheil griff auf zwei oder drei weitere Pfarrsprengel über, 9
nämlich: St. Andrew in Holborn und St. Clement Danes; und, was ein schwerer Schlag für die City war, einer starb innerhalb der Stadtmauern, in der Pfarre St. Mary Woolchurch, das heißt, an der Bearbinder Lane, nicht weit von Stocks Market; im ganzen waren neun an der Pest und sechs an Fleckfieber gestorben. Es stellte sich allerdings bei näherer Untersuchung heraus, daß der Franzose, der an der Bearbinder Lane verstorben war, vorher am Long Acre gewohnt hatte, also in der Nähe des infizierten Hauses, und aus Angst vor der Krankheit verzo-gen war, nicht ahnend, daß er bereits angesteckt war. Dies war Anfang Mai, doch das Wetter hielt sich mäßig, veränderlich und ziemlich kühl, so daß die Leute wieder Hoffnung schöpften.
Was ihnen Mut machte, war, daß die City gesund blieb; die siebenundneunzig Stadtpfarren begruben zusammen nur vierundfünfzig Tote, und wir setzten schon darauf, daß das Übel, da es sich doch hauptsächlich unter den Menschen jener Vorstadt gezeigt hatte, nicht weiter um sich greifen werde; und das um so eher, als in der folgenden Woche, das heißt, vom 9.
bis 16. Mai, nur drei Personen starben, und davon nicht eine einzige innerhalb der City oder der Stadtfreiheit; und St.
Andrew begrub nur fünfzehn, was sehr wenig war. Zwar begrub St. Giles dreiunddreißig, aber da nur einer davon ein Pestkranker war, begannen die Leute aufzuatmen. Das Gesamt-register hatte einen ebenfalls sehr niedrigen Stand; in der voraufgehenden Woche war er nur 347 gewesen, in der er-wähnten Woche nur 343. Wir blieben einige Tage lang in der zuversichtlichen Stimmung, aber es waren nicht viele Tage, denn die Leute ließen sich jetzt nicht mehr so leicht täuschen.
Sie drangen in die Häuser ein und mußten die Feststellung machen, daß die Seuche sich in Wirklichkeit überallhin ausgebreitet hatte und daß Tag für Tag viele an ihr starben. So war alle unsere Schönfärberei dahin, und es ließ sich nichts mehr verbergen; ja, es wurde sehr rasch offenbar, daß die Anstek-10
kung so weit vorgedrungen war, daß die Hoffnung auf ein Zurückgehen nicht mehr bestand; in der St. Giles Pfarre herrschte sie schon in einer ganzen Reihe von Straßen, und manchmal lagen ganze Familien miteinander darnieder; und dementsprechend zeigte sich der Verlauf der Dinge nun auch im wöchentlichen Totenregisterauszug. Zwar gab man da nur vierzehn Pestfälle an, aber das war natürlich alles abgefeimte Irreführung, denn in der St. Giles Pfarre allein begruben sie vierzig im ganzen, von denen es feststand, daß die meisten an der Pest gestorben waren, obwohl für sie andere Todesursachen angegeben wurden; und mochte auch die Zahl aller Beerdigungen dort nicht mehr als zweiunddreißig betragen und die Gesamttotenziffer bei nur 385 stehen, so waren doch vierzehn Fleckfieberfälle darunter und an Pestfällen waren es ebenfalls vierzehn;
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